Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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25. Februar 1898 Uraufführung von Frank Wedekinds "Erdgeist"

Insgesamt 21 Jahre arbeitete Frank Wedekind an seiner "Lulu"-Tragödie. Im ersten Teil "Erdgeist“ bringt Lulu, die kindliche Femme Fatale, durch ihre entwaffnende Natürlichkeit die bürgerliche Scheinmoral ins Wanken. Autorin: Justina Schreiber

Stand: 25.02.2022 | Archiv

25.02.1898: Uraufführung von Frank Wedekinds "Erdgeist"

25 Februar

Freitag, 25. Februar 2022

Autor(in): Justina Schreiber

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Was macht eine Frau aus? Schwierige Frage - noch dazu, wenn sie ein Mann zu beantworten versucht. Denn ach herrje, aus seiner Perspektive sollte die Frau an sich wahrscheinlich vor allem hilfreich und ergänzend wirken, ihm den Rücken freihalten oder kraulen oder sonst was. Ach, da fiele einem Mann wohl einiges ein, was die kleine Eva, Nelli oder Lulu Gutes für ihn sein könnte. Wenn sie nur brav die ihr zugewiesenen Rollen spielt und – je nach Bedarf - mal als Verführerin, mal als Kameradin, Mami oder Kindfrau auftritt.

"Urgestalten des Weibes"

Doch wehe, wenn sie das schöne Spiel unterläuft und den Spieß umdreht! Die Männer anmacht, sie zappeln und leiden lässt. Sie blamiert, desavouiert und kränkt. Wehe den Würstchen, die die in ihren Augen animalische Wucht einer unverbildeten weiblichen Natur zu spüren bekommen! Kein Wunder, dass Frauen, die Lust auf Sex mit verschiedenen Männern haben, in der traditionell-patriarchalen Logik lüstern-panischer Männerhirne Huren sind. Und Huren sind na ja… Huren. Keine anständigen Frauen beziehungsweise auch keine echteren Frauen als die anderen. Oder steckt hier wie dort hinter den Masken nicht vielleicht doch die "Urgestalt des Weibes", die immerzu in allen möglichen Erscheinungen gefährlich lockt und lockt?

Wer bleibt Sieger?

Frank Wedekind persönlich stand als gebeutelter, zur Verzweiflung getriebener "Besitzer" der schönen Lulu, als Chefredakteur Dr. Schön auf der Bühne, als seine Tragödie "Erdgeist" am 25. Februar 1898 endlich uraufgeführt wurde. Der 33-jährige Autor war dem Intendanten des Leipziger Ibsentheaters auf ewig dankbar, dass er die Inszenierung wagte und den Bann brach, der auf Wedekinds gesellschaftskritisch-provokanten Stücken zu liegen schien.

Endlich gab es Applaus für ihn, wenn auch recht braven. Das Publikum im Leipziger Krystallpalast, vor allem Gewerkschaftler und Arbeiter, verstand nicht so recht und sah in Lulu eine Kämpferin für die Rechte der Frauen.

Dabei tut sich Wedekinds Heldin offenkundig ziemlich schwer, aus sich selbst heraus etwas Eigenes, neues, echt Weibliches zu entwickeln, das nicht Projektion oder Negation der männlichen Projektionen ist. Die Vermutung liegt nahe, dass die Büchse der Pandora von Haus eigentlich fast leer ist. Ein Taschentuch ist vielleicht drinnen, für die Tränen, die zum Einsatz kommen, falls so ein Dreckskerl damit droht, sie sitzen zu lassen. Und ein Lippenstift, damit das Kussmündchen nicht die nette Form verliert. Und zugegebenermaßen… okay okay, ein Pfefferspray! Frau lernt nämlich weniger durch Theaterbesuche und superdramatische Literatur als vielmehr durch allerlei blöde Erfahrungen. Und die wirklich wichtige Frage lautet doch: Wer bleibt am Ende Sieger?


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