Bayern genießen Ofen - Bayern genießen im Januar
Ohne Wärme geht’s halt nicht, auch nicht bei Bayern genießen. Schon gar nicht an Neujahr. Ja, grüß Gott beieinander. Ofengeschichten sind heut unser Thema bei Bayern genießen, Geschichten vor dem Ofen, auf dem Ofen, hinter dem Ofen und selbstverständlich auch von innendrin im Ofen.
Die Themen von Bayern genießen im Januar
- Niederbayern/Oberpfalz: Warm – der niederbayerische Kachelofen (Andreas Mack)
- Mittel-/Oberfranken: Resch – Holzofenbrot aus Franken (Tanja Oppelt)
- Mainfranken: Dürr – Das Dorf der Hutzeln im Steigerwald (Norbert Steiche)
- Oberbayern: Aus – Das Ende des Branntweinmonopols (Matthias Morgenroth)
- München: Heiß – Graf Rumford und sein Sparofen (Anton Rauch)
Redaktion und Regie: Gerald Huber
Niederbayern/Oberpfalz
Warm – der niederbayerische Kachelofen
Kann man sich gar nicht vorstellen, dass die Menschheit die längste Zeit ihrer Geschichte ohne warmen Ofen hat auskommen müssen. Bis weit ins Mittelalter hinein hats nur Kamine gegeben, offene Kamine. Und das auch nicht überall Räume oder Gebäude, die man damit beheizt wurden, das waren die Kaminaten oder Kemenaten.
Es war bei uns in Süddeutschland, wo man im Spätmittelalter auf die Idee gekommen ist, das Feuer zu ummauern, einzuschließen, damit man einerseits keinen Dreck und keinen Rauch mehr im Wohnraum hatte, sondern auch eine Wärme, die viel gleichmäßiger war als die beim Kamin, wo man vorn verbrannt ist und hinten eingefroren – der Kachelofen war erfunden. Und mit ihm die Stube. Im Mittelalterlichen Latein heißt Ofen nämlich "stufa" oder "stuba". Die Stube ist also nix anderes als das Ofenzimmer. In der Münchner Residenz oder dem herzoglichen Schloss in Ingolstadt gibt es die Stuben des Herzogs. Genauso natürlich auf der Stammburg der Wittelsbacher, der Trausnitz hoch über Landshut. Dort sind die Kachelöfen besonders kunstvoll. Schließlich waren die Landshuter Hafner und ihre Berufskollegen vom nahen Kröning wahre Meister des Ofenbaus. Und die Tradition lebt bis heute.
Mittel-/Oberfranken
Resch – Holzofenbrot aus Franken
Woher das Wort "Ofen" kommt, das ist selbst bei den Sprachwissen- schaftlern hoch umstritten. Möglicherweise stammt es aus einer Sprache, die mit keiner der uns bekannten alten Sprachen verwandt ist. Denn, auch wenn es den Ofen im Haus erst sehr spät gegeben hat – als Backofen ist die Technik des umhüllten Feuers altbekannt und wird praktisch überall auf der Welt verwendet. Und lang bevor der Ofen in der Küche den Herd mit offenem Feuer abgelöst hat, stand der Backofen draußen vor dem Haus. Und wenn es keinen eigenen Backofen gegeben hat, dann zumindest war ein Gemeinschaftsofen für das ganze Dorf vorhanden.
Erst im 20. Jahrhundert ist das Selberbacken allmählich abgekommen und die Bäcker haben auch auf dem Land immer mehr Geschäft gemacht. Plötzlich war "hausbacken" ein abschätziges Wort geworden, das für alles verwendet wurde, was ein bisserl hinter dem Mond und altmodisch war.
Holzofenbrot
N. Baum und G. Hänfling
Bayreuther Str. 29
91338 Igensdorf
Tel.: 09192/6689
Freilich: Die Backöfen sind oft stehengeblieben und wurden erst in den achtziger und neunziger Jahren manchmal wieder reaktiviert, teilweise gar im Zug der aufkommenden Biowelle neu gebaut. Mittlerweile hat sich überall herumgesprochen, dass nicht nur die Holzofenpizza, sondern auch normales Holzofenbrot ganz anders schmeckt als ein Brot aus dem Elektroofen.
Mainfranken
Dürr – Das Dorf der Hutzeln im Steigerwald
Übrigens, weil sich der Bäcker da grad ein Bier aufgemacht hat: Durst hat die gleiche Wurzel, wie dürr, und das Dörren oder Dorren. Womit wir beim nächsten Thema sind. Früher nämlich war das Dorren, das Trocknen eine der wenigen Möglichkeiten, die man hatte, um Lebensmittel den Winter über haltbar zu machen.
Früh beispielsweise ist man draufgekommen, dass Fleisch, wenn man es übers Feuer, später in den Rauchfang gehängt hat, nicht nur haltbar wurde, sondern obendrein noch den Geschmack des Rauchs angenommen hatte: Das Gräucherte war geboren. Diesen Rauchgeschmack hatten früher zahlreiche Lebensmittel. In Oberfranken gibt’s ja sogar Rauchbier. Schon möglich, dass auch das süße Trockenobst früher hin und wieder zu viel Rauch abbekommen hat. Erst später, nach der Erfindung des Ofens, konnte man Obst trocknen ohne dass es mit dem Rauch in Berührung kam. Die Kletzen, wie es in Altbayern heißt oder die Hutzeln, wie man in Franken dazu sagt, waren nicht nur eine willkommene süße Kost, sondern manchmal sogar ein regelrechter bäuerlicher Nebenerwerb. Fatschenbrunn beispielsweise, ein kleines Dorf im Steigerwald zwischen Schweinfurt und Bamberg, war früher das bayerische Hutzeldorf schlechthin.
