Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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24. März 1765 Lehrschule zur Heilung der Viehkrankheiten gegründet

Nette Hamster, süße Katzen, zutrauliche Sittiche – das ist so ziemlich die Klientel, die viele Kinder sich heute vorstellen, wenn sie sich dringend wünschen, später Tierarzt oder Tierärztin zu werden. Dabei hat es mit diesem Berufsbild wenig knuffig und niedlich angefangen. Autor: Johannes Roßteuscher

Stand: 24.03.2025

24.03.1765: Lehrschule zur Heilung der Viehkrankheiten gegründet

24 März

Montag, 24. März 2025

Autor(in): Johannes Roßteuscher

Sprecher(in): Berenike Beschle

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Dem Ingenieur ist nichts zu schwör. Ein Satz, so schön wie wahr. Gemeint freilich ist genau ein Ingenieur, ein besonders genialer: Daniel Düsentrieb, größter Erfinder von Entenhausen und vielleicht der ganzen Welt. Noch ein Satz, der auch stimmt – und sich fast noch besser reimt: Dem Veterinär ist nichts zu schwer. Weil der Veterinär, der Tierarzt – und natürlich die Tierärztin, zu der kommen wir noch – der muss alles können. Ein Menschenarzt, der ist ja heute nur noch spezialisiert, der Tierarzt dagegen – Universalist schlechthin: Gerade noch das Kalb aus der Kuh gezerrt, zehn Minuten später mit gekonntem Rückenkratzen die wütende Sau beruhigt, anschließend einem berühmt-berüchtigten Zuchtstier den Hoden untersucht. Nervenkitzel! Und in der Mittagssprechstunde schnell rausgefunden, warum die Wüstenspringmaus nicht mehr frisst.

Jedes Tier zu mir

Jetzt, was hat das alles mit Maria Theresia zu tun? Maria Theresia, zweitberühmteste österreichische Regentin und erzkonservative Reformerin, die war auch so ein Tausendsassa. Schulpflicht? Eingeführt. Steuerpflicht? Für alle. Justiz? Reformiert. Strafrecht? Vereinheitlich. Folter: Nicht abgeschafft. Heer …. reformiert. Und genau deshalb ist Mutter Maria Theresia die Begründerin des modernen Tierarztberufs.
Es war nämlich so: Das Habsburger Reich hatte keine besonders gute Armee und war gleichzeitig umgeben von Ländern mit gelangweilten Monarchen, die ständig Kriege anzettelten. Spätestens nach dem Siebenjährigen Krieg mit 140.000 Gefallenen nur in Österreich, fand Maria Theresia, dass es endlich Leute geben musste, die zumindest die lahmen Militärpferde schnell wieder flott machen konnten.
Am 24. März 1765 griff sie – zupackend wie gewohnt – zur Feder: "Ich habe beschlossen, hier eine Lehrschule zur Heilung der Viehkrankheiten errichten zu lassen."

Wien will es wissen

Hier, also in Wien. Die erste im deutschsprachigen Raum, die dritte auf der Welt. Zwei Jahre später wurde sie eröffnet, die "k.k. Pferde-Curen- und Operationsschule", in der heutigen Favoritenstraße 3 im vierten Bezirk. Der Chef: ein Militärschmied. Allerdings: Nach dem Willen der großen Reformlady sollten die anderen Viehkrankheiten ja gleich mitgeheilt werden. Deshalb hieß, kaum zehn Jahre später, die Schule "k. k. Thierspital und Thierarzneyschule" und erforschte nun auch Viehseuchen.

Das muss eine aufregende Lehrstätte gewesen sein: Auf den Lehrstühlen saßen Humanmedizinier; als Studenten waren genau zwei Gruppen zugelassen: fertige Ärzte und – Militärschmiede. Wie es den Annalen der Uni zu entnehmen ist, konnten diese oft weder schreiben noch lesen, wurden aber gegenüber den bereits fertigen Doktoren fast überall bevorzugt. Frauen – und damit wären wir wie versprochen bei der Tierärztin – die wurden erst nach dem Ersten Weltkrieg zugelassen. Und erst 1939 machte die erste ihren Abschluss. Aber da waren die Lehrpläne schon mit den deutschen Universitäten gleichgeschaltet und die Hochschule versank erstmal im braunen Sumpf.

Wer heute eine tierärztliche Lehranstalt betritt, egal ob in Wien oder sonst wo, wird feststellen: Die Frauen haben übernommen. Vielleicht noch zehn Prozent der Studierenden sind Männer, Militärschmied findet man gar keinen mehr. Und deshalb ist der schöne Satz: Dem Veterinär ist nichts zu schwer, längst durch einen ebenso schönen ersetzt: Die Tierärztin kriegt alles hin.


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