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Das Thema Kindheit im Lager

Stand: 20.01.2014 | Archiv

Denkmal für alle Häftlinge des KZ Buchenwald auf dem ehemaligen Appellplatz | Bild: Sammlung Gedenkstätte Buchenwald

Schon während der Aufbauzeit des Lagers kommen die ersten Kinder und Jugendlichen, meist Sinti und Roma, zusammen mit den Eltern in das KZ. Im Laufe des Krieges steigt infolge fortschreitender Deportationen, vor allem aber mit den Evakuierungstransporten 1944/45 die Zahl minderjähriger Gefangener aus verschiedenen Ländern.

Die Kinder von Buchenwald

Im Lager, in dem ein archaischer Kampf ums Überleben herrscht, zählen die Kinder zu den Schwächsten. Zudem erhalten die Kleinsten, die nicht arbeiten müssen, nur geringe Essensportionen. Einige machen sich älter als sie sind, um in Arbeitskommandos zu gelangen.

Die Schwächsten erfahren die Solidarität von Mithäftlingen

Politische Gefangene wie der Gewerkschafter Willi Bleicher (1907-81) nehmen die Kinder unter ihre Obhut und sorgen dafür, dass junge Juden nicht deportiert oder "sonderbehandelt" werden. Der Kommunist Robert Siewert (1887-1973) wird zur "Vaterfigur aller Buchenwälder". Er kümmert sich mit anderen Angehörigen der illegalen Widerstandsorganisation um die Unterbringung und Verpflegung in den Kinderblocks 8 und 66. Es gelingt ihm auch, die SS von der Notwendigkeit einer Maurerschule zu überzeugen. Junge Polen erhalten zudem Deutschunterricht - unter dem Vorwand, dass künftige Arbeitssklaven Deutsch sprechen sollen.

Als die Amerikaner am 11. April 1945 Buchenwald erreichen, befinden sich knapp 1.000 Kinder und Jugendliche zwischen drei und siebzehn Jahren im Lager.

Buchenwald nach 1945

Im August 1945 übernimmt der sowjetische Geheimdienst NKWD das KZ Buchenwald. Im Speziallager Nr. 2 sitzen nun ehemalige Nationalsozialisten und politische Gegner aus der Sowjetischen Besatzungszone. Im Zeitraum 1945-50 werden erneut tausende Menschen in Buchenwald eingesperrt. Wenngleich die Haftbedingungen nicht mit denen während der NS-Herrschaft vergleichbar sind, sterben zahlreiche Gefangene.

Zu DDR-Zeiten wird in Buchenwald eine Gedenkstätte eingerichtet, in der vor allem der kommunistische Widerstand gewürdigt wird. Die Gedenkstätte feiert die "Selbstbefreiung" Buchenwalds 1945 und verschweigt weitgehend den Beitrag der Amerikaner. Tatsächlich wurde Buchenwald von innen und außen befreit; wären die US-Panzer nicht erschienen, hätte die rote Untergrundorganisation das Lager nicht übernehmen können. In der Gedenkstätte Buchenwald dominiert bis 1989/90 ein einseitiges DDR-Geschichtsbild, den Besuchern soll vor allem das Wesen des Faschismus im Sinne einer Diktatur des Finanzkapitals vermittelt werden.

Figurengruppe von Fritz Cremer vor dem Glockenturm des 1958 eingeweihten Buchenwald-Mahnmals.

Im Westen ist Interesse an Buchenwald während des Kalten Krieges gering. An vermeintlichen Heldentaten von Kommunisten ist niemand interessiert. Nach der Wende beginnt eine erregte Debatte über die Rolle der "roten Kapos". Kommunistische Buchenwaldhäftlinge sehen sich als Kollaborateure diffamiert. Die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora erinnert an die Opfer des NS-Terrors und des sowjetischen Geheimdienstes.


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