Montage sind was ganz Besonderes. Immer schon gewesen. Die Leute wuseln herum wie ferngesteuert, allen steckt das Wochenende noch in den Knochen und in den Köpfen. Und jeder denkt sich: Oh mei, wär´s doch nur grad schon wieder Freitag. Das dürfte im Spätmittelalter nicht viel anders gewesen sein als heute. Nun, der 22. März 1424 war so ein Montag. Ein Werktag also, an dem sich ein ganz ordinärer - quasi stinknormaler - Fischkarren der Reichsstadt Nürnberg näherte. Also nichts Besonderes. Scheinbar. Denn kurz bevor der Wagen die Stadttore erreichte, gab es plötzlich große Aufregung. Die Fuhrleute warfen sich in den Staub und fingen an, den Fischkarren wie ein Heiligtum zu verehren. Der Vorfall sprach sich schnell herum, bis in die Stadt hinein. Glocken erklangen, Trompeten jubilierten, und das Volk ließ alles liegen und stehen und lief hurtig dem Fischwagerl entgegen. Aber was war eigentlich geschehen?

Was ist mit dem Fisch?

Die rebellischen Hussiten, die dem Papst an die Soutane wollten, hatten versucht, den Reichsschatz aus der Burg Karlstein bei Prag zu stehlen. Diese Herrschaftsinsignien des Heiligen Römischen Reiches waren natürlich besonders wertvoll, hatten jedoch keinen festen Aufbewahrungsort. Sie gingen oft mit dem Kaiser auf Reisen, denn ohne Heilige Lanze, Reichsschwert und vor allem Reichskrone lief seinerzeit politisch wenig. Deshalb wollte der papsttreue Kaiser Sigismund seine Krone schnell in Sicherheit bringen lassen - vor den bösen Hussiten. Über Ungarn sollte die royale Kopfbedeckung in die wohlhabende Reichsstadt Nürnberg gelangen. Auf ewige Zeiten, wie es hieß. Und aus Sicherheitsgründen ließ Sigismund die Krone gut verpacken - unter toten Fischen.

Die Verpackung macht es!

Nun, um es gleichvorweg zu nehmen: Wir wissen nicht genau, um welche Art Fisch es sich handelte. Königslachs hätte sich natürlich angeboten. Allerdings wird der bis zu ein Meter sechzig groß und 60 Kilo schwer. Was der Krone vielleicht doch arg zugesetzt hätte. Ein Kaiserbarsch aus der Familie der Schleimköpfe wäre auch standesgemäß gewesen, aber letztlich höchst unpraktisch. Erstens stammt er von weit her, aus tropischen Gewässern, und zweitens färbt er sich nach seinem Tod knallrot. Was bekanntlich keine gute Tarnfarbe ist. Dann schon lieber Heringskönig oder Peterfisch. Der hatte immerhin Erfahrung beim Schmucktransport. Aus seinem Maul soll einst der Apostel Petrus eine goldene Münze gezogen haben.

Ebenso wenig ist klar, ob bei diesem Fisch-Transport die Kühlkette durchgängig eingehalten wurde. Was aber auch egal ist. Denn erstens war die Lebensmittelhygieneverordnung noch nicht erfunden. Und zweitens ging es ja nicht primär um den Fisch, sondern um die Krone. Und natürlich um das Event. Denn innerhalb weniger Minuten war aus einem ungeliebten, faden Montag ein hoher Festtag geworden. Nürnberg feierte, was das Zeug hielt. Die Bürger legten ihr bestes Gewand an, Schwerverbrecher wurden amnestiert, und die Leichname der Gehenkten vorzeitig vom Galgen genommen. Kurzum, es herrschte Highlife in der Frankenmetropole. Denn der Schatz war in Sicherheit; die Krone gerettet. Und der ungeliebte Wochenanfang? Der natürlich auch. Tja, was will man eigentlich mehr, an einem Montag?