Ende der Welt - Die tägliche Glosse Auf der Suche nach dem Ende
Alles hat ein Ende – so heißt es landauf, landab in der Literatur, in Gedichten, in Diskussionen. Das ist nachweislich falsch. Vielleicht gibt es gar kein Ende, denn: In jedem Ende liegt ja ein neuer Anfang. Begeben wir uns also auf die Suche nach dem Ende. Schließlich heißt diese Kolumne ja „Ende der Welt“….
Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei – mit diesen philosophischen Gedanken beginnt ein Lied, das Stephan Remmler und seine Band Trio seinerzeit, 1987, zum Besten gegeben haben. Geklaut haben sie diese Erkenntnis allerdings bei dem englischen Dicher Sir Walter Scott, der 1826 in seinem Cavalier-Roman den Bürgermeister sagen ließ: “‘Everything hath an end, and that which we call a pudding hath two". Damit widersprechen sowohl Trio als auch Scott fundamental der Aussage, ein Ende sei einzigartig.
Für die Wurst ist diese These schon mal falsch. Wobei man das Ende wirklich in Frage stellen muss, nicht nur bei Fleischerzeugnissen. Gibt es das überhaupt? Oder ist nicht, wie eine ganze Reihe von Liedtexten behaupten, jedes Ende auch ein neuer Anfang? Peter Maffay hat da bahnbrechendes geleistet, immerhin war er 16 und sie 31, als das ganze seinen Anfang nahm…
Wo sind Anfang und Ende? Zum Beispiel bei der Autobahn. Auch wenn es Verkehrsschilder gibt, die behaupten, hier sei die Autobahn zu Ende? Man braucht sich doch nur umzudrehen, dann beginnt sie an genau dieser Stelle, und aus dem Ende wird ruckzuck ein Anfang.
Oder, anderes Beispiel: Der Reißverschluss. Wo ist da bitte das Ende? Unter dem Kinn, da, wo man, so die Halsfalte ausladend genug ist, fast zwangsläufig mit der Haut in die Reißverschlusszähne gerät? Oder doch ganz unten am Kleidungsstück, da wo man – obacht – anfängt, sich einzufädeln? Kann doch auch nicht das Ende sein, es sei denn, man verhakt sich dermaßen, dass der ganze Verschluss kaputt ist.
Nun heißt diese Kolumne ja „Ende der Welt“ – und auch das ist, Verzeihung, liebe Namensfinder, natürlich im Großen und Ganzen betrachtet nicht ganz korrekt. Denn die Welt, wäre denn diese als Gesamtkomplex gemeint, hat kein Ende, nicht mal zwei, wie die Wurst von Trio. Gemeint ist hier natürlich das Ende der Sendung „Welt am Morgen“, und dann stimmt es wieder, aber auch nur für heute, denn morgen, ausnahmsweise übermorgen, weil morgen Feiertag ist, gibt es ja schon wieder eine neue Welt am Morgen, einen Neuanfang, und keineswegs ein Ende.
Wir sind ratlos, beißen in die erwähnte Wurst
Jetzt haben wir Musik, Reißverschlüsse, Autobahnen, Bock- oder Bratwürste, diese Kolumne, und nirgendwo ist ein klares, definiertes Ende zu sehen. Was tun? Vielleicht hilft ein Blick auf den Sport weiter, zum Fußball. Da heißt es doch, ein Spiel endet nach 90 Minuten. Können Sie sich an ein Fußballspiel erinnern, das pünktlich, nach 90 Minuten, zu Ende war? Nein, immer gibt es diese verflixte Nachspielzeit, in der fast regelmäßig das entscheidende Tor für die gegnerische Mannschaft fällt.
So kommen wir auf der Suche nach dem Ende nicht weiter. Viele wollen ja auch gar nicht, daß es zu Ende geht – Künstler wie Oasis mit den zwei feindlichen Brüdern beispielsweise, die nach Jahrzehnten der Pause doch wieder anfangen zu singen, obwohl sie eigentlich längst fertig waren. Oder Stephan Raab, der doch wieder gegen Regina Halmich in den Ring steigt und sich verprügeln lässt, obwohl der Gag eigentlich spätestens nach dem ersten Mal zu Ende war? Das könnte eine unendliche Geschichte werden – und die wiederum hat ja Michael Ende (!) schon beschrieben, in seinem Bestseller. Wir sind ratlos, beißen in die erwähnte Wurst – an welchem Ende ist in diesem Fall egal – greifen zu einer CD, um uns abzulenken, und sehen darauf den Titel : Party ohne Ende“. Na bitte. Das Ende gibt es nicht, nirgends. Damit aber ich endlich doch ein Ende finde, mache ich mit diesem Text einfach Schluß…