Bayern genießen Harmonie - Bayern genießen im Mai
Jetzt, im Mai, weicht der harte Anblick von nackter Erde und kahlen Bäumen allerorts einem vielfarbig blütengarnierten Grün. Gefälligkeit ist angesagt, Harmonie. Doch was ist das eigentlich? Wo in Bayern finden wir Harmonie? Was bewirkt Harmonie? Damit beschäftigt sich die Maiausgabe von „Bayern genießen“.
Die Themen von Bayern genießen im Mai
Harmoniebeispiele zuhauf mit Beiträgen aus unseren sechs Regionalstudios.
- Andreas Estner von der Redaktion Oberbayern erzählt von der Harmonie alter oberbayerischer Häuser und Höfe.
- Über die Glockengießerei Perner und die Passauer Glockenlandschaft berichtet Lars Martens aus dem Studio Ostbayern.
- In die Musikbegegnungsstätte Haus Marteau in Lichtenberg führt uns Ilona Hörath vom Studio Franken.
- Klaus Rüfer vom Studio Mainfranken zeigt uns die Harmonie im Kräuterbeet von Hohenroth im Spessart.
- Viktoria Wagensommer von der Redaktion Schwaben berichtet über die Vorbereitungen zum Jubiläum des Musikvereins Harmonie in Waal
- und Hannelore Fisgus erzählt, wie man Harmonie zwischen Wein und Speisen herstellt.
Redaktion und Regie: Gerald Huber
Oberbayern
Die Harmonie in Bauernhäusern
Die Leute aus bedürftigeren Jahrhunderten oder Gegenden haben schon immer gewusst, was sie schön finden: Da wo es ihnen gut geht, wo sie gut versorgt sind, da fühlen sie sich wohl. So banal das klingt, so tiefe Einblicke gewährt es: Der Mensch empfindet all das als schön, wo er Schutz findet, Aussicht auf reichlich pflanzliche und tierische Nahrung und genug lebensspendendes Wasser hat. In Perfektion erfüllen das Gegenden wie das Paradies und das Scharaffenland oder – wenigstens für Urlauber aus weniger harmonischen Weltgegenden – das bayerische Alpenvorland.
Hier hat sich zumindest hie und da noch etwas bewahrt von der alten Harmonie zwischen Natur und Kultur, die früher einmal überall auf der Welt anzutreffen war. Es war unser Zeitalter der Vernunft, das mit allem, was nicht gleich auf den ersten Blick einsichtig und vorteilversprechend ist, aufgeräumt hat. Feng Shui ist ein gutes Beispiel dafür, dass man heute manches importieren zu müssen glaubt, was unter anderem Namen bei uns längst bekannt ist oder war. Ein kleiner aufmerksamer Blick auf das Hergebrachte, auf die Geschichte, tät manchmal viel mehr und tät bei uns auch besser passen.
Niederbayern/Oberpfalz
Die Glockengießerei Perner in Passau
Das Wort „Harmonie“ geht zurück auf die absoluten Anfänge der menschlichen Kultur. Es lässt sich in etwa deuten als das, „was zu den Göttern gehört“. Den Menschen der Vorzeit und der Antike war Harmonie der Ausfluss des Kosmos, der göttlichen Ordnung, die dem Chaos entgegenwirkt. Die kreisenden Gestirne haben ihre ewigen Plätze. Der Mensch soll und will es ihnen gleichtun, will seinen Platz finden, sich einordnen, in Frieden leben.
Oft genug erlebt er aber auch von außen oder gar in sich selbst den Diabolos, wörtlich den Durcheinanderschmeißer, der die göttliche Ordnung zerstört, so dass zuletzt die ganze schöne Harmonie beim Teufel ist. Aber ein Instrument gibt es, das Klang pur ist, mehr als ein Instrument – Harmonie in Erz, ein göttliches Klanggeber, der allen großen Kulturen heiligt ist: Die Glocke. Wenn Glocken in sich oder gemeinsam mit anderen falsch klingen, dann ist was verkehrt. In Passau stimmen sogar sämtliche Glocken auf allen Türmen der Stadt zusammen. Dafür sorgte schon die alteingesessene Passauer Glockengießerei Perner.
Mittel-/Oberfranken
Das Haus Marteau in Lichtenberg
Damit in der Musik Konsonanzen und Dissonanzen richtig verteilt sind, damit also die Musik harmonisch wird, dafür müssen Musiker üben. Die meisten tun es zunächst im stillen Kämmerlein. Erst wenn man sich seines Instruments einigermaßen sicher ist, kann man sich an ein Zusammenspiel wagen. Spätestens ist dann aber das private Kämmerlein nicht mehr geeignet. Wie gut, dass es dafür Einrichtungen gibt, wie etwa das Haus Marteau im oberfränkischen Lichtenberg.
Die Villa, wo der weltberühmte Geiger Henri Marteau nicht nur bis zu seinem Tod lebte, sondern auch zahlreiche Schüler unterrichtete, ist heute eine musikalische Begegnungsstätte von Weltrang. Hier treffen sich begabte junge Künstler aus aller Herren Länder, um gemeinsam den Göttern der Harmonie zu frönen.
