Bayern 2 - Die Welt am Morgen


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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Namentlich

Ortsnamen brauchen Eindeutigkeit. Sonst landet man dort, wo man eigentlich nicht hin will. Und da reden wir nicht von Neustadt. Eine Glosse von Severin Groebner.

Von: Severin Groebner

Stand: 04.06.2024

Heute vor 212 Jahren wurde Klarheit geschaffen. Namentlich. Denn die Vereinigten Staaten von Amerika benannten am 4. Juni 1812  das kurz zuvor erworbene Louisiana-Territorium in Missouri-Territorium um. Und zwar, um Verwechslungen mit dem Staat Louisiana zu vermeiden.

Jetzt werden Sie sich vielleicht fragen: Was geht mich das an? Ich heiße nicht Luis. Und auch nicht Anna.

Doch geografische Umbenennungen sind häufiger notwendig, als man denkt. So wurde etwa die Stadt München 1960 umbenannt. Also die Stadt München-Gladbach, die seither Mönchen-Gladbach heißt. Auch hier um Verwechslungen zu vermeiden. Auch touristisch. Reisende schätzen nunmal namentliche Eindeutigkeit. Wenn man etwa die Einladung „Kommen Sie doch mal nach Neustadt!“ erhält, stellt sich als erstes die Frage: Welches Neustadt?   
Neustadt an der Aisch, an der Donau, am Main, am Klum, an der Orla, an der Waldnaab, an der Warthe, an der Weinstraße, an der Saale oder am Rübenberge (wo man sichtlich noch den Gebrauch des Dativ-Es hochhält). Oder doch das Neustadt in Ontario / Kanada?

Andererseits hilft Unverwechselbarkeit auch nichts, wenn man es mit sprachlich herausgeforderten Mitmenschen zu tun hat: 200 Jahre nach der Umbenennung von Lousianna in Missouri - im Jahre 2012 also - buchte eine Frau aus Sachsen am Telefon einen Flug nach Porto. Dachte sie zumindest. Leider brachte sie aber ihre sächsische Aussprache der portugiesischen Stadt zu einem Ticket in das französische „Bordeaux“. Bordo oder Bordó. Klingt auf sächsisch ja ganz ähnlich.

Die USA kennen den Unterschied zwischen Missouri und Louisiana

Finanziell gesehen noch unerfreulicher ist aber jene Begebenheit, die sich in Zell an der Mosel zugetragen hat. Mir als Österreicher erzählte man dort die Geschichte des örtlichen Immoblienmaklers, der in diesem kleinen Städtchen plötzlich eine Email von Interessenten erhielt … aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Man hätte das Angebot auf seiner Homepage gesehen und würde gerne diese eine Immobilie erwerben. Besichtigungstermin? Brauche man nicht.

Das Geschäft wurde in ungewohnter Geschwindigkeit abgeschlossen und schon wenige Wochen später wurden die neuen Eigentümer vorstellig. Eine kleine Wagenkolonne sehr teurer Autos schlängelte sich durch den Weinort. Die in allen Bedeutungsebenen „gut betuchten“ Immobilienbesitzer stiegen aus und fragten den verdutzten Makler kurz nach dem Betreten ihres neuen Eigenheims, wo denn der See sei. Und wo die Berge. Denn die Araber hätten eigentlich Eigentum im österreichischen Tourismus-Mekka Zell am See erwerben wollen. So bekam der Makler zusätzlich zu seiner Provision gleich den Auftrag, die neu-erworbene Immobilie schnellst möglich wieder zu verkaufen.

Das haben die USA nicht getan. Die kennen den Unterschied zwischen Missouri und Louisiana. Da können sie jeden Amerikaner fragen. Ob in München oder Mönchen-Gladbach.


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