Ende der Welt - Die tägliche Glosse Traumort Bayern
Wenn der bayerische Steuerbescheid zum Tagträumen anregt: Wie man vom gehetzten Steuerzahler zum sorgenfreien Bananenverkäufer in Australien mutiert. Eine Welt voller Spaß und Sonnenschein, fernab von Steuererklärungen. Eine Glosse von Martin Zöller.
Es gibt für mich eigentlich nur zwei Tage, an denen ich mich regelmäßig aus Bayern wegträume. Der eine Tag ist der Tag nach dem Sommerurlaub, der andere Tag ist, wenn der Rentenbescheid kommt, in dem etwas steht wie: „Sie arbeiten übrigens noch mehr als 20 Jahre und danach können Sie sich München niemals mehr leisten, sorry!“ Wenn man dann noch liest, dass mancher Fußballer das pro Woche verdient, was wir in einem Jahr, tja, dann kann natürlich schon passieren, was kürzlich an einem Wochenende passiert ist.
Denn da war die Steuererklärung dran, von der ich mir Jahr für Jahr vornehme, dass ich sie besser organisiere und zum großen Spaß erkläre – ohne Erfolg. Dann sitze ich da, tackere lustlos irgendwelche Belege über gekaufte Briefmarken zusammen und denke an Zukunftsperspektiven von Lottospielen in Deutschland bis glücklicher Habenichts auf Cuba. Meine Tochter kennt diesen Blick offenbar schon, denn wie sie mich so sitzen sieht sagt sie aus dem Nichts: „Planst du schon wieder dein Leben als Bananenverkäufer in Australien?“
Ich antworte: „Leider nein“, „Steuererklärung“ und „glückliche Kindheit, genieß es“, doch mein Interesse am möglichen neuen Job ist geweckt. Ich durchsuche das Internet und meinen alten Schulatlas. Erste Erkenntnis: Australien ist mit fast 400.000 Tonnen angebauter Bananen durchaus eine ernstzunehmende Bananenrepublik – dagegen fällt die Hopfenernte in Bayern mit um die 30.000 Tonnen im Jahr fast bescheiden aus. Zweite Erkenntnis: Bananenverkäufer in Australien haben jede Menge Spaß. Zitat aus dem Bericht einer jungen Frau über ihr „Work&Travel“ auf einer Bananenplantage in Australien: „…es gibt sogar einen extra Pool und aufs Feiern muss man nicht verzichten… und man hat während des Fluges eine super Sicht über das Great Barrier Reef.“
„Wenn Du daran glaubst, mach es!“
Und wenn ich es wirklich mache? In der Arbeit würden alle sagen „ich beneide Dich so um den Mut“, meine Kinder würden später ein Buch schreiben „Bananenkinder – unser verrücktes Leben in Australien“ und mein Freund G., der mich stets treu auf den Weg meiner Bestimmung führen will, würde sagen: „Wenn Du daran glaubst, mach es!“
So kurz ich also vor der kraftvollen Entscheidung stehe, so sehr tut mir wiederum der arme Australier bei seiner Steuererklärung down under leid. „Und, Daddy? Träumst Du wieder von Deinem Leben als Brezn-Verkäufer in Bayern?“, fragt seine Tochter. Er nickt langsam und traurig: „Ja, aber vergiss es, meine Tochter, der Traum wird nie in Erfüllung gehen! Und jetzt geh spielen am endlosen weißen Strand mit den wunderschönen Palmen und halt dich gut fest, wenn Du mit den Delfinen schwimmst!“.
Es hat halt nicht jeder das Glück, in Bayern zu leben.