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Schönheit des Mysteriums

Stand: 05.04.2017 | Archiv

Mitra des Patriarchen Nikon (17. Jahrhundert) | Bild: picture-alliance/dpa

Sie sind unsere älteren Brüder und Schwestern, unsere fremd gewordenen Verwandten ersten Grades: Die Begegnung mit dem orthodoxen Christentum ist ein spannendes Familienfest mit überraschenden Gemeinsamkeiten und Entdeckungen.

Mose ist neugierig. Er möchte Gott von Angesicht zu Angesicht sehen. Das bringt den Herrn in Verlegenheit. Er will seinem Knecht die Bitte nicht rundweg abschlagen. Schließlich hat er Mose dazu auserwählt, das Volk Israel aus ägyptischer Gefangenschaft ins Gelobte Land zu führen. Doch die Sache hat einen Haken. Gott ist zu groß für die sterblichen Augen eines Menschen. Also schlägt er die Bitte aus. Nicht um Mose zu strafen, sondern um ihn zu schützen. "Kein Mensch wird leben, der mich sieht", begründet Gott den Rückzieher. Aber er geht einen Kompromiss ein: "Siehe", sagt er zu Mose, "es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen. Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. Dann will ich meine Hand von dir tun, und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen."

Der ferne Gott so nah

Nähe und Distanz, Erbarmen und Unnahbarkeit, Glanz und Dunkelheit, Gnade und Geheimnis sind in dieser Gottesbegegnung paarweise verwoben. So, wie sie auch im orthodoxen Glauben unauflöslich miteinander verwoben sind. Für die orthodoxe Kirche ist Gott nicht der gutmütige, in die Jahre gekommene, freundliche ältere Herr, als den ihn der Westen oft sieht. Und auch Jesus ist trotz aller Menschenliebe nicht der hemdsärmlige Kumpel, mit dem man bei einem Bierchen entspannt mal eben über Gott und die Welt plaudern kann.

Für die orthodoxe Kirche ist die Natur Gottes ein tiefes Geheimnis. Worte können es nicht erschöpfen, der Verstand kann es nicht in Begriffe und Kategorien zwängen, die Logik stückelt es nicht für menschliche Belange zurecht. Die Wirklichkeit Gottes ist in Dunkelheit und entzieht sich jedem rationalen Zugriff. Sie ist die Wirklichkeit, die schon Mose erfahren hat: Nähe und Distanz, Erbarmen und Unnahbarkeit, Glanz und Dunkelheit, Gnade und Geheimnis, Gegenwart und Vorübergehen zugleich.

Das Leuchten der Dunkelheit

Die Unfassbarkeit des Mensch gewordenen Gottes und seines Erbarmens ist ein heiliges Mysterium, ein unergründliches Geheimnis und eine geistige Schönheit, die das orthodoxe Christentum in seiner reichen Liturgie, in seiner Symbolik, in der Pracht seiner Gottesdienste seit fast 2.000 Jahren in ungebrochener Tradition feiert.

Massentaufe

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