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Der Auwald Die Aue

Stand: 03.04.2017 | Archiv

Schilfgürtel und Auwald, Altrheinlandschaft im Frühling | Bild: picture-alliance/blickwinkel

Die Aue (mhd. ouwa = Land am Wasser) ist ein flussnaher Bereich, der von Hochwasser erfasst wird. Ein Wechsel aus Überschwemmung und Trockenzeit prägt und gestaltet diesen Raum. Im Quellbereich eines natürlichen Flusses befinden sich noch keine Auen. Am Oberlauf überwiegen nur flach überflutete Gebiete, Auen sind allenfalls als schmale Bänder vorhanden. Im Mittel- und Unterlauf verändert sich der Fluss stetig, er mäandriert stark, verschiedene Landschaften entwickeln sich. Hier, in den ausgeprägten Auen, entstehen immer neue Lebensräume. Im Mündungsbereich eines Flusses entfaltet sich schließlich das Delta mit fruchtbaren Schlickstandorten; einstige Auenlandstriche in diesem Flussabschnitt werden heute meist landwirtschaftlich genutzt.

Auwald - kein Leben ohne Wasser

Die Wälder entlang eines Fließgewässers werden als Auwälder bezeichnet. Sie leben mit dem Wasser, hier sind seltene Pflanzen- und Tierarten zu Hause. Die Flüsse bringen nährstoffreiche Sedimente und Pflanzensamen - Basis für eine Artenvielfalt - in die Auwälder und lagern sie dort ab. Das bedeutet: Auwald wird von Natur aus gedüngt. Tiere gelangen beispielsweise auf Treibholz in die Auwälder, Verluste werden durch diese Art der Einwanderung schnell wieder ausgeglichen. So ermöglicht der Fluss eine permanente genetische Erneuerung in den Auen, hohe Produktivität und Artenreichtum.

Lebensgemeinschaften der Auwälder

Die Standortverhältnisse in den Auen sind höchst unterschiedlich: Einige Bereiche sind stark, andere wenig, manche gar nicht überflutet; zudem gibt es grundwasserabhängige und grundwasserunabhängige Plätze. Diese wechselnden Lebensbedingungen stellen Pflanzen vor besondere Herausforderungen.

Direkt am Fluss liegt die Röhrichtzone. Das Schilf in diesem Bereich erträgt hohe Wasserstände über lange Zeit.

Kaum hat der Fluss eine Schotterbank aufgehäuft, siedeln sich Pionierbaumarten wie Weiden und Pappeln an. Ihre langen, weit verzweigten Wurzeln spielen bei der Konsolidierung der Bodenoberfläche eine wichtige Rolle, ihre Blätter und Sprossen filtern Sedimente aus dem Wasser. So bildet sich allmählich ein Oberboden, auf dem neue Pflanzengesellschaften wachsen können.

Sandige Standorte in Ufernähe bzw. am Rand eines Altwassers, die bis zu 180 Tage/Jahr überflutet sind, werden als Weichholzaue bezeichnet. Hier behaupten sich Silberweide, Schwarzpappel, Grauerle und Strauchweide. Diese Pflanzen haben über einen langen Zeitraum "nasse Füße", sie müssen Wasserdruck und Wasserzug standhalten und leiden unter Sauerstoffmangel im Wurzelbereich. Erlen und Weiden sind wahre Überlebensexperten: Am Stamm bilden sie bei Überschwemmung Wurzeln aus, die Sauerstoff direkt aus dem Wasser aufnehmen. Weidenblätter sind schmal und nachgiebig, ihr Wasserwiderstand ist minimal. Die Bruchweide verfügt sogar über Soll-Bruchstellen an den Ästen.

Auf Schotter- oder Sandinseln, die vom Fluss durch Ablagerung geschaffen wurden, entwickeln sich Trockenlebensräume auf denen "Hungerkünstler" wie der Magerrasen wachsen. Findet keine weitere Überschüttung statt, können Kiefern gedeihen und einen Trockenwald bilden.

Flussferner gelegene, lehmige Standorte mit Überflutungszeiten bis zu einem Vierteljahr nennt man Hartholzaue. Auf den gefestigteren Böden, unter deren Oberfläche das Grundwasser nicht so dicht ansteht, wachsen Bäume wie Stieleiche, Feld-/Flatterulme und Ahorn, in der Strauchschicht sind Weißdorn, Schlehe und Pfaffenhütchen zu finden. Wilder Hopfen, Waldrebe und Efeu - typische Schlingpflanzen - geben der Hartholzaue mancherorts einen "Dschungel"-Charakter. Der nährstoffreiche Auenboden bringt auch eine artenreiche Krautflora hervor. Scharbockskraut, Buschwindröschen und Gelbes Windröschen sind häufig auftretende Auwaldbewohner. Mit zunehmender Entfernung vom Fluss geht die Hartholzaue in flache Laubmischwälder mit Eichen-, Buchen-, Hainbuchen-, Erlen- und Eschenbestand über. Die Bäume der "trockenen" Hartholzaue werden von Förstern und Waldbesitzern geschätzt, weil sie gut verkäufliches Holz etwa für die Möbelproduktion liefern.


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