Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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3. Juli 2003 Heringsfürze vergiften schwedisch-russische Beziehungen

Beinahe hätten die Ereignisse eine internationale Krise ausgelöst. Jahrelang scheinen feindliche U-Boote vor Schwedens Ostsee-Küste zu kreuzen. Ein klarer Fall von Spionage? Viel später stellt sich heraus: Die Eindringlinge sind völlig unverdächtig - Heringsschwärme. Autorin: Prisca Straub

Stand: 03.07.2023 | Archiv

03.07.2003: Heringsfürze vergiften schwedisch-russische Beziehungen

03 Juli

Montag, 03. Juli 2023

Autor(in): Prisca Straub

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Die schwedische Marine ist in Aufruhr: Immer wieder tauchen vor der Ostküste des Landes sowjetische U-Boote - zumindest vermuten das die Militärs. Sonare fangen verdächtige Geräusche auf: ein seltsames rhythmisches Pulsieren, meist nach Anbruch der Dunkelheit. Sind da feindliche Eindringlinge in schwedischen Hoheitsgewässern unterwegs? Und warum lassen die sich partout nicht dingfest machen?

Schweden auf U-Boot-Jagd

Die Sowjetunion? Bestreitet jegliche Spionage! Doch für die schwedischen Abhörexperten liegt auf der Hand: Das sind Maschinengeräusche. Das typische Knattern von Unterwassermotoren. Kurze, blechern klingende Tonsequenzen. Und der Verdacht ist keineswegs aus der Luft gegriffen: Bereits kurz zuvor, 1981, war ein sowjetisches U-Boot im Süden des Archipels auf Grund gelaufen. Etwas außerhalb von Karlskróna, dem wichtigsten Militärstützpunkt des Landes. Angeblich ein "Navigationsfehler". Schwer zu glauben, so mitten im Kalten Krieg.

Und jetzt? Die schwedischen Sicherheitskräfte meinen sogar, den charakteristischen Sound des jeweiligen U-Boot-Typs aus den Unterwassergeräuschen herauszuhören. Und die Vorfälle häufen sich. Regelmäßig rückt der Küstenschutz aus - und scheint doch immer knapp zu spät zu kommen: Kein einziges Unterwassergefährt kann gesichtet werden. Der Eindringling operiert offenbar äußerst raffiniert - und im Verborgenen - , hinterlässt nichts als aufsteigende Luftblasen an der Wasseroberfläche.

Die Lage an der Ostsee-Küste droht zu eskalieren. Schwere diplomatische Irritationen: Die widerrechtliche Verletzung der Hoheit Schwedens über seine Gewässer sei umgehend zu unterlassen, heißt es in einem erbosten Schreiben an Russlands Staatsoberhaupt Boris Jelzin. Doch dann wendet sich das Blatt. Die schwedischen Militärs spielen die brisanten Aufnahmen zwei Experten für Meeresbiologie vor, Magnus Wahlberg

und Håkan Westerberg. Sie sind die ersten zivilen Ohrenzeugen des rätselhaften Unterwasser-Radaus. Höchste Diskretion, absolutes Stillschweigen! Die beiden Wissenschaftler verfassen einen streng geheimen Bericht für das Verteidigungsministerium. - Anschließend jagt die schwedische Marine keine fremden U-Boote mehr.

Furzende Heringe im Dunkeln

Erst Jahre später dürfen die Forschungsergebnisse bekannt gegeben werden: Am 3. Juli 2003 erfährt die Weltöffentlichkeit: Was die schwedischen Sicherheitsexperten für U-Boot-Geknatter gehalten hatten - in Wirklichkeit hat der Sound aus dem Meer einen biologischen Ursprung. Er stammt von Clupea harengus, dem Atlantischen Hering. Der weitverbreitete, völlig unverdächtige Speisefisch presst Luft aus seiner Schwimmblase - und lässt sie über die Afteröffnung ins Wasser entweichen. Sprich: Der Hering furzt! Ziemlich laut sogar - und mit Vorliebe offenbar nachts. Wahrscheinlich dient das zur Kommunikation im Schwarm.

Was die Militärs über Jahre hinweg gegeneinander aufgebracht hatte - Fischfürze! Noch immer wird allerdings darüber gerätselt: Was genau teilen sich die Heringe da eigentlich mit?


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