Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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5. Oktober 1842 Erster Biersud nach Pilsner Brauart

Pilsner, Pilsener oder auch nur Pils: Ein Bier, das auch außerhalb der böhmischen Stadt Pilsen als Lagerbier und Exportbier seinen Siegeszug antrat. Für seine Evolution freilich war es auf Hilfe aus der Wiege der Braukunst angewiesen: Josef Groll aus Vilshofen brachte die Bayerische Brauart nach Pilsen. Autor: Martin Trauner

Stand: 05.10.2023 | Archiv

05.10.1842: Erster Biersud nach Pilsner Brauart

05 Oktober

Donnerstag, 05. Oktober 2023

Autor(in): Martin Trauner

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Frank Halbach

Was braucht man für ein gutes Bier? -  Da gibt es ja zunächst das uralte Sprichwort gemäß des noch urälteren Reinheitsgebotes: "Hopfen und Malz - Gott erhalt’s". Also nach dem Motto: schütten wir alles zusammen, dann wird’s der Allmächtige schon richten. Na ja, ein wenig mehr braucht es freilich schon noch: Ein bisserl Wasser. Und vor allem noch: Hefe. Die transformiert den "Smoothie" aus Gerstenkorn, Hopfendolde und H2O in einem komplexen Gärprozess in ein schmackhaftes Getränk. Selbstverständlich müssen diese vier Zutaten von bester, regionaler Qualität sein. Und dann braucht es nur noch einen Alchemisten, einen Braumeister halt, der mit geschickter Hand den Baatz (bayerisch für "Brei") in ein Bier verwandelt ... natürlich mit Unterstützung von ganz oben ...

Pilsen obergärig

Oder mit Unterstützung von ganz unten. -  Spoileralram: Die Hefe macht’s!. - Schwimmt sie oben oder unten? Also: Ist das Bier obergärig oder untergärig. - Aber mal langsam. Die berühmte böhmische Stadt Pilsen, heute bekannt für ihr weltberühmtes und höchst schmackhaftes Bier, hatte lange Zeit einen Gerstencocktail im Ausschank, den man kaum trinken konnte. Die Qualität des Bieres testeten die Ratsoberen seiner Zeit, indem sie einen Humpen auf einer Bank ausgossen. Blieb man mit seiner Lederhose darauf pappen, wurde das Bier für einigermaßen "trinkbar" befunden. Das Problem damals: Jedermann und Jederfrau braute aus den wirklich guten böhmischen Zutaten irgendein obergäriges Getränk, genannt "Bier"... Aber: das Bier schmeckte wie ein süßlicher Baatz, halt wie ein Smoothie.

Pilsen untergärig

Die böhmischen Biergourmets suchten Hilfe in Bayern. Die müssten es doch wissen, wie man das beste Bier braut. Damals vermutete man: es muss ein untergäriges Bier sein, das bayerische Bier... Dachten zumindest die Ratsoberen von Pilsen. Und der Niederbayer Joseph Groll, aus Vilshofen war der Mann der Stunde. Der wurde als Braumeister ins neu gegründete "Bürgerliche Bräuhaus zu Pilsen" geholt. Joseph Groll setzte am 5. Oktober 1842 einen Sud an, der in die Weltgeschichte des Bieres eingehen sollte. Er fabrizierte das erste Pilsener, das nicht nur gut schmeckte, sondern besser mundete als viele andere Biere. Viel besser! -  Er hatte aus der regionalen Zutat Wasser, das war in Pilsen besonders weich und salzarm, aus dem dortigen sogenannten "Aromahopfen", aus der der hiesigen Biergerste und einer aus Bayern importierten Hefe ein Getränk kreiert, das seinen Siegeszug um die Welt begann. Das "Urquell"! - Wie Joseph Groll es nannte. Goldgelb die Farbe. Schneeweiß der Schaum ... Lobten die Zeitgenossen.

Nur knapp drei Jahre blieben Joseph Groll in Pilsen vergönnt. Dann verlängerte man sein Engagement nicht mehr. Trotz seiner Bierrevolution. Man sagte ihm nach, er sei der "gröbste Bayer in Bayern" gewesen. Was wohl stimmen mag. In Vertragsverhandlungen nahm er kein Blatt vor dem Mund, forderte für seine Angestellten als Haustrunk bis zu fünf Maß Bier am Tag. Maßlos ... . Aber immerhin: Noch über 50 Jahre nach Joseph Grolls Abgang brauten nur bayerische Experten das Pilsener Bier.


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