Bayern genießen Schöne Aussicht - Bayern genießen im September
Die Morgen sind kühl, die Tage glasig klar und ganz gleich, welchen bayerischen Berg, Hügel oder Turm Sie erklimmen, die Aussicht macht jede Anstrengung im Handumdrehen wett. Im Bayern-genießen Spätsommer-Magazin "Schöne Aussichten" präsentieren wir Ihnen die schönsten dieser Aussichten aus ganz Bayern.
Die Themen von Bayern genießen im September
- Schwaben: Aussicht auf Blinklicht: Der Lindauer Leuchtturm (Marianne Bitsch)
- Mittel-/Oberfranken: Aussicht mit Weitsicht: Pretzfeld in der fränkischen Schweiz (Herbert Heinzelmann)
- Mainfranken: Aussicht auf Auszeichnung: Castell – "Schönste Weinsicht 2012" (Jürgen Gläser)
- Niederbayern/Oberpfalz: Aussicht auf Durchblick: Brillen aus Passau (Lars Martens)
- München: Aussicht mit Ausstrahlung: Der Münchner Olympiaturm (Anja Salewsky)
- Oberbayern: Aussicht auf Ausschnitt: Der Dirndlbalkon (Regina Fanderl)
Redaktion und Regie: Gerald Huber
Der Mensch ist ein Wesen, das die Aussicht genießt. Das ist schon in unseren Genen angelegt. Unsere affengleichen Vorfahren, die längst Savannentiere geworden waren, haben Bäume bestiegen, um von dort zu sehen, wo am schnellsten Beute zu machen war. Deswegen ist uns der weite Blick übers Land heute noch so angenehm und kommt uns so erstrebenswert vor. Schon früh hat man sich deswegen auch künstliche Aussichtsplattformen geschaffen: Türme.
Schwaben
Aussicht auf Blinklicht: Der Lindauer Leuchtturm
Berühmt in Bayern die Domtürme von Regensburg zum Beispiel oder der Martinsturm von Landshut, der bis heute höchste Ziegelturm der Welt und gleichzeitig, nach dem Straßburger Münster, das zweithöchste Bauwerk des Mittelalters. Solche Bauanstrengungen hat man vor allem unternommen für die Aussicht, die der Türmer haben sollte, um Feuer und Feinde möglichst rasch zu entdecken. Kirch- und Pfeiftürme gibt es in Bayern deswegen zuhauf. Die Römer hatten den Limes entlang auf ihren Wachttürmen auch Leuchtfeuer, mit denen sie Nachrichten übermitteln konnten. Solche Leuchttürme sind heute selten geworden bei uns. Das heißt: Einen gibt’s, da wo Bayern Zugang zum Meer hat.
Zugegeben: Es ist nur das schwäbische Meer und es ist nur der Lindauer Hafen, wo dieser Leuchtturm steht. Aber immerhin: Ein echter Leuchtturm – der südlichste Deutschlands. Seit gut zwei Jahren gehört er der Stadt Lindau und ist mittlerweile für Besucher geöffnet. Und Türme haben immer auch etwas Beruhigendes. Wenn man hinunterschaut, werden oft die Sorgen so klein wie die Menschen, die ameisengleich unten herumwuseln. Und wenn man wieder drunten ist, hat man das Gefühl, dass man versöhnt ist mit der Welt.
Ober- und Mittelfranken
Aussicht mit Weitsicht: Pretzfeld in der fränkischen Schweiz
Von Bergen und Hügeln herab haben unsere eiszeitlichen Vorfahren in die Täler geschaut, in denen die riesigen Tierherden wanderten. Nach erfolgreicher Jagd haben sie sich dann wieder auf den Berg zurückgezogen, um gemeinsam zu schmausen und es sich gutgehen zu lassen.
Sehr späte Formen dieses uralten Begriffs von Gemütlichkeit finden sich bis heute überall in Bayern. Vor allem aber in Franken, wo man bis heute gern auf Kellerberge steigt. Zugegeben weniger der Jagd wegen – aber wegen der Aussicht schon auch. Der bewaldete Kellerberg von Pretzfeld im Landkreis Forchheim beispielsweise bietet einen weiten Blick ins Land. Und das Beste daran: Man muss nicht mehr hinunter und auf Nahrungssuche gehen. Die Köstlichkeiten sind schon da …
Mainfranken
Aussicht auf Auszeichnung: Castell – "Schönste Weinsicht 2012"
Wein auf Bier – das ist ja nach einem alten Spruch geraten, während man Bier auf Wein sein lassen soll. Professionelle Trinker, zu denen beispielsweise Ernährungswissenschaftler an der TU München Weihenstephan gehören, halten solche Regeln für ziemlichen Unsinn. Man kann also ruhig durcheinander trinken, solang es beim Genuss bleibt und nicht zu viel draus wird.
Weswegen wir jetzt nur einen Katzensprung unternehmen vom bierigen Pretzfeld in der fränkischen Schweiz hinüber über den Aischgrund, den karpfenreichen, nach Weinfranken an den Rand des Steigerwalds. Castell ist unser Ziel. Der bekannte Weinort im Landkreis Kitzingen ist nämlich grad ausgezeichnet worden für eine ganz besondere Aussicht. Er darf sich jetzt schmücken mit der Bezeichnung "Weinsicht 2012".
Niederbayern/Oberpfalz
Aussicht auf Durchblick: Brillen aus Passau
Unsere Vorfahren, die Jäger und Sammler, waren für unsere Lebensweise perfekt ausgerüstet. Sie sind beispielsweise perfekte Läufer und Werfer. Kein Tier kann so ausdauernd und dabei so schnell laufen wie der Mensch. Gleichzeitig waren sie hervorragende Werfer – auch das notwendig, um zu jagen und sich zur Wehr zu setzen. Voraussetzung dafür aber sind vor allem gute Augen. Der menschliche Gesichtssinn ist ausgezeichnet. Er lässt uns beispielsweise Entfernungen und Geschwindigkeiten von Beutetieren oder Feinden perfekt einschätzen – eine Fähigkeit, die uns heute noch, etwa beim Autofahren besonders zu pass kommt.
