8. August 1884 Der Papierfilm wird patentiert
George Eastmans entscheidender Beitrag zur Geschichte der Fotografie war einerseits die Patentierung des Papierfilms, andererseits wohl sein Marketingtalent. Er machte Fotografieren damit zum Massenphänomen. Kamera und Film wurden erschwinglich, getreu dem Motto: "Sie drücken den Knopf, wir machen den Rest." Autor: Hellmuth Nordwig
08. August
Montag, 08. August 2022
Autor(in): Hellmuth Nordwig
Sprecher(in): Caroline Ebner
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Bernhard Kastner
Fotos von der Münchner Frauenkirche gibt es viele. Schon 1839 haben zwei bekannte Wissenschaftler das Wahrzeichen aufgenommen: Carl August von Steinheil und Franz von Kobell hielten die beiden Türme auf einem lichtempfindlich gemachten Papier fest. Solche aufwändigen und teuren Experimente gab es einige in dieser Zeit. Aber dass einmal jeder dahergelaufene Tourist die Sehenswürdigkeit ablichten würde, das konnte sich noch niemand vorstellen.
Film zum Rollen
Das hat erst gut vierzig Jahre später George Eastman in Rochester im Staat New York in die Wege geleitet. Schon mit 14 musste er seine Familie ernähren, das schult den Blick fürs Wesentliche: Geld. Nie gab er alles aus, sondern sparte auch noch - genug, um dann mit 26 Jahren seine erste Firma zu gründen, die fotografische Glasplatten verkaufte. Mit denen war das Fotografieren immer noch äußerst umständlich, aber Eastman war sicher: Das wird sich bald ändern. Er bekam mit, dass ein gewisser William Walker mit einem lichtempfindlichen Papier experimentierte, das viel besser war als das von Steinheil und Kobell. Walker war es auch gelungen, dieses Papier aufzurollen, damit mehrere Aufnahmen hintereinander darauf passen. Genau das war die Innovation, auf die George Eastman gewartet hatte. Er zahlte Walker die damals sagenhafte Summe von 40.000 Dollar. Dafür durfte er am 8. August 1884 mit ihm gemeinsam ein Patent für einen Papierfilm zum Aufrollen einreichen.
Kodak
Damit war Eastmans Geschäftssinn noch nicht erschöpft.
Zum Film entwarf er eine passende Kamera, und vor allem bot er auch gleich einen Entwicklungsservice an unter dem Motto "You press the button, we do the rest". In Geschäften, die bald in vielen Ländern eröffnet wurden, konnte man die Kamera nach 100 Aufnahmen abgeben, bekam wenig später die fertigen Fotos, und - nicht zu vergessen: auch gleich einen frischen Film in der Kamera. Eine perfekte Marketingstrategie, zu der auch die einprägsame Firmenbezeichnung "Kodak" gehörte: ein Kunstwort, das Eastman wählte, weil es weltweit gut auszusprechen ist.
Den Papierfilm der "Kodak No. 1" ersetzte Eastman schon nach wenigen Jahren durch das praktischere Zelluloid. Kleiner Schönheitsfehler: Schon vorher war der Erfinder Hannibal Goodwin auf diese Idee gekommen und hatte den Zelluloid-Rollfilm patentieren lassen. Eastman war das egal. Er ließ sich verklagen, und der Prozess zog sich in die Länge. Nach 11 Jahren bekam Goodwin natürlich Recht, aber der weltweite Marktführer hieß da schon längst Kodak. Und Fotografieren war unaufhaltsam auf dem Weg zu einer Freizeitbeschäftigung für jedermann. Die "Kodak No. 1" kostete zwar noch den Monatslohn eines Arbeiters. Das Nachfolgemodell gab es ab 1900 aber schon für einen Dollar, inklusive Film.
1932 ging Eastmans Leben zu Ende. Krank geworden, sorgte er selbst dafür. Sein Abschiedsbrief war kurz und bündig: "An meine Freunde: Meine Arbeit ist getan. Warum warten?"