Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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14. November 1946 Hermann Hesse bekommt Literaturnobelpreis

Er ist bekannt als der Schriftsteller der ewigen Suche nach dem Sinn im Leben, nach Gott, dem Warum und Wieso in Freundschaft. Hermann Hesse, der endlose Frager. Aber glaubt man etlichen Schulabschlusszeitungen auch eine echt coole Socke. So oft wie Hesse wird hier wohl keiner zitiert. Autor: Johannes Roßteuscher

Stand: 14.11.2024 | Archiv

14.11.1946: Hermann Hesse bekommt Literaturnobelpreis

14 November

Donnerstag, 14. November 2024

Autor(in): Johannes Roßteuscher

Sprecher(in): Irina Wanka

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Mal eine Frage: Wie viele Schulabschlusszeitungen in Deutschland schaffen es, gedruckt zu werden, ohne diese Zeilen? Achtung: “Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“ – Und das geht noch weiter. Das entsprechende Werk enthält eine ganze Schultüte voller 1-A poetischer Worte: Aufbruch, Abschied, Neubeginn. Reise, Zauber, Lebenskreise! Wenn das keine Vokabeln für die Abiturzeitung sind!

Stufen des Lebens

Längst gemerkt: es geht um “Stufen“. Von Hermann Hesse. Dem heiter-melancholischen-versponnenen Teenager-Idol aus Calw im Nordschwarzwald. Dem mit dem Strohhut, der runden Brille, und dem ganz leicht raubvogelartigen Profil. Und der mit der, wie mancher Neider sagt, lebenslangen Pubertät: Sinnsuche, Ich-Suche, Gottsuche, den tiefsten Freundschaften von allen.

Groß werden und finden

Es ist so einfach wie weit verbreitet, über Hesse zu spotten. Der Dichter für die Clearasil-Generation, der Pietisten-Abkömmling, der das Leben so ernst nahm, dass er sich lebenslang daran abarbeiten musste.

“Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne.“

Das ist natürlich nix für Menschen mit Gemütern wie Teflonpfannen. Aber wäre es nicht mal an der Zeit, dass sich nicht nur diejenigen Kalendersprüche zu Herzen nehmen, die sich Kalender mit Kalendersprüchen in die Küche hängen?
Tatsache ist: An Hesse gebunden sind längst Millionen. Laut Hesses Verlag haben sich bislang 150 Millionen Bücher von ihm verkauft. Das macht ihn zum meistgelesenen deutschen Schriftsteller seit, nun ja, Karl May. Aber warum auch nicht? “Narziß und Goldmund“, das Epos über Freundschaft, Freiheit und Frivollität – nicht nur, weils vom Stabreim her passt – das Buch kam zum Beispiel für einen Literaturkritiker der Welt am Sonntag unmittelbar nach der Detektivbande TKKG. Das erste Erwachsenenbuch, das er “enthusiastisch verschlungen“ habe.

Es ist ein Wert an sich, einen Heranwachsenden an Bücher jenseits von Gregs Tagebuch heranzuführen. Thomas Mann verglich Hesse mit James Joyce und schlug ihn so oft für den Nobelpreis vor, bis Hesse ihn bekam. Im Herbst 1946 gab die königliche Akademie bekannt: Als erster deutschsprachiger Autor – seit Thomas Mann – wird Hesse, freilich seit Jahrzehnten Schweizer Staatsbürger, mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Am 14. November nahm Hesse den Preis offiziell und schriftlich an – und hätte ihn einen Monat später in Stockholm bekommen sollen. Wenn er hingefahren wäre. “Der Teufel hole den verfluchten Kram“, schrieb er an seine dritte Frau und blieb im Tessin, bedankte sich jedoch artig beim Komitee.

“Stufen“, das am Anfang zitierte, typische Abizeitungsgedicht, stammt übrigens aus dem Glasperlenspiel, seinem letzten Roman. Hesse selbst lässt eine seiner Figuren das Gedicht kritisieren. Als zu stark moralisierend und schulmeisterlich. Wie das Leben eben manchmal so spielt - schon auch irgendwie cool.


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