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Urknall und Schöpfung Das Thema

Stand: 13.12.2012 | Archiv

Künstlerische Darstellung des bislang fernsten kosmischen Leuchtfeuers, eines sogenannten Quasars. | Bild: picture-alliance/dpa

Die Bibel erklärt die Schöpfungsgeschichte als einen Akt Gottes, der in sechs Tagen vollzogen wurde:

"Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde, die Erde aber war wüst und wirr. Gott sprach: Es werde Licht und es ward Licht. Es wurde Abend und es wurde Morgen."

So steht es im ersten Buch Mose, der Genesis

Vor allem in den USA glauben viele strenggläubige Christen, die sogenannten Kreationisten, dass die Entstehung der Erde genau so vor sich gegangen ist. Viele Naturwissenschaftler hingegen sehen die Entstehung des Universums und damit auch der Erde als einen Prozess, der seit dem Urknall mindestens 14 Milliarden Jahre gedauert hat. Wie passen diese beiden Theorien zueinander? Vielleicht sind die Gegensätze zwischen beiden Denkrichtungen gar nicht so groß wie es auf den ersten Blick scheint. Einige Naturwissenschaftler, ebenso wie Theologen glauben: Wir brauchen eine neue Schöpfungsgeschichte.

Kreislauf von Tod und Wiedergeburt

Der Überzeugung vieler heutiger Kosmologen zufolge entstand das Universum tatsächlich aus dem Nichts heraus. Alles begann mit einem gewaltigen Urknall vor 14 bis 20 Milliarden Jahren, infolgedessen sich Raum und Zeit, die Materie und die Naturgesetze bildeten. Schon in den ersten Momenten danach gab es Urteilchen wie Quarks, Elektronen, Protonen, Myonen, Photonen, Neutronen und deren Antiteilchen. Doch kaum entstanden, wurde ein Großteil der Teilchen durch dieselben gigantischen Kräfte wieder zerstört, da Materie und Antimaterie sich gegenseitig auslöschten. Nur ein Milliardstel der Ursprungsteilchen blieb übrig. Aus ihnen entwickelten sich die ersten Atome. Eine Milliarde Jahre nach dem Urknall hatte sich das Universum langsam abgekühlt. Es entstanden die ersten Wasserstoff- und Heliumatome. Sie formten sich zunächst zu kosmischen Wolken und schließlich zu Galaxien wie unserer Milchstraße mit vielen Milliarden Sternen. Doch auch die Sterne vergingen und vergehen bis heute immer wieder. Sie explodieren in einer sog. Supernova, lösen sich auf und bilden neue Wolken, aus denen schließlich neue Sterne entstehen. Alles, so scheint es, unterliegt einem ewigen Kreislauf aus Geburt, Tod und neuer Geburt.

Supernovae: Wir sind "Kinder der Sterne"

Ohne diesen ständigen Wandel, ohne die Veränderung, die immer wieder Neues hervorbringt, würden das Universum, unsere Erde und letztlich auch wir Menschen nicht in unserer heutigen Form existieren, das ist die Überzeugung vieler Astrophysiker. In unserer Milchstraße entwickelte sich fünf Milliarden Jahre nach dem Urknall ein Riesenstern, den der Physiker Brian Swimme und der Theologe Thomas Berry Tiamat nennen. Nach drei Milliarden Jahren brach dieser Theorie zufolge der Stern in einer gewaltigen Explosion, einer Supernova, auseinander und schuf wiederum durch die dabei entstehende gigantische Hitze wichtige Elemente für unsere Erde: Aus Wasserstoff und Helium entstanden Kohlenstoff, Sauerstoff und andere, "schwere", Elemente wie Wolfram, Kupfer, Silizium, Silber, Magnesium oder Kadmium. Wissenschaftler sagen heute, dass unsere Erde und auch wir Menschen zu 92 Prozent aus Sternenstaub bestehen. (Eine weitere Theorie besagt, dass sich die Erde nur dreht, weil eine rotierende Urwolke, aus der unser Sonnensystem entstanden ist, sich verdichtet hat und ihren Drehimpuls an die Planeten weiter gab. Den Anstoß zur Verdichtung gab möglicherweise die Explosion einer nahen Supernova.)

Die Schöpfung als großes Wunder sehen - mit Wissen und Staunen

Damit all dies geschehen konnte, mussten sehr viele Ereignisse zusammen treffen, sagen Forscher wie der Astrophysiker Harald Lesch. Teile des Universums bilden sich bis heute immer wieder neu und auch das Leben erschafft sich immer wieder aus sich selbst. Wissenschaftler wie der Physiker und Philosoph Fritjof Capra nennen dieses "Selbstmachen" Autopoiesis (aus dem griechischen für "auto" (selbst) und "poiese" (machen)). So sind Himmel und Erde vielleicht nicht im wörtlichen Sinne an sechs Tagen entstanden. Aber ein Wunder ist unser Kosmos dennoch, darin sind sich viele Physiker, Theologen und Philosophen letztlich einig. Vielleicht steht hinter all diesen Ereignissen ja doch etwas Geistiges, etwas wie ein Schöpfergott. Der Mensch lässt sich jedenfalls nicht erklären, ohne die Sterne zu erklären, und er passt perfekt in die Struktur des Universums. Wir Menschen sind nur ein Teil des Weltalls, ein winziges Staubkorn am Rande einer von Milliarden Galaxien, sagen einige Christen und Naturwissenschaftler heute übereinstimmend. Daher bleibt uns nichts anderes übrig, als das Universum mit Staunen als ein Wunder betrachten.


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