08. Februar 1969 Über dem mexikanischen Bundesstaat Chihuahua zerplatzt der Allende-Meteorit
Täglich regnet es Meteoriten: Die meisten sind winzig, landen in unbewohnter Gegend oder verglühen einfach. Klein war auch der Meteorit von Allende, aber er brachte eine interessante Botschaft. Autorin: Christiane Neukirch
08. Februar
Montag, 08. Februar 2021
Autor(in): Christiane Neukirch
Sprecher(in): Ilse Neubauer
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Mexiko ist, kosmisch gesehen, ein geschlagenes Land. Seit Urzeiten fallen den Bewohnern dort Himmelskörper auf den Kopf. Genau genommen: Meteoriten. Meteoriten sind Überraschungseier des Kosmos, meist Bruchstücke von größeren Brocken, den Asteroiden. Sie sind Urenkel des Urknalls, sausen im All herum und kollidieren manchmal mit kreuzenden Festkörpern. Zum Beispiel mit der Erde.
Das Ende der Dinos
So ein Vorfall ereignete sich vor 65 Millionen Jahren. Damals schlug ein Brocken von gut zehn Kilometern Durchmesser im heutigen Golf von Mexiko ein, mit einer Geschwindigkeit von rund 72.000 Kilometern pro Stunde, also weit jenseits jedes irdisch verordneten Tempolimits. Die Wucht des Einschlags – etwa der Sprengkraft von 5 Milliarden Hiroshima-Bomben vergleichbar – keilte einen riesigen Krater in die Erdoberfläche und veränderte das Leben auf der Erde radikal. Noch in Europa waren die Auswirkungen durch die folgenden Flutwellen so extrem, dass übermückengroße Lebewesen allesamt ausgelöscht wurden. Das ist sehr wahrscheinlich der Grund, warum wir heute mit Dinosauriern keinen Kontakt haben.
Nicht nur für die Erde und ihre Bewohner ist so ein Zusammenstoß ungesund. Auch der Meteorit kommt in so einem Fall nicht heil davon. Die Reibungshitze beim rasenden Eintritt in die Erdatmosphäre bringt ihn zum Glühen, oft zum Auseinanderbrechen. Vom riesigen Meteoriten aus der Dino-Zeit fanden Forscher bis heute nicht mal mehr Kleinteile, nur eben den Krater, so groß wie die Schweiz.
Knapp am Postamt vorbei
Die Mexikaner hätten also allen Grund zur Sorge, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fallen könnte. Doch das ist sehr unwahrscheinlich: Zwar trifft etwa 25.000 Mal pro Jahr ein kosmischer Gruß in Gestalt von Gesteinsbocken auf unserem Planeten ein, doch nur fünf davon werden tatsächlich gefunden. Meist verläuft die Sache glimpflich und über unbewohntem Gebiet. Doch in den frühen Morgenstunden des 8. Februar 1969 regnete es über Mexiko wieder einmal Trümmer aus dem All.
Der zerborstene Meteorit verglühte als pittoresker Feuerball über der Kleinstadt Allende in der Provinz Chihuahua und verteilte sich großflächig im Umkreis. Nur knapp verfehlte ein Brocken das Postamt.
Zu Schaden kam niemand. Ob der winzige Bruder des Sauriermörders es wenigstens schaffte, die Briefzustellung ins Stocken zu bringen, ist nicht überliefert. Immerhin kann auch er einen Superlativ verbuchen: er gilt als der bestuntersuchte Meteorit der Geschichte. Er war einfach zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort: wenige Monate, bevor die Besatzung von Apollo 11 Gesteinsproben vom Mond mitbrachte, war das Weltraumfieber in vollem Gange. Wissenschaftler brannten darauf, die Überreste des Boten aus dem All zusammenzuklauben und auszuwerten. In der mexikanischen Wüste versperrte kein Gestrüpp oder Mauerwerk die Sicht, und so hatte man schnell 2 Tonnen an Fragmenten beisammen. Das Ergebnis der Untersuchungen: der Meteorit von Allende enthielt Partikel mit einem hohen Anteil an Kalzium und Aluminium – ein Indiz, dass er zu den ältesten Objekten gehört, die sich im Sonnensystem gebildet haben.