Das Thema Die Befreiung durch Amerika
Am 1. April 1945 erreichen amerikanische Truppen unter General George S. Patton Thüringen. Zwar leisten SS und versprengte Wehrmachtseinheiten vereinzelt Widerstand oder sprengen Brücken, doch der Angriff geht zügig voran.
Schock für US-Soldaten: das Außenlager Ohrdruf
Im KZ Ohrdruf, einem Außenlager Buchenwalds, hören die Wachen am 3. April 1945 die Kettengeräusche amerikanischer Panzer. Sie zwingen die Gefangenen, die noch laufen können, zum Abmarsch. Andere werden auf LKWs verladen. Viele Häftlinge, die zum Transport zu schwach sind, erschießen sie. Als die Amerikaner eintreffen, finden sie zahlreiche Leichen. Im Operations-Report vom 4. April steht: "Kampferfahrene Veteranen, die dem Tod schon oft begegnet waren, blickten schweigend auf das Nazi-Schlachthaus. Manche weinten. Den Tod auf dem Schlachtfeld konnten sie verstehen. Dieses vorsätzliche, bestialische Morden aber ging über ihre Vorstellungskraft". Selbst General Patton, ein nüchterner Haudegen, ist erschüttert. Ohrdruf, sagt er, ist einer der entsetzlichsten Orte, die er je sah.
Die "Washington Post" schlägt Alarm
Am 9. April 1945 erscheint in der "Washington Post" ein ausführlicher Artikel über das Außenlager Ohrdruf. Erstmals erfährt die amerikanische Öffentlichkeit von den Konzentrationslagern und reagiert bestürzt. Vielen US-Bürgern, die das Kriegsengagement ihres Präsidenten Roosevelt an der Seite Großbritanniens mit Skepsis betrachtet haben, erschließt sich erst jetzt die moralische Berechtigung des Kampfes im fernen Europa. Vor aller Welt, so die Meinung, haben die Deutschen ihr Gesicht verloren.
Buchenwald wird befreit
Im Zuge der weiteren Besetzung Thüringens betreten Amerikaner am 11. April 1945 das KZ Mittelbau-Dora nahe Nordhausen. Mittelbau-Dora war bis Herbst 1944 ein Außenlager Buchenwalds und erhielt dann den Status eines selbständigen KZ. Noch am selben Tag erreichen US-Truppen das von den meisten SS-Leuten bereits verlassene Buchenwald. Hier haben inzwischen die Häftlinge die Verwaltung übernommen. 21.000 Gefangene erleben die Ankunft der Amerikaner. Am 15. April trifft General Patton ein und befiehlt, dass mindestens 1.000 Einwohner Weimars das KZ besichtigen müssen. Dies geschieht am 16. April.
Der Schwur von Buchenwald
Am 19. April 1945 versammeln sich die Häftlinge zu einer Trauerkundgebung und legen einen in französischer, russischer, polnischer, englischer und deutscher Sprache vorgetragenen Schwur ab.
Kameraden!
Wir Buchenwalder Antifaschisten sind heute angetreten zu Ehren der in Buchenwald und seinen Außenkommandos von der Nazibestie und ihrer Helfershelfer ermordeten 51.000 Gefangenen!
51.000 - erschossen, gehenkt, zertrampelt, erschlagen, erstickt, ersäuft, verhungert, vergiftet - abgespritzt.
51.000 - Väter, Brüder - Söhne starben einen qualvollen Tod, weil sie Kämpfer gegen das faschistische Mordregime waren.
51.000 - Mütter und Frauen und hunderttausende Kinder klagen an!
Wir lebend gebliebenen, wir Zeugen der nazistischen Bestialitäten sahen in ohnmächtiger Wut unsere Kameraden fallen.
Wenn uns eins am Leben hielt, dann war es der Gedanke: Es kommt der Tag der Rache! Heute sind wir frei!
Wir danken den verbündeten Armeen, der Amerikaner, Engländer, Sowjets und allen Freiheitsarmeen, die uns und der gesamten Welt Frieden und das Leben erkämpfen. Wir gedenken an dieser Stelle des großen Freundes der Antifaschisten aller Länder, eines Organisatoren und Initiatoren des Kampfes um eine neue demokratische, friedliche Welt, F. D. Roosevelt. Ehre seinem Andenken!
Wir Buchenwalder, Russen, Franzosen, Polen, Tschechen, Slowaken und Deutsche, Spanier, Italiener und Österreicher, Belgier und Holländer, Engländer, Luxemburger, Rumänen, Jugoslawen und Ungarn kämpften gemeinsam gegen die SS, gegen die nazistischen Verbrecher, für unsere eigene Befreiung.
Uns beseelte eine Idee: Unsere Sache ist gerecht - Der Sieg muss unser sein! Wir führten in vielen Sprachen den gleichen, harten, erbarmungslosen, opferreichen Kampf und dieser Kampf ist noch nicht zu Ende. Noch wehen Hitlerfahnen! Noch leben die Mörder unserer Kameraden! Noch laufen unsere sadistischen Peiniger frei herum!
Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Appellplatz, an dieser Stätte des faschistischen Grauens: Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht! Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.
Zum Zeichen Eurer Bereitschaft für diesen Kampf erhebt die Hand zum Schwur und sprecht mir nach: WIR SCHWÖREN!