2. März 1818 Giovanni Belzoni entdeckt die Grabkammer der Chephren-Pyramide wieder
Der Weg ist das Ziel. Darauf muss man im Leben aber erstmal kommen. Denn viele gehen vor allem auf die Suche, um zu finden. Wie der Archäologe Giovanni Belzoni. Er will große Schätze in Ägyptens Pyramiden bergen - und findet dabei vor allem zu sich selbst. Autor: Sebastian Kirschner
02. März
Donnerstag, 02. März 2023
Autor(in): Sebastian Kirschner
Sprecher(in): Krista Posch
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Die Hausschlüssel verlegt, der zweite Socken verschwunden, die Ostereier irgendwo: Suchen ist grundlegender Bestandteil unseres Lebens. Leider zählt das Finden nicht automatisch dazu.
Schlüssel und Brille tauchen häufig wieder auf, der zweite Socken seltener. Und für manche ist Ostern gefühlt jeden Tag - irgendwas sucht man immer. Den Sinn des Lebens zum Beispiel. Oder sich selbst. Letzteres dürfte die schwerste Suche überhaupt sein.
Lückenloser Lebenslauf
Meist versuchen Eltern zu helfen. „Probier dies, mach doch das.“ Und hindern den Nachwuchs nur zu oft, weil sie die eigenen Wünsche auf ihre Kinder projizieren. „Oh, er spielt mit Autos, der wird mal Ingenieur. - Was? Literaturwissenschaft willst du machen? Und wovon willst du mal leben?!“ Und als wäre es nicht verworren genug, duldet die heutige Welt auch keine Fehler mehr und keinen Verzug. Ein lückenloser Lebenslauf muss sein. Schule, Ausbildung oder Studium, Beruf! Jung sein beim Jobeinstieg ist Pflicht. Glücklich, wer sich noch ausprobieren konnte.
Schau ma mal ...
Wie einst etwa der Italiener Giovanni Battista Belzoni, heute bekannt als Pionier der Ägyptologie. Suchen und Finden sind Teil seines Berufs. Am 2. März 1818 entdeckt er die Grabkammer der riesigen Chephren-Pyramide in Ägypten wieder. Lange war nicht mal der Zugang zu dem Bauwerk bekannt. Spekulationen über Schätze im Inneren hatten Generationen von Abenteurern und Glücksrittern beflügelt, und sich daran die Zähne ausgebissen.
Als Belzoni 1818 bis in die Grabkammer vorstößt, ist er schon einige Zeit gut im Geschäft mit dem Beschaffen von Antiken für das Britische Museum. Mit dem Franzosen Rifaud, der für den Louvre sucht, liefert er sich einen Raubgräber-Wettstreit. Doch, seine größte Suche hat Belzoni da schon hinter sich.
Geboren als Sohn eines Barbiers sollte der fast zwei Meter große Hüne Geistlicher werden. Mit sechzehn Jahren tritt er in Rom in ein Kloster ein. Als Napoleons Truppen in die ewige Stadt einmarschieren, flieht er vor dem Militärdienst nach England. Auf dem Weg dorthin erwirbt er Kenntnisse der Hydraulik. Auf der Insel macht er Karriere als Zirkus-Kraftprotz. Als patagonischer Simson, der in exotischer Kleidung eine Menschenpyramide stemmt. Zehn Jahre später will er in Ägypten den Pascha für ein hydraulisches Wasserrad begeistern und die Bewässerung im Land revolutionieren. Der Plan scheitert. Doch Belzonis Fähigkeiten als Ingenieur sind anderweitig gefragt: Für die Briten soll er die erste von vielen Antiken nach London schaffen - den Tonnen schweren Kopf einer Statue von Ramses II.
Freilich ist Belzonis damaliges Vorgehen heute verpönt. Gerade in Zeiten, in denen die Herkunft von Museumsstücken hinterfragt und Rückgaben gefordert werden. Zu Lebzeiten aber wurde der Mann für seine Taten als Held verehrt. Letztendlich hat er sich selbst gesucht und seine Bestimmung gefunden. Immerhin, denn in der Grabkammer des Pharao Chephren hat Belzoni nichts gefunden: Sie war leer.