Mainfranken
Harmonie im Kräuterbeet
Nach alter Ansicht ist nur im Himmel die Harmonie vollkommen. Auf Erden, wie gesagt, streiten himmlische und unterirdische Mächte, also der Kosmos und das höllische Chaos miteinander. In der griechischen Mythologie raubt der Unterweltgott Hades Persephone, die Tochter der Fruchtbarkeitsgöttin Ceres, die sich darüber beim Himmelvater Zeus beschwert. Der entscheidet nun, dass Persephone nur ein halbes Jahr bei Hades in der Hölle bleiben muss – im Winter. Die andere Jahreshälfte darf sie wieder auf die Erde, wo sie Frühling bringt und Sommer. Alle sind zufrieden, alles hat seine Ordnung, die Harmonie unter den Göttern ist wiederhergestellt. Sie spiegelt sich in der harmonischen Abfolge der Jahreszeiten.
Tatsächlich ist Harmonie nicht allein göttliches und damit menschliches Streben. Das Verlangen nach ihr findet sich überall – auch im Reich der Tiere und sogar der Pflanzen. Manche Gewächse können miteinander, andere eher weniger. Es gibt immer mehr Gartenfreunde, die auf solche, wenn man so will, „zwischen-pflanzliche“ Beziehungen achten.
Buchtipp zum Thema „Harmonie im Beet“:
"Mischkultur-Scheibe" - Biologische Pflanzenzusammenstellungen auf einen Blick,
von Annelore Bruns und Sabine Bruns.
(Von Buschbohne bis Zwiebel: Die Mischkultur-Scheibe enthält die besten Kombinationen der 40 wichtigsten Gemüse-, Kräuter- und einiger Obstsorten untereinander)
ISBN 9783466110742
Schwaben
Der Musikverein „Harmonie"
Die Sprache der Harmonie, wie gesagt, ist die Musik. Weswegen zum Sich-Wohl-Fühlen des Menschen immer die Musik gehört. Dabei ist das Musikhören nur die eine Seite der Medaille. Nur, wer auch die anderes Seite kennt, sprich: selber Musik macht, der kann nachempfinden, was es heißt, Teil eines größeren Zusammenklangs, eines harmonischen Ganzen zu werden. Es kommt nicht von ungefähr, dass Musik und Feiern zusammengehören. Einmal, weil man zu Festen aller Art Musik braucht, zum andern, weil schon das Musikereignis an sich ein Fest ist. Musik-Festspiele also sind nicht erst eine Erfindung der Tourismusindustrie seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert; sie sind so alt wie die Menschheit. Ganz sicher beispielsweise brauchen die Mitglieder des Musikvereins Harmonie in Waal nicht unbedingt äußere Anlässe, um die Feste zu feiern wie sie fallen. Wenn aber dann doch einmal ein Jubiläum ansteht, wie beispielsweise das 175-jährige ihres Vereins, dann feiern sie natürlich besonders groß. Im Moment stecken sie mitten in den Vorbereitungen, denn am kommenden Donnerstag erwarten sie über 80 Gruppen aus der ganzen Region zum Bezirksmusikfest in Waal.
München
Harmonie zwischen Speisen und Getränken
Im Gegensatz zu den Pflanzen, die mit dem Wasser aus der Erde schon ihren nahrhaften Lebenssaft saugen, brauchen Tiere ein harmonisches Miteinander von fester und flüssiger Nahrung. Essen und Trinken ist das, was Leib und Seele zusammen und im Gleichgewicht hält. Wobei „Wasser und Brot“ die unterste Stufe der Kultur markieren – also, das, wo tierisches Fressen und Saufen ins Essen und Trinken übergeht. Symbolisch für die höchste kulturelle Stufe stehen dagegen Brot und Wein – keine Vernissage, kein Gottesdienst – und natürlich auch kein weltliches Mahl funktionieren ohne.
Selbstverständlich kann man das, wenn man will, dann weiter ausdifferenzieren, wodurch gewissermaßen aus der Kammermusik eine Symphonie wird. Da ist es eigentlich schon verwunderlich, dass man sich erst Ende des 19. Jahrhunderts allmählich systematische Gedanken drüber gemacht hat, welche Weine zu welchen Speisen gut oder weniger gut passen. Ganz vorn dran war dabei die königlich bayerische Hofküche. Als 1886 Kaiser Wilhelm auf dem Weg nach Bad Gastein am Münchner Hof Station machte, wurde ihm ordentlisch aufgetischt: Taubensüppchen, Rehrücken, Ananasgefrorenes und noch so einiges, dazu mehrere Weine.
Speisen und Wein richtig kombinieren
Tipps von Hannelore Fisgus
- Kräftiges Essen - Fleisch und fettreiche Speisen – mildert Tannine im Wein.
- Säure und Säure verdoppeln sich, das kann unangenehme Effekte haben.
- Süße und Süße dagegen heben sich auf, der Dessertwein muss also mindestens so süß wie das Dessert sein.
- Salzige Speisen lassen die Säure im Wein stärker hervortreten.
- Bei klaren Suppen etwas von dem Wein mitkochen, den man später dazu anbietet.
- Gereifte Weine passen sich besonders gut dem Essen an.
- Regionale Weine verbinden sich meist besonders gut mit der entsprechenden regionalen Küche.
Mehr Bayern genießen im Fernsehen
"Zwischen Spessart und Karwendel", sonntags, um 15 Uhr, auf BR-alpha.