Ende der Welt - Die tägliche Glosse Hundeführerschein
Es gibt Füllerführerscheine, PC-Führerscheine, Lötführerscheine, Brotführerscheine - und bald auch einen bundesweiten Hundeführerschein? Da stellt sich nicht nur die Frage: Automatik- oder Lederleine? Eine Glosse von Michael Zametzer.
Ich schreibe gern mit dem Füller. Selbst einem mit Tinte verfassten Einkaufszettel haftet etwas Lyrisches an: „150 Gramm von der groben veganen Landleber“ – Ein Gedicht! Nur mit dem Entziffern ist's schwer, denn meine Tintenschrift ist kaum lesbar, ziemlich klecksig und verwischt. Das mag daran liegen, dass ich Linkshänder bin, vor allem aber: Weil ich keinen Füllerführerschein habe! Gab‘s damals noch nicht. Meine gesamte Nachkommenschaft dagegen kann den Füllerführerschein bei Kontrollen sofort zücken! Die haben das gelernt, die sind dazu befähigt! Ein gutes Gefühl! Und ein so deutsches Gefühl.
Wir kennen die deutsche Lust am Eignungsnachweis aus vielen Lebensbereichen: Schon vor der Geburt wird werdenden Eltern der Babyführerschein nahegelegt. Ohne PC-Führerschein sollte sich niemand vor den Bildschirm setzen, ohne Lötführerschein lieber den Kolben wieder aus der Hand legen, der Brotführerschein befähigt zum fachgerechten Verkauf von Brot. Und der Autoführerschein – klar – ist auch gleich noch Initiationsritus in die Welt der hupenden, drängelnden, motorisierten Erwachsenen.
Einen bundesweiten Hundeführerschein fordert die erste bundesweite Tierschutzbeauftragte schon seit langem, und das aus Gründen. Bei übervollen und personell unterbesetzten Tierheimen ist man natürlich froh um jeden vierbeinigen besten Menschenfreund, der nicht dort sein trauriges Hundeleben fristen muss. Deshalb soll eine spezielle Ausbildung Frauchen und Herrchen zum Führen eines Hundes qualitativ befähigen.
Aber sitz – äh halt! Was so einfach klingt, erweist sich als Konzept mit vielen Fragezeichen!
Aber sitz – äh halt! Was so einfach klingt, erweist sich als Konzept mit vielen Fragezeichen! Das geht schon bei der Frage los, für welche Hunde ein Führerschein gelten soll. Wird es – wie beim Auto – verschiedene Führerscheinklassen geben? Und wie werden die Kategorien eingeteilt? Nach Schulterhöhe des zu führenden Hundes? Dann wären eben Besitzer eines Hundeführerscheins der Klasse Yorkshire Terrier berechtigt zum Führen eines Chihuaha, aber nicht zum Ausführen eines Dobermanns. Andererseits könnten die Scheine abwärtskompatibel sein. Analog zum Autoführerschein der Klasse B, der auch gleich Mofa, Moped und Motorroller miteinschließt, könnte der Führerschein für Deutsche Dogge, Afghane und Irischem Wolfshund eben auch die Gassi-Erlaubnis für Basset, Cockerspaniel und Langhaardackel einschließen. Wer den „Wotan“ mit 80 cm Schulterhöhe in Zaum halten kann, dürfte schließlich mit der 40 cm hohen „Hexi“ keine Probleme haben. Oder soll es künftig doch nach Felllänge gehen?
Aber damit ist es ja nicht getan. Berechtigt eine an der Automatikleine abgelegte Prüfung auch zum Führen eines Hundes an der Lederleine? Und dann natürlich die Frage: wer kontrolliert denn die Führerscheininhaber und Inhaberinnen? Die Polizei? Das Ordnungsamt? Der Tierschutzverein? Und wo? Parkbucht an der Ausfallsstraße ergibt wenig Sinn. Sollte die Polizei diese Aufgabe künftig übernehmen, würden die Beamten wahrscheinlich in Parks und auf Hundewiesen stichprobenartig tätig werden: „So Grüß Gott! Allgemeine Haustierkontrolle – Hundeführerschein und Zuchtpapiere bitte…so dann schauen wir mal – Hundemarke, Kotbeutel haben sie dabei? Lassens ihn doch mal Sitz machen, bitte! Und Apport…oh oh oh…da, mein ich, müss ma aber noch mal zur Nachprüfung. Sind sie mit einer Verwarnung von drei Leckerli einverstanden?“