Bayern 2 - Die Welt am Morgen


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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Schein-Könige

Seit heute ziert Charles – the King formerly known as Prince – die britischen Pfund-Noten. Dabei hatte man sich doch auf der ganzen Welt an die Queen gewöhnt, die mit ihren Scheinen alterte. Der Schein-König King Charles erscheint auf den Banknoten dagegen etwas zu faltenfrei … Eine Glosse von Roland Söker.

Von: Roland Söker

Stand: 05.06.2024

Heute könnten sich in England lange Warteschlangen vor Banken und Geldautomaten bilden. Denn heute ist es endlich so weit: Die Königswerdung von Charles wird vollendet. Nachdem Krone, Zepter, Reichsapfel und diverse Schwerter schon im Mai 2023 großzügig auf Charles entladen wurden, kommen heute nämlich die Pfundnoten mit seinem Konterfei in Umlauf. Nun wird Charles also endgültig vom Wartemonarchen zum Schein-König.

Der erste Eindruck beim Betrachten der neuen Banknoten: Das Portrait von Charles erscheint etwas glatt. Wahrscheinlich hat der Portrait-Maler – oder war es schon eine KI? - das Knittern der Scheine einkalkuliert. Relativ schnell werden in Umlauf gebrachte Pfundnoten Charles die Falten ins Gesicht zaubern, die er in der Realität längst hat. 

Man kann außerdem einwenden, dass auch Queen Elisabeth zu ihren Lebzeiten auf den - weiterhin gültigen - Pfundnoten glatter und jünger aussah, als sie wahr. Allerdings war sie so lange im Amt, dass sie quasi gemeinsam mit ihren Scheinen alterte. Die Portraits wurden gelegentlich dezent aktualisiert.

Die gesichtsälteste Queen zeigt übrigens nicht eine Note der Bank of England sondern eine der Insel Jersey, die - wie alle britischen Regionen und Ex-Kolonien -  eigene Geldscheine drucken dürfen. Vielleicht traut sich ja die Bank of Scotland schon bald, Noten mit King Charles zu drucken, auf der er so alt aussieht, wie er ist.

Auf den heute in Umlauf gebrachten Scheinen sieht Charles jedenfalls verdächtig so alt aus, wie er war, als er gerne König geworden wäre. Daher muss das Geld nun halt schneller knittern, damit Schein und Realität nicht allzu weit auseinanderklaffen. Das ist aber insofern fraglich, als dass die Bargeldnutzung auch im Vereinigten Königreich rapide abnimmt und somit die Knitterung der Scheine vermutlich langsamer von statten geht.

Konzept „Staatsoberhaupt auf Geldschein“ mittlerweile etwas aus der Zeit gefallen

Es handelt sich bei King Charles eben um einen alten Mann, der auf einem alten Zahlungsmittel abgebildet ist. Und wirkte die Zeremonie seiner Krönung schon bizarr altertümlich, so ist wohl auch das Konzept „Staatsoberhaupt auf Geldschein“ mittlerweile etwas aus der Zeit gefallen. 

In Deutschland hat man dieses Thema zumindest in den letzten 75 Jahren vermieden. Allerdings erinnert sich mancher Zeitgenosse ähnlichen Alters wie King Charles vielleicht noch an die 2-Mark-Stücke, auf denen deutsche Staatslenker abgebildet waren, allerdings bereits verstorbene: Konrad Adenauer als erster Bundeskanzler und Theodor Heuss als erster Präsident. Ludwig Erhard und Willy Brandt bekamen auch noch eine. Und - siehe da - sogar ein Bayerisches Staatsoberhaupt: Franz Josef Strauß.

Aber da sich die Europäische Zentralbank wohl kaum jemals dazu entschließen wird, einen Bayerischen Ministerpräsidenten auf eine 2-Euro-Münze zu prägen, bleibt heutigen bayerischen Scheinkönigen nur übrig, ihr Konterfei auf dicke Schokoladeneier zu drucken. Obwohl dicke Schokoladeneier auch im hintersten Winkel des Freistaats noch seltener als Zahlungsmittel verwendet werden als Geldscheine oder 2-Mark-Stücke.


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