Traditionelle Weidewirtschaft Hutung erhält das Land am Hartschimmelhof bei Pähl
Seit Jahrzehnten ungedüngt sind die Huteweiden auf dem Hartschimmelhof bei Pähl im südlichen Oberbayern. Dieses Anwesen ( im Landkreis Weilheim Schongau ) bewirtschaftet die Familie Haushofer. Der Begriff Hutung ist selten geworden in unserem Sprachgebrauch. Wo er herkommt und warum er gerade am Hartschimmelhof überlebt hat, das sagt Ihnen Angela Braun.
Die Hutung ist eine alte Form der Beweidung und bei uns heute fast vollständig verschwunden. Denn die Landwirtschaft hat sich in den vergangenen 200 Jahren verändert - von einer extensiven Landnutzung, bei denen der Mensch wenig eingreift hin zu einer intensiven Nutzung. Da werden auf den Wiesen reichlich Gülle ausgebracht, so dass am Ende nur noch Löwenzahn und Brennessel wachsen.
Hutung kommt von Hüten. Und das gibt es heute nur noch auf der Alm, wenn sich Almerin oder Hirte um das Vieh am Berg kümmern. Früher gab es nur gemeinschaftliche Weiden, sagt Johannes Wölfl von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Weilheim.
"Heutzutage ist es so, dass man gemeinschaftliche Weideflächen überhaupt nicht mehr hat (-) alle Bauern haben eigene Parzellen.. früher war's genau anders herum, da waren die Weiden nicht eingezäunt, nur der engere Bereich um die Dörfer war eingezäunt, alles herum war Wiesen - und Waldweide."
Johannes Wölfl
Am Hartschimmelhof bei Pähl gibt es noch solche Wiesen und Waldweiden. Das Gelände oberhalb des Ammersees ist ein Juwel in der bayerischen Landschaft. Eine schmale Straße windet sich hinauf auf 700 Meter Höhe. Inmitten der Weiden stehen prächtige Eichen oder Buchen. Vor über hundert Jahren hat die Familie Haushofer das Anwesen gekauft. Karl und Martha Haushofer waren die Eltern des von den Nazis ermordeten Albrecht Haushofer, der als Verfasser der Moabiter Sonette bekannt wurde. Die Familie hat immer schon eine naturnahe Landwirtschaft praktiziert.
"Sie hatten ja alle sehr viel Sinn für Landschaftsschutz und Naturschutz... moorige Gebiete dazugekauft .. gepflegt einmal im Jahr gemäht .. nur so wird das Moor am Leben gehalten."
Renate Haushofer
Renate Haushofer lebt seit 47 Jahren auf dem Hartschimmelhof. Mit ihrem Mann Martin hat sie die extensive Landwirtschaft weitergeführt. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte der Bauer Longinus Rappenglück den Hof gekauft. An ihn erinnert der Hofname.
"Das Wort Schimmel ist in Bayern ein blonder Mensch. Und der Schimmelhof Kerschlach , vom Schimmelhof dort waren alle blond. Und er hat sich als erster niedergelassen auf dem Hartschimmelhof der Longinus Rappenglück, das war der erste Besitzer vom Hartschimmelhof."
Renate Haushofer
Auch die Huteweiden auf dem rund 146 Hektar großen Gelände zeugen von der alten Bewirtschaftung. Denn die alleinstehenden Eichen und Buchen waren bei der Schweinehaltung eine wichtige Nahrungsquelle, sagt Landschaftspfleger Johannes Wölfl.
"Früher war das so eine Almende , da konnten die Bauern noch alle Tiere hier herbringen. da war es noch nicht in Haushofer -Besitz , da haben die hier alle geweidet . Dann hat hier ein Hirte aufgepasst, die Eichen waren wichtig für die Schweine."
Johannes Wölfl
Schweine gibt es heute nicht auf dem Hartschimmelhof, aber andere Nutztiere. Die Huteweiden eignen sich bestens für Galloway Rinder, die Renate und Martin Haushofer in den Achtziger Jahren gekauft haben. Seit dem Tod ihres Mannes 1994 kümmert sie sich mit einer Pächterin um die große Rinderherde.
"Da haben wir gesagt , wir möchten hornlose Tiere, Mutterkuhherde aufgebaut , Viehart nicht so schwer, wie die bayerischen Rassen, und da haben wir hier Landschafts- und Naturschutz wollten eine leichtere Rasse haben"
. Renate Haushofer
Gallowayrinder grasen auf den Weiden am Hartschimmelhof. Die Rasse stammt aus Schottland: die Rinder sind klein, gedrungen, haben ein dichtes, wuschliges Fell und sind weitaus widerstandsfähiger als unsere Zuchtkühe. Galloywayrinder verbringen das ganze Jahr im Freien. Renate Haushofer hat die friedliche Mutterkuhherde längst in ihr Herz geschlossen.
"Die haben so eine Ordnung in der Herde; sie haben einen Kindergarten , die kleinen Kälber haben eine Kuh als Kindergärtnerin, abends holen sie die Kälber zur Tränke, man staunt, was da für eine Ordnung herrscht."
Renate Haushofer
Die Herde grast auf einer der Weiden, bei denen eingefleischte Naturschützer ins Schwärmen kommen. Man findet etwa dreimal soviel Pflanzenarten wie auf einer normalen zwei - bis drei madigen Heuwiese, sagt Johannes Wölfl, weil auf diese Flächen noch nie ein Gramm Dünger gekommen ist. Es gibt nicht nur Orchideen und Mehlprimeln, sondern auch
Auch die Pilzkulturen suchen ihresgleichen. Der Pilzexperte Peter Karasch spricht von einem Hotspot der Artenvielfalt in Bayern. Mehr als 1200 verschiedene Pilzarten leben dort auf etwa vier Hektar. Diese meist unsichtbaren Organismen verbessern die Wasser -und Nährstoffaufnahme der Pflanzen. Und sie schaffen Ordnung: etwa 40 Pilzarten sorgen dafür, dass ein Kuhfladen nach einem Jahr komplett verschwunden ist. Dieser Reichtum muss geschützt und gepflegt werden. Ohne Beweidung würde die Fläche bald verschwinden.
"In dem Fall ist es das Vieh , was abfrisst, wenn es nicht stattfindet , bildet sich eine dicke Streufilzauflage auf dem Boden, die nach kurzer Zeit kleine Pflanzen ersticken , san weg wären betroffen verloren."
Renate Haushofer
Auch wenn es derzeit eine Renaissance gibt, solche Nutzungsformen wieder zu installieren - die einzigartigen Huteweiden sind in unserer Landschaft fast verschwunden. Renate Haushofer hat vor kurzem die Verantwortung ihrer Tochter übertragen und ist froh, dass die Nutzung weitergeführt wird. Sie liebt die mächtigen Schirmfichten mit den heruntergezogenen Ästen, den Wechsel zwischen Wald und Weiden und die sanften Hügel hoch über dem Ammersee.
"Das Besondere ist die Vielfalt der Landschaft . Mal ist es richtig Moor, hügelig, dann die Vielfalt der verschiedenen Bäume , Wacholder weiden. Da haben hier die Haushofers darauf geachtet, dass die erhalten bleiben, und sie haben die auch gepflegt." Renate Haushofer