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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Weihnachtsbaum schlagen

Jeder Fünfte schlägt seinen Weihnachtsbaum selbst. Das bedeutet nichts anderes als den Stress abzubauen. Wer will Bäume schon im Internet bestellen? Eine Glosse von Wolfram Schrag.

Von: Wolfram Schrag

Stand: 12.12.2023

Zunächst ist da nur die Überschrift: Jeder Fünfte schlägt seinen Weihnachtsbaum selbst. Diese Aussage alarmiert. Verlaufen die Weihnachtstage in vielen Familien doch nicht so harmonisch wie erwartet? Müssen nun selbst gefällte Bäume herhalten, um den ganzen Frust des Jahres abzubauen. Verständlich wäre es. Doch weit gefehlt. Jeder Fünfte greift zu Axt und Säge, aber nicht um seinen Weihnachtsbaum kurz und klein zu hauen, sondern um ihn selbst aus dem Wald zu holen, also im Wald zu schlagen. Das hat der Digitalverband Bitkom herausgefunden, der über tausend Menschen in Deutschland befragt hat.

Immerhin mehr als die Hälfte besorgt sich den Baum im Handel, also vor Ort, um sich die bereits geschlagene Nordmann-Tanne oder die Blaufichte auszusuchen. Die meisten dieser Exemplare kommen übrigens aus dem Sauerland oder auch mal aus Dänemark, eher selten aus Bayern. Dabei war der Entdecker Alexander von Nordmann ein finnischer Biologe, der die ersten Samen im Kaukasus entdeckte.

Provenienzforschung bei Weihnachtsbäumen ist etwas für Spezialisten. Als Experte oder Expertin eines Christbaumkaufs muss man dafür immer den Blick auf die Länge haben. Schnell schrammt der Baum an der Decke. Und bei Meterpreisen ist jeder Zentimeter echtes Geld wert. Und dann das Volumen. Da zeigt sich, dass Bäume eben doch nicht aus dem 3-D-Drucker stammen, jedenfalls meistens. Und so eine kleine, aber dicke Nordmanntanne kann den Platz einer Wohnung sprengen. Weihnachten ist schließlich das Fest für alle, vielleicht sogar für die erweiterte Familie. Und da soll der Umfang des Baumes, Experten sprechen von der Fülle, nicht den Sitzplatz für geliebte nahe Verwandte streitig machen.

Jeder Fünfte schlägt den Baum eben selbst

Laut Umfrage haben 20 Prozent einen Baum schon mal im Internet bestellt. Mehr als drei Viertel schließen das aus. Auch in Zukunft. Irgendwie ist das gut. Denn das Bäumchen per Mausclick zu bestellen, ist halt was ganz anderes als in der Kälte rumzustehen oder durch Plantagen zu pilgern, um nach dem Baum Ausschau zu halten, der einen durch diese besondere Zeit begleiten soll. Der hat schließlich rund zehn Jahre gebraucht, um zu werden, wie er ist. Man sollte schon mit Axt und Säge umgehen können, um nicht versehentlich schon im Wald Kleinholz zu produzieren. Auch das verlangt Fachwissen, man kommt schnell mal ins Schwitzen. Jeder Fünfte schlägt den Baum eben selbst. Wer aber dann einen Baum fällt, kann Stress abbauen.

Und deshalb am Rande noch ein kleiner Geschenktipp: Eine Recyclingfirma in Regensburg bietet ein besonderes Event an. Dort kann man gegen eine Gebühr Autos zerstören, die dort sowieso zerlegt werden. Allerdings nicht mit Säge und Axt, sondern mit Vorschlaghammer und Baseballschläger auf die Scheiben und ins Blech. Viele reizt das, im gesicherten Raum so richtig die Sau rauszulassen. Hier heißt es Zuschlagen. Anders als beim Baum im Wald!


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