Ende der Welt - Die tägliche Glosse Katzen on Tour
Katzen sind der neueste Trend als Petfluencer. Haustiere erreichen tausende Follower und reisen um die halbe Welt. Dabei genügt doch der nächste Garten. Eine Glosse von Wolfram Schrag.
Wäre Todd ein Mensch, sein Vielfliegerstatus wäre ihm nicht mehr zu nehmen. Todd kennt die Welt wie kaum ein zweiter. Heute noch in Südosteuropa, dann in Chicago, und morgen ein kleines Treffen mit Followern in New York. Manchmal reist er mit seinem besten Kumpel Prince Louie und hat immer diesen fast schon stoischen Gesichtsausdruck, wenn die Leute auf der Straße merken. Das ist doch Todd aus Chicago. Und dann wird er geknuddelt und gestreichelt. So ist das Leben als sogenannter Petfluencer, als Influencer auf TikTok und Instagram, der selbst Haustier ist, genauer gesagt eine Hauskatze, noch genauer ein Kater.
Todd und Prince Louie sind britische Kurzhaar-Kater, die einem Spielwarengeschäft entsprungen sein könnten. Wie süüüüß ist der denn! Nun gut, der Petfluencer-Status in den sozialen Medien ist natürlich mit dem normalen Katzenleben nicht vergleichbar. Abgesehen vom Vielfliegerstatus rekeln sich Stubentiger lieber auf der Fensterbank oder auf dem Sofa und besuchen eher den Garten nebenan als die nächste Einkaufsmall. Sie jagen lieber die Maus als im Rucksack die Skyline entlanggetragen zu werden und dann den Schaum vom Frappuccino in der nächsten Coffee-Shop-Filiale zu schlecken. Obwohl, der vergane Schaum schmeckt sicher ganz ordentlich. Was tut man nicht alles für seine 170.000 Follower, dürfte der weitgereiste Todd in dem Moment stöhnen.
Es wird im Gegensatz zu Hunden eher selten vorkommen, dass Katzentiere die Leine dem Herrchen oder Frauchen vor die Füße legen
Tierverhaltensforscher warnen die Katzenliebhaberinnen und -liebhaber, ihre Daisy oder Lulu oder ihren Balu, Findus oder Tiger zu ähnlichen Werbezwecken einzuspannen. Denn wohlgemerkt. Nicht jeder mag ein Hollywoodleben, und Katzen schon gar nicht. Das beginnt schon mit dem Gassigehen an der Leine, einem der heißesten Trends momentan in der Großstadt. Wie niedlich, die laufen wie ein Hündchen.
Von wegen. Für selbstbewusste Stubentiger und bis zu einem gewissen Grad ja auch ausgeprägte Anarchisten dürfte die umgehängte Leine alles andere als einen Glücksmoment darstellen. Es wird im Gegensatz zu Hunden eher selten vorkommen, dass Katzentiere die Leine dem Herrchen oder Frauchen vor die Füße legen. Komm lass uns das Abenteuer suchen. Pahh! Ich suche mir mein Abenteuer in der nächsten Astgabel und warte auf die Amsel. Und des nächtens kenne ich jedes Mausloch und jeden Aussichtspunkt. Ich kenne mein Revier, in dem ich euch beobachte und ihr mich nicht seht.
Und so müssen wir auch ganz ernsthaft von den Veterinären erinnert werden: Die Katze als Haustier sei für richtige Spaziergänge sicherlich nicht die geeignete Wahl. Auch lange Wanderungen im Rucksack seien abzulehnen. Danke. Am besten lassen wir die Katzen medial in Ruhe. Wir schauen jetzt auch keine Katzenvideos mehr an. Und bei den Spaziergängen heißt es einfach: Leine los!