KZ Dachau Langer Anlauf zur Gedenkstätte
Leichenberg Leitenberg: Auf dem Hügel nördlich von Dachau befindet sich ein Massengrab mit KZ-Opfern.
Im August 1949 machte ein ehemaliger Häftling des Konzentrationslagers Dachau einen Spaziergang am Leitenberg, einem Hügel nördlich der Stadt. Dabei stieß er auf menschliche Knochen, die zuvor beim Sandabbau zufällig freigelegt worden waren. Es stellte sich zwar heraus, dass sie mit dem KZ nichts zu tun hatten.
Dennoch entbrannte durch den Fund eine Diskussion über den verwahrlosten Zustand der letzten Ruhestätte von KZ-Opfern, denn ein solch ungepflegtes Massengrab befand sich in der Tat am Leitenberg. Dort hatte die US-Armee im Mai 1945 Dachauer Bürger mehrere Tausend Leichen aus dem Konzentrationslager bestatten lassen.
Frühe Vorbehalte
Der ehemalige Häftling informierte die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes und die wandte sich an die internationale Öffentlichkeit. Der Skandal war perfekt, die Welt reagierte empört auf Deutschlands Umgang mit KZ-Gräbern. Die Amerikaner hatten Dachau schon 1945 verpflichtet, für die Toten am Leitenberg ein angemessenes Denkmal zu errichten.
Doch die Stadt zögerte dies jahrelang hinaus. Ebenfalls kein Ruhmesblatt war, dass der Dachauer Abgeordnete Heinrich Junker 1955 im Landtag forderte, das KZ-Krematorium für die Öffentlichkeit zu schließen. Zwei Jahre später wollte die bayerische Baubehörde sogar die Wachtürme abreißen.
1965: Gründung der Gedenkstätte
Es bedurfte erst einer Initiative von ehemaligen KZ-Häftlingen, um das frühere KZ in eine Gedenkstätte zu verwandeln.
1955 riefen sie das Internationale Dachau-Komitee (Comité Internationale de Dachau) ins Leben. Zehn Jahre später gründete es mit Unterstützung des Freistaates Bayern die Gedenkstätte. Zuvor mussten allerdings die Flüchtlinge, die in den alten KZ-Baracken lebten, evakuiert werden. Danach riss man diese ab, nur das Eingangstor ("Jourhaus"), das Wirtschaftsgebäude, das Lagergefängnis ("Bunker") und die beiden Krematorien erhielt man.
Mauer und Stacheldraht-Zaun wurden rekonstruiert - ebenso zwei Baracken, die Standorte der restlichen 32 sind durch Beton-Fundamente angedeutet. 1967 wurde auf dem ehemaligen Appellplatz das Mahnmal des Künstlers Nandor Glid installiert. Auf dem Gelände befinden sich zudem diverse religiöse Gedenkorte.
Späte Vorbehalte
Von 1996 bis 2003 wurde eine neue, umfangreiche Dauerausstellung zur Geschichte des KZs eingerichtet. Seit 1991 gibt es in Dachau auch eine internationale Jugendbegegnungsstätte. Das Projekt zeigte aber, dass die Vorbehalte gegen die Aufarbeitung der Geschichte immer noch virulent waren. Die lokale CSU wollte es zunächst verhindern - mit dem Argument, eine solche Einrichtung schade dem Ruf der Stadt. Inzwischen ist jedoch die Erinnerung an das erste Konzentrationslager der Nazis eine feste Institution in Dachau.