Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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19. November 1979 Eckart Witzigmanns "Aubergine" erhält als erstes Restaurant in Deutschland drei Sterne

Essen ist so eine Sache. Für die einen ist „schnell“ dabei das wichtigste Kriterium, für die anderen „viel“. Für dritte aber soll es besonders sein, raffiniert, kunstvoll – Sternenküche eben. Autor: Xaver Frühbeis

Stand: 19.11.2018 | Archiv

19.11.1979: Eckart Witzigmanns "Aubergine" erhält als erstes Restaurant in Deutschland drei Sterne

19 November

Montag, 19. November 2018

Autor(in): Xaver Frühbeis

Sprecher(in): Susi Weichselbaumer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Das Fleisch faserig und flach in roter Soße, pampig die Sättigungsbeilage, dazu grüne Blätter in Wasser und Öl, das Ganze serviert im sogenannten Dreiteiler, einem Teller mit Innenwänden, damit die einzelnen Mahlzeitsbestandteile nicht ineinanderlaufen. Es gab eine Zeit, da hat vielen von uns so ein Essen geschmeckt, denn zuvor hatte es eine Zeit gegeben, wo man froh gewesen wäre, wenn man wenigstens das gehabt hätte.

Aus und gar für den Dreiteiler

Mit den Jahren jedoch hat sich im Nachkriegsdeutschland alles zum Besseren gewendet. Aus Feindesland war Freundesland geworden, und reisende Deutsche berichteten von wundersamen Dingen, denen sie in Frankreich oder Italien begegnet waren. Speisen, die nicht bloß satt machten, sondern auch köstlich schmeckten, Restaurantchefs, die frische Ware zu erlesene Geschmackskombinationen zusammenstellten, und Abende, von denen der Gast erquickt an Leib und Seele nach Hause ging.

Zu den ersten, die die "Neue Küche" in Deutschland bekannt machten, gehörte der Koch Eckart Witzigmann. Witzigmann war von einem Bauunternehmer nach München geholt worden, der im Stadtteil Schwabing das Nobelrestaurant "Tantris" eröffnet hatte. Witzigmann, damals dreißig, stammte aus Bad Gastein, hatte bei den besten Chefs im Elsass und in Paris gelernt und sollte jetzt den Münchnern zeigen, wie man ausgezeichnet kocht und noch besser isst. Zuerst wollten die das aber gar nicht wissen. Was braucht man einen Seehecht in Senfsauce, wenn man eine resche Schweinshaxn oder eine Dampfnudel haben kann. Mit der Zeit jedoch hat Witzigmanns Wirken Früchte getragen. Der neue Koch hatte ein Gespür für geschmackliche Harmonien in überraschenden Zusammenstellungen, die Münchner fanden Gefallen an geeister Blumenkohlsuppe und Kirschzabaione mit Zimtparfait, und dass sich Witzigmanns Tun bis ins Ursprungsland der "Nouvelle Cuisine" herumsprach, darauf war man an der Isar ebenfalls ziemlich stolz.

Sterne am Kochhimmel

1973 erhielt Witzigmann seinen ersten Michelin-Stern, im Jahr drauf den zweiten, und am 19. November 1979 ereignete sich eine kulinarische Weltsensation. Eckart Witzigmann, der mittlerweile in seinem eigenen Restaurant kochte, der Münchner "Aubergine", wurde von den Gourmetkritikern des französischen Guide Michelin mit drei Sternen gekrönt. Es war das dritte Mal, dass einem Restaurant außerhalb Frankreichs so etwas widerfuhr, und das erste Mal, dass in Deutschland ein Koch mit drei Sternen ausgezeichnet wurde.

Reich gemacht haben dürften Witzigmann seine Sterne allerdings nicht. In der "Aubergine" waren zeitweise 18 Köche für maximal 45 Gäste am Werk. Und nur wenige Gramm Kokain haben ein paar Jahre später dafür gesorgt, dass Witzigmann die Restaurantkonzession entzogen wurde. Von da an mussten die Münchner bei einem anderen Wirt speisen. Und Witzigmann fing an, sich ungewöhnliche kulinarische Erlebniskonzepte auszudenken. Er beriet Küchenchefs auf Mallorca und in Tokio, schickte Erlebniszelte auf Tournee, und in seinem Hangar-Restaurant am Salzburger Flughafen kochen Spitzenköche aus der ganzen Welt. Eine schwedische Universität hat ihn zum Professor ehrenhalber ernannt, und der französische Leckereien-Führer Gault Millau hat Witzigmann mit dem Ehrentitel "Koch des Jahrhunderts" bedacht. Den neben ihm nur noch drei weitere Küchenmeister auf Erden tragen dürfen. Und wer von uns heute immer noch flaches Fleisch in roter Soße mit Sättigungsbeilage auf den Dreiteiler tut, der ist wirklich selbst dran schuld.


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