Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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18. Januar Marie, die "Adlerin aus Bayern", stirbt

Garibaldi will Italien einen und gerät dabei ausgerechnet an Marie, der Königin von Neapel-Sizilien, einem echten Bayerischen Wildfang. Am 18. Januar 1925 ist die Adlerin aus Bayern gestorben. Autorin: Isabella Arcucci

Stand: 18.01.2018 | Archiv

18.01.1925: Marie, die "Adlerin aus Bayern", stirbt

18 Januar

Donnerstag, 18. Januar 2018

Autor(in): Isabella Arcucci

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Etwas Gutes hatte es doch, so mochte Königin Marie von Neapel-Sizilien gedacht haben. Die Festung, in der sie sich mit ihrem Gefolge verschanzt hielt, war umzingelt von Feinden, jeden Tag brachte Kanonenfeuer ein anderes Dach zum Einsturz und Typhus und Cholera grassierten, aber etwas Gutes hatte es eben doch: Die Schwiegermutter war endlich weg! Die Königin-Witwe Maria Theresia, unter deren Fuchtel  jede Bettwanze im Palazzo Reale stramm gestanden hatte, war vor Garibaldis Truppen wutschnaubend ins Exil geflohen und überließ die Verteidigung des Königreiches ihrem Stiefsohn, dem verschreckten König Franz, und dessen 19-jähriger Gemahlin Marie.

Entsetzen auf dem Schlachtfeld und im Ehebett

Marie war bildhübsch, genau wie ihre ältere Schwester, die Kaiserin „Sisi“, die im Übrigen auch eine tyrannische Schwiegermutter besaß und ebenfalls einen Gatten der Franz hieß. Kaiser Franz Joseph von Österreich war aber um einiges schneidiger. Maries Franz sortierte am liebsten seine Heiligenbilder und nichts erfüllte ihn mehr mit Entsetzen, als die Vorstellung, seine Männlichkeit beweisen zu müssen, egal ob auf dem Schlachtfeld oder im Ehebett. Was hatte sich Mama Ludowika beim Einfädeln dieser Ehe nur gedacht, mochte Marie sich gefragt haben. Ludowikas Leben in Possenhofen, mit ihrem Mann, dem ständig nach jungen Schnepfen und vogelwilden Weibern jagenden Herzog Max in Bayern, war nur aus der Perspektive des heutigen Farbfernsehens betrachtet idyllisch. Ihre Töchter sollten es besser haben. Wenn schon frustrierte Ehefrau, dann wenigstens eine mit Königskrone auf dem Kopf!

Aber genau diese Königskrone wollte Garibaldi nun  von Maries kastanienbraunem Haar reißen. Das Königreich Neapel-Sizilien sollte einem geeinten Italien einverleibt werden. Marie und ihrem Mann blieb nichts anderes übrig, als die übellaunige Schwiegermutter sowie alle Heiligenbilder einzupacken und sich mit den loyal gebliebenen Resten ihrer Armee in die Festung  Gaeta zurückzuziehen.

Oberbayerischer Wildfang

Doch die feindlichen Truppen hatten sie schon bald umzingelt. Ein Glück für Marie. Nicht nur, dass ihre Schwiegermutter nun das Weite suchte, sie konnte auch zeigen was wirklich in ihr, einem echten oberbayerischen Wildfang steckte! Während ihre Schwester Sisi in Wien dazu verdammt war, ihre Haarpracht zu bürsten und in Depression zu verfallen, verteidigte Marie ihr Königreich. Nicht nur, dass sie Verwundete und Sterbende pflegte. Mit erhobenem Haupt, so heißt es, stand sie selbst, auf den Festungswällen und feuerte ihre Soldaten an. Und sie riss ihren sonst stets von frommer Furcht erfüllten Gatten mit. Europas Männerwelt staunte nicht schlecht über Marie.

Und auch wenn am Ende Garibaldi triumphierte und Marie mit ihrem Mann ins Exil musste: sie blieb die Siegerin der Herzen! Als "Adlerin aus Bayern" und "Heldin von Gaeta" wurde sie verehrt.

Doch Marie standen noch viele weitere Kämpfe bevor: eine schmerzvolle Liebesaffäre, die Geburt eines unehelichen Kindes, Verleumdungen, der Tod ihrer kleinen Tochter und das Zerwürfnis mit der Lieblingsschwester Sisi. Doch etwas Gutes hatte Marie in ihrem Leben: ihren Optimismus, den sie sich nie nehmen ließ. Kurz vor ihrem Tod in der Nacht vom 18. auf den 19. Januar 1925 erinnerte sie sich an ihre Kindheit in Possenhofen und an ihre Schwestern mit den Worten: "Von uns fünf besaß ich die größte Veranlagung dazu, das Leben zu genießen!"


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