Bayern 2 - Die Welt am Morgen


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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Abschied ist ein scharfes Schwert

Während der Bundesadler müde seine Kreise zieht, ziehen Politik und Fußball weiter. Müller macht's vor und lässt unseren Wappenvogel sentimental zurück. Kann er sich von diesem Schlag erholen oder bleibt nur der Rückzug ins Steinerne Meer? Eine Glosse von Peter Jungblut.

Von: Peter Jungblut

Stand: 16.07.2024

Jetzt ist das Urvertrauen bei unserem Bundesadler wohl endgültig hinüber, denn Fußballer Thomas Müller sagte ihm nach eigenen Worten persönlich „Servus“ und verabschiedete sich damit aus der Nationalmannschaft.

Hoffentlich ist unser Wappentier in der Lage, sich auf andere Menschen einzulassen. Die derzeitigen Meinungsumfragen sprechen ja eher dagegen, jedenfalls in Ostdeutschland. Sieht nicht so aus, als ob unser Adler noch Lust auf Neues hat, er ist ja auch nicht mehr der Jüngste und musste seit Karl dem Großen schon ziemlich viele Schicksalsschläge hinnehmen. Erst verließen ihn die Geissens Richtung Monaco, dann wurde Jürgen Drews König von Mallorca und sogar Heino wohnt in Kitzbühel!

Die roten Krallen unseres Greif konnten sie alle nicht halten, und Handspiel ist diesem imposanten Raubvogel ja leider nicht möglich, nicht mal bei Thomas Müller. Insofern wäre es nicht verwunderlich, wenn unser schwarzer Aar ab sofort überhaupt keine menschliche Nähe mehr zulässt und sich den Rest seiner Tage ins Steinerne Meer zurückzieht, um aus den Eingeweiden der Gämsen die Mannschaftsaufstellung von 2026 herauszulesen.

Ob der Bundesadler sich unter diesen Umständen eine stabile Fernbeziehung mit Julian Nagelsmann vorstellen kann, sei dahingestellt. Das Tier ist ja nicht nur von Thomas Müllers Abschied schwer traumatisiert, sondern auch von den viel diskutierten DFB-Trikots: Keiner hat daran gedacht, dass Raubvögel deutlich schärfere Augen haben als wir Menschen und Farben viel greller wahrnehmen. Was das Rosa beim Adler angerichtet hat, lässt sich nur erahnen: Womöglich wurde er durch die EM transalpin und liebt jetzt die Dolomiten, auch die non-binären, besser bekannt als Drei Zinnen.

Hier und da ein Kaninchen im 16-Meter-Raum oder ein unaufmerksames Murmeltier auf der Sponsorenbank

Schön wäre es für den Greif ja, wenn er jetzt, wo er von Thomas Müller verlassen wurde, etwas Ablenkung bekäme: Hier und da ein Kaninchen im 16-Meter-Raum oder ein unaufmerksames Murmeltier auf der Sponsorenbank. Noch leckerer wäre natürlich eine Portion Aas, aber seit der 1. FC Köln seine Geißböcke ausstopfen lässt, finden sich in Fußballstadien kaum noch Kadaver. Klar, es riecht irgendwie komisch, aber das kommt aus dem Bayerischen Landtag: Dort verwest gerade die SPD. Deren Fraktions- und Parteichef Florian von Brunn hat das auch nicht mehr ausgehalten, und mit Nasenklammern wollte er anscheinend nicht ans Rednerpult eilen, da trat er lieber zurück.

Ja, die Partei ist kein schöner Anblick mehr, aber bisher wurde noch kein Testament gefunden. Womöglich wird sie anonym in der „Süddeutschen Zeitung“ bestattet. Die dortigen Kommentare lesen sich jedenfalls wie frisch ausgehoben. Wie lange die bayerische SPD schon tot ist, könnte eventuell Tatort-Mediziner Karl-Friedrich Boerne feststellen, dazu müsste er die SPD allerdings umdrehen, was Olaf Scholz bisher strikt ablehnt. Er will sie so in Erinnerung behalten, wie er sie als Juso bekämpft hat. Dem Bundesadler läuft derweil das Wasser im Schnabel zusammen, denn er sieht im Landtag ja nicht nur die leblosen Teile der bayerischen SPD verstreut, sondern hat auch ständig die ausgesprochen leckeren Meinungsumfragen der Gesamtpartei in der Nase. Noch atmet sie, aber  das ist kein Grund, das Mittagessen zu verschieben. 


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