Ende der Welt - Die tägliche Glosse Auseinander!
Das die Bahn fährt und steht, wie sie will, damit haben sich viele ja schon abgefunden, aber neuerdings steht man sich auch noch am Flughafen die Beine in den Bauch. Und keiner tut was. Oder? Am anderen Ende der Welt jedenfalls sieht die Sache ganz anders aus, am Flughafen von Dunedin in Neuseeland. Aber will man wirklich tauschen? Eine Glosse von Ralf Thume.
Sagt Ihnen Dunedin was? Nein? Macht nichts. Ist ja auch weit genug weg. So heißt eine Stadt. In Neuseeland. Die zweitgrößte Stadt auf der Südinsel, um genau zu sein. War mal die reichste Stadt im ganzen Land. Aber das ist lange her. Vor ein paar Jahren hat man sich dann was überlegt, um wieder auf die Beine zu kommen: eine Imagekampagne. Zur freundlichsten Stadt Neuseelands sollte Dunedin werden. Aber auch damit hat man’s nicht in die Schlagzeilen geschafft.
Das hat sich jetzt gründlich geändert. Die Manager des internationalen Flughafens von Dunedin haben nämlich ein Verbot rausgehauen, das weltweit Standards setzt: Auf den Kurzzeitparkplätzen im Abflugbereich dürfen sich Abreisende und Daheimbleiber nur noch drei Minuten lang umarmen. Maximal. Damit das Scheiden so richtig weh tut. Herzlich willkommen auf dem unfreundlichsten Flughafen Neuseelands!
Woran haben die Manager dabei bloß gedacht?
Woran haben die Manager dabei bloß gedacht? An den Profit natürlich! Von Dunedin lernen heißt fliegen lernen – und zwar ratzfatz. Kein nicht enden wollendes Drücken, Streicheln, Liebkosen mehr, gleich ab in den Sicherheitscheck zum Befummeltwerden. Taschentuch rein, Bordkarte raus.
Genauer besehen ist das Ganze wahrscheinlich eine Sache der Geografie. Und der daraus folgenden Mentalität. Dunedin hat 120.000 Einwohner, verteilt auf eine Fläche von 3.300 Quadratkilometer. Und ist damit die Stadt mit der geringsten Bevölkerungsdichte aller Städte, die sich überhaupt so nennen dürfen. Da kommt man sich nicht einfach so nah. Wie in München zum Beispiel. Grad mal 310 Quadratkilometer, darin reingepfercht knapp 1,6 Millionen Menschen.
Zeig mir deine Stadt und ich zeige dir deinen Flughafen: Sie erinnern sich, die kilometerlangen Schlangen am 3. Oktober im Abflugbereich, vor dem Abflugbereich und vor dem Terminal mit dem Abflugbereich? Eine peinliche Panne? Nein, eine grandiose Gelegenheit - wenn man schon nicht loskommt -, den Liebsten, die Liebste, die Liebsten einfach nicht loszulassen, stundenlang. Noch dazu am Tag der deutschen Einheit! Seid umschlungen, Millionen, verschlungen am liebsten mit Haut und Haar in der Warteschlange durchs Erdinger Moos. Eine patriotische Performance hätte das werden können. Schade, dass es niemand erkannt hat. Aber vielleicht denken Sie dran. Bevor Sie jetzt einen Flug nach Dunedin buchen. Nur um mal wo zu sein, von wo man schnell wegkommt.