Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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Kalenderblatt Otto Brüggemann büßt für eine vergeigte Persienexpedition

Beinahe vier Jahre war der deutsche Kaufmann Otto Brüggemann auf großer Reise, die ihn nach Moskau, über die Wolga und das Kaspische Meer bis nach Isfahan führte. Dort wurde über eine Handelsroute verhandelt, die Schätze Persiens auf kürzestem Weg nach Kiel zu bringen. Doch außer Spesen nichts gewesen. Autor: Simon Demmelhuber

Stand: 01.08.2024

01.08.2024: Otto Brüggemann büßt für eine vergeigte Persienexpedition

01 August

Donnerstag, 01. August 2024

Autor(in): Simon Demmelhuber

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Frank Halbach

Glänzen muss der Fürst, Pracht und Prunk sind Staatsräson! Wie soll das Volk sonst wissen, wo der Hammer hängt? Doch so ein barocker Hofstaat kostet Geld. Viel Geld. Geld, das Herzog Friedrich III. von Schleswig-Holstein-Gottorf nicht hat. Woher auch? Mit Milch, Käse, Ackerbau ist kein Staat zu machen. Mehr hat das kleine Herzogtum aber nicht zu bieten. Tja, wer reich sein will, muss eben Kaufmann werden. Das weiß jeder, das hat auch Herzog Friedrich verstanden und fördert den Handel nach Kräften - leider mit mäßigem Erfolg.

"Die Zukunft schlummert am Persischen Golf!"

England, Portugal, die Niederlande, Schweden und Dänemark haben das Überseegeschäft an sich gerissen. Kleinstaaten wie Schleswig-Holstein-Gottorf gehen leer aus. Es sei denn, man lässt sich etwas völlig Neues einfallen. Etwas wie das, was ihm dieser seltsame Otto Brüggemann neulich vorgeschlagen hat. "Indien ist tot", predigt der Hamburger Jungspund, "das Thema ist durch. Die Zukunft schlummert am Persischen Golf!" Die alte Königsstadt Isfahan quillt über vor feinster Seide, Brokat, Samt und Teppichen, die Basare protzen mit Porzellan, Keramik und duftenden Essenzen, die Suqs wuchern mit Smaragden, Rubinen und Perlen. Dieses Potenzial muss man wecken und die Schätze Persiens dann auf kürzestem Weg nach Kiel und Friedrichstadt schaffen. Und das meint: nicht über zwei Ozeane und um Afrika herum, sondern direkt via Russland, das Baltikum und die Ostsee verfrachten.

Außer Spesen nichts gewesen

Geschäfte mit Persien treiben! Eine eigene Handelsroute öffnen!
Das ist so schwindelkühn, so gewinnend gierig gedacht, dass es gar nicht falsch sein darf! Und Brüggemann soll es richten! Daher schickt ihn Herzog Friedrich im Oktober 1635 zur Kontaktanbahnung nach Isfahan. Die Hinreise der 120-köpfigen Gesandtschaft dauert zwei Jahre. Es gibt keine Karten, niemand weiß, wie es hinter Moskau weitergeht. Schlitten brechen, Räder splittern, Boote stranden, Schiffe sinken - eins vor Tallin, eins im Kaspischen Meer. Erst im August 1637 sind Fährnis und Strapazen glücklich ausgestanden. Schah Safi I. empfängt die Delegation wohlwollend, bleibt in der Sache allerdings unverbindlich. Um den Herrscher dennoch zu ködern, macht ihm Brüggemann zuletzt ein fatales Versprechen: im Falle eines Vertrags werde Herzog Friedrich dem Schah mit einem Aufgebot europäischer Armeen gegen den türkischen Erzfeind zu Hilfe eilen. Das zieht. Dafür ist Safi I. bereit, einen Botschafter zur finalen Vertragsverhandlung ins ferne Herzogtum zu schicken. Mehr ist fürs Erste nicht drin.

Als Brüggemann am 1. August 1639 nach vier langen Reisejahren wieder in Gottorf ankommt, ist die Enttäuschung groß. Außer Spesen nichts gewesen. Wie dann auch noch der Gesandte des Schahs eintrifft, um die Details der zugesagten Kriegskoalition zu besprechen, fällt der Herzog aus allen Wolken. Mit dieser unerhörten Eigenmächtigkeit hat Brüggemann sein Leben verspielt. Er wird des Betrugs, schuldhafter Inkompetenz sowie des Hochverrats angeklagt, überführt und hingerichtet. Wie barbarisch! Statt fetter Boni - Managerhaftung brutal. Bloß gut, dass wir dergleichen heute zivilisierter angehen!


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