Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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25. März 1985 Kleinstes Picasso-Museum der Welt eröffnet

Er hätte durchaus ein Vermögen machen können, aber Picassos Friseur entscheidet sich dagegen. Lieber vermacht er all die Werke, die der Maler ihm im Laufe einer langen Kundenbeziehung und Freundschaft geschenkt hat, seinem Heimatdorf. Dort entsteht das kleinste Picasso-Museum der Welt.

Stand: 25.03.2025

25.03.1985: Kleinstes Picasso-Museum der Welt eröffnet

25 März

Dienstag, 25. März 2025

Autor(in): Harmut E. Lange

Sprecher(in): Edith Saldanha

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Man kennt es von kleinen Kindern, es genügt dieses eine Wort, und schon geht das Geschrei los: Friseur.
N e i n! Nicht zum Friseur! Mama, mach du das. Bit-te!
Haare schneiden ist okay, aber Friseur – niemals! Diese weit verbreitete Ablehnung der Person im meist einfarbigen Kittel, die da um einen herumtänzelt und mit der Schere am Haupthaar rumschnippelt, die gibt es zu allen Zeiten. Auch 1947 in Südfrankreich, und auch der kleine Pablo ist so ein Friseur-Verweigerer. Das klein bezieht sich allerdings nur auf Pablos Körpergröße: 1 Meter 63. Denn sonst ist der damals 66-jährige der Größte, darin ist man sich heute einig: Pablo Picasso ist der größte Künstler des 20. Jahrhunderts.

Bisher hat seine jeweilige Lebensgefährtin das Haareschneiden übernommen, gegenwärtig ist es die 40 Jahre jüngere Malerin Francoise Gilot. Aber eine junge Mutter hat wirklich genügend zu tun, mit Baby Claude auf dem Arm verweigert sie die haarige Aufgabe und verweist auf den örtlichen Friseur-Salon.

Ein Landsmann mit Schere

Das Künstlerpaar lebt an der Cote D`Azur im Töpferstädtchen Vallauris, wo Eugenio Arias sein Geschäft betreibt. Mit finsterer Miene betritt Picasso den kleinen Salon, eine Stunde später verlässt er ihn als fröhlicher Mann. Das liegt an diesem sympathischen, warmherzigen Eugenio. Und, die beiden Männer haben etwas gemeinsam: Beide sind Spanier, und beide sind Kommunisten, die im französischen Exil leben.
Da die anderen Kunden dem berühmten Maler stets den Vortritt lassen wollen, was Picasso nicht möchte, radelt Eugenio nun oft zu Pablo nach Hause, um ihn zu rasieren und die Haare zu schneiden.
Bezahlen lässt er sich nicht, aber Picasso schenkt ihm immer wieder mal eine Zeichnung, eine Lithografie oder eine Keramik. Meist mit einer persönlichen Widmung:

Für meinen Freund Eugenio, oder Von deinem zweiten Vater.

Mal ist es eine Rasierschüssel aus Keramik mit Stierkampfmotiven, ein andermal ein Holzkästchen mit Brandgravuren zum selben Thema. Die Liebe zum Stierkampf ist eine weitere Gemeinsamkeit der beiden, oft begleitet der 28 Jahre jüngere Eugenio seinen Freund Pablo in die Arena. Sie treffen sich aber auch zum Kartenspielen, oder ziehen durch die Bars. Dabei erzählen sie sich immer Geschichten aus ihrer geliebten, und so schmerzlich vermissten Heimat Spanien. Als der Friseur die Liebe seines Lebens findet, wird Picasso Trauzeuge von Simona und Eugenio Arias.

Museum der Kunst und der Freundschaft

Nach Picassos Tod im Frühjahr 1973 tauchen Männer im Salon Arias auf, die keinen Haarschnitt wollen. Ein japanischer Kunsthändler bietet Eugenio 1 Million Dollar für seine Picasso-Sammlung. Der Direktor von Peugeot will ihm zwei Autos für die kleine Holzschachtel mit den Stierkampfbildern geben. Aber Eugenio denkt überhaupt nicht ans Verkaufen. Er schenkt die 71 Picasso-Arbeiten seinem Heimatdorf in Spanien. Am 25. März 1985 wird im Rathaus von Buitrago del Lozoya das kleinste Picasso-Museum der Welt eröffnet. Auf nur 80 Quadratmetern Ausstellungsfläche wird nicht nur großartige Kunst gezeigt, sondern auch von der tiefen, 26 Jahre währenden Freundschaft zwischen dem weltberühmten Künstler und seinem Friseur erzählt.


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