Und zweifellos ist dieser Sinn auch für das Genießen von Aussichten besonders wichtig. Wenn es mit dem Sehen hapert, dann stand man früher vor der Wahl: Gut aussehen oder gut sehen; und nicht wenige haben sich fürs gut Aussehen und gegen das Sehen entschieden. Zum Glück für den Landkreis Passau, wo rund zwanzig Brillenunternehmen davon leben, dass viele unter uns nicht mehr den richtigen Durchblick haben.
München
Aussicht mit Ausstrahlung: Der Münchner Olympiaturm
Zur guten Aussicht gehört immer eine gewisse, ja – Erhabenheit. Das erhabene Gefühl, das der Jäger und Sammler gegenüber den unter ihm vorüberziehenden Herden verspürt, das hat eben damit zu tun, dass er sich erhoben hat. Nun ist Höhe bekanntlich eine relative Angelegenheit.
München ist mit exakt 518 Metern über dem Meeresspiegel zwar die höchstgelegene Großstadt Deutschlands, aber es liegt auf einer öden Schotterebene, deren höchste Erhebungen die kiesigen Hangleiten der Isar sind, zu denen auch der Nockherberg gehört. Kein Wunder, dass sich die Münchner seit jeher um hohe Türme bemüht haben. Im Mittelalter haben sie mit den Landshutern nicht nur um die Funktion als bayerische Residenzstadt konkurriert, sondern auch um den höchsten Kirchturm. Die beiden Frauentürme sollten sogar höher werden als der Landshuter Martinsturm, wurden aber leider nie richtig fertig. Kein Wunder, dass das fehlende Gefühl der Erhabenheit an den Landeshauptstädtern genagt hat.
Weswegen sie in den sechziger Jahren mit neuen technischen Möglichkeiten das Problem noch einmal in Angriff genommen haben: Der Münchner Fernsehturm war allerdings nur wenige Jahre das höchste Bauwerk Bayerns. Kaum war er fertig haben die Nürnberger ihren Fernmeldeturm in Angriff genommen – und der wurde, wen wunderts, ein paar Zentimeter höher. Immerhin aber kann man auf den Münchner Fernsehturm hinauffahren und im Drehrestaurant oben speisen. Die Nürnberger Aussichtsplattform samt dem Drehrestaurant sind seit Jahren geschlossen. Kein Wunder also, dass sich die Münchner und die, die sich dafür halten, an dem Gefühl der Erhabenheit gern erfreuen …
Oberbayern
Aussicht auf Ausschnitt: Der Dirndlbalkon
Die Erhabenheit von Aussichten kann lange fesseln. Selbst vom Fernsehen verwöhnte Naturen tauschen die via Flimmerkiste vermittelten Aus- und vermeintlichen Einsichten gern in natürliche Ausblicke, an denen sie sich in der Regel nicht satt sehen können. Weil dabei immer wieder bestimmte Einblicke aufblitzen. Das liegt so in der Natur der Dinge.
Denn das Wort Augenblick und der Blitz sind miteinander verwandt. Beides hat mit Erleuchtung zu tun. Auch das bairische Wort Blecken gehört hierher. Beim Blecken wird ebenfalls etwas ans Licht gebracht, bloßgestellt. Womit wir, nun ja, bei einer besonderen Art von Aussicht angelangt sind. Nach Johann Andreas Schmeller sagt der Teufel zu dem schönen Weib: "Die weiße Brust lass unbedeckt, dass sie obnaus bleckt."
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Übersichtskarte Bayern: Volksfeste, Dulten, Kerwas & Kirtas
Welchem Ratschlag das bayerische Weib und Dirndl (ja ganz besonders das!) gerne folgen. Wenn in diesem Zusammenhang von Balkon die Rede ist, dann weniger des Ausblicks als vielmehr des Einblicks wegen. Und – auch wenn sies nicht glauben: Der unverwandte Blick auf allerlei dortige Erhabenheiten, der ist von der Natur so vorgesehen und hat weniger mit dem Teufel als vielmehr mit dem Schöpfer selbst zu tun.
Weil halt solche Aussichten für das Wachsen und Vermehren der menschlichen Art unabdingbar sind – sagt zumindest der Evolutionsbiologe Professor Josef H. Reichholf. Der ist nicht nur ein handfester Niederbayer, sondern war im Hauptberuf bei der Zoologischen Staatssammlung in München zuständig für Wirbeltiere, was ihn zu diesem Thema natürlich besonders qualifiziert.
Ausgewählte Literatur von Prof. Dr. Josef Reichholf
- Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen
- Der Ursprung der Schönheit: Darwins größtes Dilemma
- Rabenschwarze Intelligenz: Was wir von Krähen lernen können
- Warum die Menschen sesshaft wurden: Das größte Rätsel unserer Geschichte
- Die Zukunft der Arten
- Die falschen Propheten: unsere Lust an Katastrophen
- Warum wir siegen wollen: der sportliche Ehrgeiz als Triebkraft in der Evolution des Menschen
- Das Rätsel der Menschwerdung
- Der schöpferische Impuls: eine neue Sicht der Evolution
- Erfolgsprinzip Fortbewegung
Mehr Bayern genießen im Fernsehen
Bleibt uns noch der Hinweis auf unsere Kollegen vom Fernsehen. Die Sendung "Zwischen Spessart und Karwendel" bietet ebenfalls schöne Aussichten ...