Ende der Welt - Die tägliche Glosse Goldfische hüten im Urlaub
Während für die einen ja die schönste Zeit des Jahres ansteht – die Urlaubszeit – sind andere über alle Maßen gefordert. Das sind die, die auf das Hab und Gut der Nachbarn in just dieser Zeit aufpassen sollen. Warum besondere Vorsicht geboten ist, wenn Sie jemand bittet, Hedwig oder Hermann zu füttern – auch darum geht´s im heutigen Ende der Welt. Eine Glosse von Susanne Rohrer.
Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen – dieser kleine Vers stammt vom deutschen Lyriker Matthias Claudius aus dem 18. Jahrhundert und wird sich auch in diesem Jahr zum Start in die Sommerferien wieder bewahrheiten.
Wobei der Herr Claudius ja offensichtlich easy von Mexiko nach Japan gelangt, ohne die Tücken des Transportmittels auch nur zu erwähnen. Bei ihm ist weder die Rede von der verzweifelten, nachgerade dehydrierten Suche nach einem befüllten Getränkeautomaten auf Bahnsteig Nummer 17, noch von der Nervenzerreißprobe an Baggage claim 4 auf seinen liebevoll gepackten Koffer zu warten und er kommt nicht, kommt nicht. Genau so wenig Beachtung findet die Frage, wie man Kinder zankfrei in 10 Stunden bei 36 Grad vom Brenner an den Gardasee bringt. Aber das nur als Randnotiz.
Was Matthias Claudius völlig entgangen ist, ist die Tatsache, dass der, der KEINE Reise tut, deutlich mehr zu erzählen hat – denn der passt ja in der Zwischenzeit auf das Hab und Gut des Nachbarn auf. Und DA kann man was erleben.
Vergessen Sie abgelaufene Reisepässe und gerissene Keilriemen: die echten Herausforderungen finden sich im trauten Heim des Nachbarn. Deswegen als Tipp hier die oberste Prämisse: nehmen Sie nur Dinge in Ihre Obhut, die man schnell und geräuschlos ersetzen kann. Goldfische beispielsweise sind gut, die sind nicht gechipt, da spielt nur die Farbe eine Rolle - wenn es denn Goldfische waren :-). Eine Monstera ist da schon eine größere Aufgabe - wie der Name bereits sagt - die in der richtigen Größe wieder zu finden - eine Herausforderung.
Sie können die Urlaubszeit Ihres Nachbarn auch sinnvoll nutzen
Und zu besonderer Vorsicht rate ich, wenn Sie gebeten werden, 2 Wochen lang Hedwig oder Hermann zu füttern. Hier handelt es sich um…Sauerteig. Der Sauerteig ist ja, wenn man so will, auch ein Lebewesen und wird deswegen auch gerne mit Namen bedacht - mit altdeutschen Namen. Und seit jede und jeder meint, er müsse der Bäckerei ums Eck die Existenzgrundlage entziehen, finden sich viele solcher Hedwigs in bundesdeutschen Haushalten. Ihre Hege ist extrem anspruchsvoll. Sie wohnen meist in der Kühlschranktür, obwohl sie es lieber wärmer hätten, sie brauchen ein bisschen Sauerstoff und spätestens alle 5 Tage ein Löffelchen Mehl und zwei Löffelchen Wasser – am liebsten immer zur gleichen Uhrzeit. Auch mit ihr oder ihm zu sprechen wird empfohlen. Die sich anbahnende Krise ist leicht zu erkennen: Hedwig wechselt die Farbe – von bahama-beige zu schwarz-braun- und beginnt nach Nagellackentferner zu riechen. An dieser Stelle werden Sie Abschied nehmen müssen - und mit einem leeren Gurkenglas auf die Suche nach Ersatz gehen – vielleicht jetzt doch zur Bäckerei ums Eck - sonst können Sie was erleben…
Weil ich Sie aber nicht mit diesem tristen Gedanken in den Tag schicken möchte, noch eine kleine Empfehlung zum Schluss: Sie können die Urlaubszeit Ihres Nachbarn auch sinnvoll nutzen und ihm zum Beispiel ein paar kleine Stichlinge in seinen Tümpel setzen. Ich habe das schon mal probiert – Sie verringern damit den Mückenbestand im Umfeld und die Unterhaltung im nachbarlichen Garten ist wirklich unbezahlbar: „Schatz, wir haben Fische im Teich, die muss ein Vogel mitgebracht haben“. Ja, wer hätte noch nie einen Vogel mit einem Fisch im Schnabel über Bayern fliegen sehen – Wunder gibt es immer wieder – gerade zur Urlaubszeit.