Ende der Welt - Die tägliche Glosse Y2K: Erstens kommt es anders, zweitens als man fürchtet
Wer erinnert sich noch an Y2K – das "Jahr-2000-Problem"? An Silvester 1999 war unsere größte Sorge, dass Computer aufgrund zweistelliger Datumsangaben weltweit ausfallen könnten. Viele Menschen freuen sich auch heute nicht auf den Jahreswechsel, sondern blicken voller Sorgen in die Zukunft. Zu Unrecht, weil man sich immer vor dem Falschen fürchtet. Eine Glosse von Severin Groebner.
Das Erstaunlichste an diesem heutigen Silvester ist, dass mit dem 31. Dezember 2024 der Silvestertag von 1999 ein Vierteljahrhundert her ist.
Die Jahrtausendwende ist also jetzt 25. Das heißt: Sie darf schon seit längerem wählen, ein Auto lenken und sollte bald mit ihrem Studium fertig werden.
Damals aber - Silvester 1999 - war die Stimmung aufgeregt.
Fragen schwirrten durch den Raum: Wen kriege ich dieses Jahrtausend noch rum? Wie wird Blume 2000 im nächsten Jahr heißen? Und natürlich: Was werden die Computer machen?
Denn seit Wochen geisterten böse Vorahnungen durch die Medien. Man nannte es das "Jahr-2000-Problem". Oder Milleniums-Bug. Denn die Computer und ihre Datumsanzeige machten Probleme.
Das könnte böse enden.
Beziehungsweise böse anfangen … das neue Jahrtausend, weil nur aufgrund von zweistelligen Datumsangaben in den Computern ganze Systeme kollabieren würden. Schließlich schalte man um von 99 auf 00 und dann wäre man wieder im Jahr 1900. Zumindest für den Computer.
Gut, da konnten sich Monarchisten freuen: Endlich wieder ein Kaiser und ein schwaches Parlament. Aber die Computer würden womöglich verrückt spielen, Versicherungen kollabieren, weil in ihren Datenbanken alle 30-Jährigen plötzlich minus 70 Jahre alt wären. In Atomkraftwerken würde die Kühlung ausfallen, Flugzeuge vom Himmel stürzen oder es könnte einen Börsencrash geben. Und das alles nur wegen zwei Nullen.
Menschen haben aufgrund dieser Vorahnungen Bargeld und Trinkwasser gehortet.
Der Trend zu Nudeln und Klopapier kam erst 20 Jahre später. Banken haben in der Silvesternacht ihre Geldautomaten abgeschaltet. Und … was geschah?
Nichts.
Also fast nichts. Es waren sehr viele Menschen sehr betrunken, auf der ganzen Welt tanzte man zu Prince "Tonight we're going to party like it’s 1999“, feierte das neue Jahrtausend und überall fand sich ein langweiliger Mathematik-Nerd, der meinte: "Eigentlich beginnt das neue Jahrtausend erst nächstes Jahr."
"Die Zukunft hat die Angewohnheit uns zu überraschen"
Und was ist noch passiert? Ah ja: In Russland hat der alte lustige Boris Jelzin Platz gemacht für den neuen Präsidenten namens … Putin. Genau um Mitternacht. Das war uns damals sehr … wurscht. Vor Russland hat man sich nicht gefürchtet.
Und? Wer lässt heute Flugzeuge vom Himmel stürzen? Vielleicht ist Wladimir Putin das immer noch ungelöste Jahr-2000-Problem.
Aber wie hat es der bulgarische Politologe Ivan Krastev kürzlich in einem Interview so schön ausgedrückt: "Die Zukunft hat die Angewohnheit uns zu überraschen."
Bevor man sich also vor dem Falschen fürchtet, kann man sich den Bammel eigentlich gleich ganz sparen. Bei schlechter Laune: Kaufen Sie sich einfach 2000 Blumen oder hören Sie sich Prince an. Hilft auch nichts, hebt aber die Stimmung.
Ein schönes 2025!