Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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6. März 1930 Erste Tiefkühlkost im Handel

Der Siegeszug der Fertiggerichte in unsere Tiefkühltheken und Gefrierschränke begann an einem Donnerstag im Jahr 1930. In einem Supermarkt in der Kleinstadt Springfield im US-amerikanischen Bundesstaat Massachusetts konnten die Kundinnen und Kunden zum ersten Mal Tiefkühlkost kaufen. Autor: Sebastian Kirschner

Stand: 06.03.2025

06.03.1930: Erste Tiefkühlkost im Handel

06 März

Donnerstag, 06. März 2025

Autor(in): Sebastian Kirschner

Sprecher(in): Irina Wanka

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Ein Meilenstein der Geschichte: Der Mensch macht Feuer. Plötzlich erhellt Licht die Dunkelheit. Es ist warm, wo wir vorher frieren mussten. Und der Braten ist zart, die Suppe ist heiß, der Brei ist nochmal so lecker.

Nicht weniger spektakulär verhält es sich am anderen, kalten Ende der Entdeckungen – eigentlich. Denn über das, worum es im Folgenden geht, schweigen die meisten lieber. Quasi jeder nutzt es, nur wirklich zugeben wollen es wenige. Die Rede ist von Tiefkühlkost.

Mal eben schnell aus der Packung in die Pfanne

Brokkoli und Himbeeren, Spinat und Aufbacksemmeln – alles praktisch und haltbar als TK-Ware. Und nicht zu vergessen vieler Kinder Lieblinge: Pommes und Kroketten, Fischstäbchen und, freilich – Fertigpizza! Mehr als zehn Stück davon verdrückt jeder Bundesbürger im Durchschnitt pro Jahr. Klar, TK geht schnell, ist günstig und schmeckt meist auch irgendwie ganz okay. Nur der Ruf von Tiefkühlkost ist nicht ganz so gut, wie frisch zubereitet. Dabei war sie anfangs weit entfernt von fett- und zuckerreichen Fertiggerichten.

Das Geheimnis liegt in der Kälte

Genau genommen ist das, was ein gewisser Clarence Birdseye in Sachen TK einst geleistet hat, fast so großartig, wie die Taten des Titanen Prometheus. Laut griechischer Sage hat letzterer den Menschen immerhin das Feuer gebracht. Birdseye hingegen kennt wohl kaum jemand. Ihn, den Vater aller Tiefkühlkost, dessen Entdeckergeschichte einer Heldensage so gut wie ebenbürtig ist.

Birdseye wird 1886 in New York City geboren. Von Kindheit an begeistert er sich für Tierforschung. Die wissenschaftliche Ausbildung dafür kann er sich zwar nicht leisten. Trotzdem nutzt er jede Gelegenheit, um Tiere zu erforschen. Als Schüler sammelt er Insekten, später bringt er sich selbst bei, Tiere auszustopfen. Dann arbeitet er als wissenschaftlicher Assistent des Landwirtschaftsministeriums, bevor er mit 26 Jahren zu einer entscheidenden Reise in den arktischen Nordosten Kanadas aufbricht.

Manche nennen es eine Forschungsreise, für andere verdingt Birdseye sich dort als Jäger und Fellhändler. Entscheidend ist, was er in dieser Zeit neugierig beobachtet. Nämlich wie die Inuit ihren Fisch haltbar machen: Sie hängen ihn fangfrisch in den minus 40 Grad kalten Wind – eine natürliche Schockfrostung. Und trotzdem schmeckt der Fisch später gekocht wie eben erst gefangen.

Zurück in seiner Heimat will Clarence Birdseye das nachbauen. Mit 7 Dollar Startkapital bastelt und experimentiert er. So lange, bis er 1927 mit seinem sogenannten Plattenfroster schafft, was bei den Inuit der eisige Wind regelt. Und Birdseye, inzwischen millionenschwerer Unternehmer, entwickelt seine Idee weiter, bis Tiefkühlkost auch in privaten Haushalten Einzug hält. Am 6. März 1930 ist es soweit: In den USA steht das erste TK-Gemüse im Supermarkt: Spinat und Bohnen.

Clarence Birdseyes Prometheus gleiche Heldentat gilt gesellschaftlich – und wohl vor allem wirtschaftlich – als so wichtig, dass US-Präsident Ronald Reagan 1984 den
6. März zu einem eigenen Gedenktag erklärt, den „Frozen Food Day“. Der hat es als „Tag der Tiefkühlkost“ sogar bis nach Deutschland geschafft.


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