Bayern 2 - Die Welt am Morgen


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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Tupperware war einmal

Sind unsere Erinnerungen noch aromadicht? Und was ist mit angebrochenen Beziehungen? Sind die auch künftig wiederverschließbar? Oder müssen wir für jeden Deckel einen neuen Topf anschaffen? Eine Glosse von Peter Jungblut.

Von: Peter Jungblut

Stand: 19.09.2024

Wenn wir uns das Leben als Plastikschüssel vorstellen, ist es vor allem leicht, aber auch bunt, geruchsneutral und rostfrei, was früher mal als Errungenschaft galt, denn bis dahin war das Dasein eher beschwerlich und der Alltag gusseisern, nicht nur in der Küche. Insofern stellen sich jetzt Fragen, wo die Firma Tupperware Insolvenz angemeldet hat: Werden nur den Teigschabern, oder unserer gesamten Existenz die Silikonspitzen abgebrochen?

Passen unsere Träume noch unter die Tortenhaube? Sind unsere Erinnerungen noch aromadicht? Und was ist mit angebrochenen Beziehungen? Sind die auch künftig wiederverschließbar? Oder müssen wir für jeden Deckel einen neuen Topf anschaffen? Erwartet uns alle ein Salatschleudertrauma und werden unsere hitzebeständigen Bratenwender den Klimawandel einigermaßen unbeschadet überleben? Drohen uns vielleicht sogar Mikroplastik-Partys mit Wasserproben aus sieben Weltmeeren? Und gibt es zur Belohnung weiterhin den Küchenrollenhalter, die Zwiebelbox oder doch eher Korallenriffe aus PVC?

Scheint so, dass unsere Zukunft nicht mehr ganz so transparent und kratzfest ist wie in den sechziger Jahren. Damals fragte der frisch examinierte Benjamin Braddock im berühmten Film „Die Reifeprüfung“, in welcher Branche er wohl seine Karriere starten solle und die Antwort der Partygäste lautete: „Plastik, mein Junge, Plastik.“ Der Rest ist Geschichte, verwoben mit Mythen aus Polyester und Elasthan.

Die Werbeverkaufsveranstaltungen von Tupperware waren zuletzt weitgehend erlösemittelfrei

Ja, plötzlich waren ganze Lebensläufe aufblasbar und schmutzabweisend und die Tupperware-Party wurde zum Inbegriff von Ordnung und Sauberkeit. Kein Wunder, dass die Krawatten und Haarteile damals vor Aufregung knisterten. Und mancher Konsument geriet schon beim Gedanken an sein Hemd ins Schwitzen: Wer nicht dabei war, der kennt bestimmt auch nicht den Roman „Salz auf unserer Haut“.

Klar, atmungsaktiv war die Zeit nicht, aber funkensprühend in jeder Hinsicht. Jetzt stellt sich heraus: Die Werbeverkaufsveranstaltungen von Tupperware waren zuletzt weitgehend erlösemittelfrei, womit wohl nicht mal die eifrigsten Umweltschützer gerechnet hatten. Es ist den Produkten auch nicht anzuriechen, allenfalls der Firmenbilanz. Die hatte offenbar irgendjemand in der Mikrowelle vergessen und als sie dort entdeckt wurde, war das kein schöner Anblick mehr. Reagiert hat aber nicht der Rauchmelder am Firmensitz Orlando in Florida, sondern das dortige Insolvenzgericht.

Mal sehen, ob sich Donald Trump einschaltet, der ist ja um die Ecke zu Hause und ließ es sich schon vor Jahren nicht nehmen, Amerikas Wirtschaft einen guten Rat mit auf den Weg zu geben: „Plastik, mein Junge, Plastik!“ Aber nur dann, wenn es nicht nach China riecht, sondern nach Patriotismus. Daran ist Tupperware offenbar gescheitert, denn Brotdosen mit dem Geschmack von Texas und Abenteuer waren bis zuletzt leider nicht im Angebot.


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