Kalenderblatt Die Kaiserin Elisabeth-Bahn wird feierlich eröffnet
Heute ist die Westbahn die wichtigste Eisenbahnstrecke Österreichs. Ihrerzeit galt die Strecke Wien–Salzburg lange als nicht so bedeutend. am 12. August 1860 wurde die "Kaiserin Elisabeth-Bahn" im Beisein von Kaiser Franz Joseph und König Maximilian II. von Bayern feierlich eingeweiht. Autor: Thomas Grasberger
12. August
Montag, 12. August 2024
Autor(in): Thomas Grasberger
Sprecher(in): Caroline Ebner
Redaktion: Frank Halbach
Von allen Himmelsrichtungen war der Westen am wenigsten wichtig. Zumindest, wenn im Habsburgerreich des 19. Jahrhunderts über Eisenbahnfragen beraten wurde. Wichtig war für die Wiener Hofburg die Südbahn, die zum Mittelmeerhafen Triest hinunterführte. Und natürlich die Nordbahn, hinauf in die Kohlenreviere Böhmens und Mährens. Und auch der Osten, wo die Kornkammer des Kaiserreichs war. Im Westen aber, gleich hinter Salzburg, da gab es "nur" das schöne Bayern. Von dort hatte Wien 1854 immerhin die schöne Kaiserbraut Elisabeth importiert. Aber eine Eisenbahn hat´s dafür nicht gebraucht. Denn Sisi, die 16-jährige "Rose aus Baiernland", war auf einem Raddampfer die Donau hinunter geschippert worden, mitten hinein in die Arme ihres Cousins und künftigen Gatten Franz Joseph I.
k.k. priviligiert
Die Pläne für eine Westbahn hingegen verstaubten lange in den kaiserlichen Schubladen. Obwohl es zwischen Österreich und Bayern seit 1851 einen Staatsvertrag gab, der den Bau diverser Bahnstrecken vorsah, unter anderem eine von München über Salzburg nach Wien. Weil Bahnbau ein teurer Spaß ist, setzte die Hofburg zunächst auf private Investoren. Aber wie immer, wenn´s mit der Rendite hapert, muss am Ende doch wieder der Staat einspringen.
Weil sich die ursprünglich vorgesehene Route als zu teuer erwies, wurde eine neue Trasse über Linz ersonnen. Finanzierungspläne wurden erstellt, Konsortien und Aktiengesellschaften gegründet, sogar ein zweiter Staatsvertrag mit Bayern wurde unterzeichnet, bevor die Wiener Regierung eine Konzession übergeben konnte – an die "k.k. privilegierte Kaiserin Elisabeth-Bahn".
Entgleiste Feierlichkeiten
Bereits vier Jahre nach Beginn der Bauarbeiten erfolgte am 12. August 1860 die feierliche Eröffnung der gesamten Bahnverbindung von Wien nach München. Natürlich im Beisein von Kaiser Franz Joseph I. und König Maximilian II. von Bayern. Die beiden waren in ihren jeweiligen Hofzügen aus entgegengesetzten Richtungen kommend aufeinander zugerollt, um schließlich zeitgleich, vom Erzbischof sehnlichst erwartet, in Salzburg einzutreffen. Groß war das Hallo, endlich gab´s mal wieder was zu feiern. Denn die Stimmung in der Bevölkerung war damals alles andere als gut. Habsburgs Niederlage in der blutigen Schlacht von Solferino lag gerade mal ein Jahr zurück. Und so entgleiste wenige Tage nach den Salzburger Feierlichkeiten das grandiose Volksfest im Wiener Augarten, das anlässlich der Eröffnung des Bahnverkehrs zwischen Wien und München veranstaltet wurde. Die Besuchermassen zerlegten den sorgsam gepflegten Park so gründlich, dass er danach längere Zeit für Feste gesperrt blieb. Die kaiserlichen Parkverwalter waren freilich nicht die einzigen, die mit Schrecken an die Bahn-Party dachten. Auch für die Bauern im Alpenvorland wurde die neue Verkehrsverbindung eine Katastrophe. Mit dem billigen Getreide, das nun schnell aus Ungarn und Rumänien in den Westen gebracht wurde, konnten sie nicht konkurrieren. Und auch die Schiffer, die zuvor das Salz aus Hallein und Reichenhall nach Wien hinunter transportiert hatten, waren bald arbeitslos. Vielleicht hat ja der eine oder andere im Fremdenverkehr angeheuert. Der hat nämlich durchaus ein bisserl profitiert von der neuen Sisi-Bahn.