11. Januar 1569 Losverkauf der ersten englischen Lotterie startet
Königin Elisabeth I. von England brauchte Geld. Ihre geniale Idee: Eine Lotterie. Man warb mit "Jedes Los gewinnt“. Gestimmt hat das nicht, und das Ganze wurde ein Reinfall. Autorin: Julia Devlin
11. Januar
Montag, 11. Januar 2021
Autor(in): Julia Devlin
Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Das späte sechzehnte Jahrhundert war das Goldene Zeitalter Englands. Die Kunst blühte, William Shakespeare schrieb seine unsterblichen Dramen, und die spanische Armada wurde vernichtend geschlagen. Auf dem Thron saß Queen Elizabeth die Erste, Good Queen Bess, wie der Volksmund sie nannte, und die vierundvierzig Jahre ihrer Herrschaft wurden von der Nachwelt gerne als glanzvolle elisabethanische Renaissance verklärt. An dem eigenen Mythos strickte sie publicity-wirksam mit, auch durch ihre prachtvollen Porträts, die sie in kostbaren Brokatroben, mit blass geschminktem Gesicht über opulentem Spitzenkragen, kunstvoll frisiert und mit Geschmeide behängt zeigen.
Klamme königliche Kassen
Kunst, Kultur und Macht kosten aber Geld, vor allem die Macht! In Kriegen mit Frankreich hatte man die Staatsschatulle ziemlich geleert, und nun brauchte die Regierung dringend Geld, um die Häfen instand zu setzen. Ein Soli für die maritime Infrastruktur, sozusagen.
Aber Steuern einfach so raufsetzen war im frühmodernen Staatswesen nicht so leicht wie heute. Und deshalb ließ sich Her Majesty's Government etwas ganz Besonderes einfallen: Eine Lotterie.
Jedes Los gewinnt
Auf dem Kontinent, in den Niederlanden, in Schweden und Dänemark waren Lotterien schon lange ein bewährtes Mittel, die öffentlichen Einkünfte aufzubessern. Und so probierte man sein Glück auch in England. Ein großformatiges Flugblatt verkündete im Sommer 1567 den Verkauf von 400.000 Losen. Um einen schnellen Absatz zu fördern, lockten attraktive Zusagen. Keine Nieten! Jedes Los gewinnt! Und es gab sogar eine Immunität: Zum Zwecke des Loserwerbs waren Käufer für sieben Tage am Ort des Kaufes von Strafverfolgung freigestellt - außer, sie hatten einen Mord, Piraterie oder Hochverrat begangen.
Die Preise waren nicht zu verachten. Der Hauptgewinn betrug 5000 Pfund Sterling, in heutigem Wert immerhin eine Million Euro.
Doch wenn die Regierung gedacht hatte, dass die Lose wie warme Semmeln weggehen würden - no way. Gerade mal zehn Prozent der Lose wurden verkauft. Deshalb mussten die Gewinne gekürzt werden, von dem Versprechen, dass jedes Los gewinnt, rückte man ab, und auch die Ziehung konnte nicht wie ursprünglich geplant stattfinden. Wegen des langsamen Absatzes wurden die Losbesitzer immer wieder vertröstet. Erst am 11. Januar 1569, anderthalb Jahre nach dem Verkaufsbeginn, war es so weit. Neben der alten St. Paul's Cathedral in London drängelten sich die Losbesitzer in der Januarkälte, um zu sehen, was Fortuna ihnen bescherte. Aber ach, es war enttäuschend. Viel mehr Nieten als Preise. Der Einsatz von zehn Schilling hatte sich nicht gelohnt, die vollmundigen Versprechungen wurden nicht erfüllt, die Losbesitzer waren not amused. Wir wissen nicht, wer den Jackpot knackte. Wir wissen nur, dass die Lotterie von Königin Elisabeth der Ersten ein Misserfolg war. Erst im Jahrhundert darauf wagte sich die königliche Regierung wieder an einen Versuch, und allmählich wurde diese Art freiwilliger Steuerzahlung zu dem Erfolgsmodell, das es heute noch ist.