Wandertipp: Von Trossenfurt nach Fatschenbrunn und zurück
Wir lassen unser Auto in Trossenfurt an der Kreuzung nach Eltmann stehen. Von hier aus gehen wir auf dem als 01 gekennzeichneten Wanderweg aus dem Ort entlang des Grundbachs in Richtung Westen. Wir passieren mehrere Teiche und kommen dann nach rund vier Kilometer nach Fatschenbrunn. Das Dorf liegt vom Steigerwald umschlossen wie auf einer großen Lichtung. Wir kommen an einem als Naturdenkmal geschützten Baum vorbei und wandern nun auf der anderen Seite des Grundbachs über eine kleine Schleife wieder nach Trossenfurt zurück.
Oberbayern
Aus – Das Ende des Branntweinmonopols
Es waren die Alchimisten der frühen Neuzeit, die mit ihrer Suche nach dem Stein der Weisen die Distille erfunden haben – und damit letztlich die Schnapsbrennerei. Zunächst war das natürlich, wie sollte es anders sein, ein Vorgang über dem offenen Feuer. Erst später hat man dafür regelrechte Brennöfen entwickelt. Edle Brände werden heute vielerorts in Bayern hergestellt. Aus einheimischen Früchten versteht sich. Dass in Zukunft aber noch ein echter Kerschgeist gemacht werden kann, beispielsweise, bei dem alle Zutaten aus Bayern kommen, das ist eher unwahrscheinlich. Bei einem Geist werden ja nicht die Früchte direkt gebrannt, sondern nur in Alkohol eingelegt. Und dieser geschmack- und geruchlose Alkohol wurde beispielsweise in den unzähligen bayerischen Kartoffelschnapsbrennereien hergestellt. Wurde. Denn jetzt ist der Ofen aus. Seit heute um Mitternacht. Mit dem Jahreswechsel ist das Ende gekommen für praktisch alle Kartoffelschnapsbrennereien in ganz Bayern. Bisher nämlich hatte der Staat das Monopol auf die Alkoholherstellung und konnte so die kleinen Brennereien auf dem Land mit Subventionen am Leben erhalten. Diese Regelung hat die EU nun gekippt, und deshalb heißt es für die Kartoffelbrennereien in Niederbayern, der Oberpfalz und Oberbayern Ofen aus. Damit gehen ein ganzer Berufsstand, ein ganzer Kulturzweig verloren. Denn die Brennereien haben rund 200 Jahre lang das Leben vieler kleiner Dörfer bestimmt.
München
Heiß – Graf Rumford und sein Sparofen
Auch wenn das 20. Jahrhundert vielfach die Vermischung der Kategorien gebracht hat: Ein Ofen und ein Herd sind zwei komplett verschiedene Dinge Der Herd ist zunächst einmal und bis weit hinein ins 19., manchmal noch bis ins 20. Jahrhundert, eine offene Feuerstelle, an der mit einem Spieß oder mit Hilfe eines Dreifußes in Häfen und Pfannen gebraten und gekocht wurde.
Ein Ofen dagegen hatte jahrhundertelang in einer Küche nix zu suchen. Die Kachelöfen waren in der Stube und wurden höchstens von der Küche aus geheizt. Erst mit der Aufklärung zu Ende des 18. Jahrhunderts begann sich im Wortsinn auch der Rauch in den Küchen zu heben. Einen maßgeblichen Anteil daran hatte ein Franzose in Diensten des bayerischen Kurfürsten: 1735 entwickelte der bayerische Hofbaumeiste Francois de Cuvillier für die Amalienburg in Nymphenburg den ersten vollummauerten Kochherd. Er hatte eine durchlöcherte Eisenplatte, unter der das Feuer brannte und auf der die Töpfe standen. Drüber aber war der altbekannte Rauchfang. Cuvilliers Erfindung wurde aber bald weiterentwickelt.
Armenspeise mit allem, was rumliegt und fort muss
Ende des 18. Jahrhunderts spielte der Erdäpfel eine wichtige Rolle bei der Münchener Armenspeisung: Benjamin Thompson, ein Amerikaner, der in Bayern vom Kurfürsten zum Grafen Rumford geadelt wurde, kreierte 1795 eine stärkende Suppe, die noch heute als Rumfordsuppe bekannt ist. Damit versorgte er festgenommene Bettler und Obdachlose, die in seinem "Militärischen Arbeitshaus" in der Münchener Au schuften sollten. Das ursprüngliche Rezept bestand aus Graupen, Erbsen und altem Brot - "alles, was rum liegt und fort muss", unkten Spötter. Später wurde ein Teil der Graupen durch Kartoffeln ersetzt - das sparte pro Portion nochmal einen Pfennig.
Wieder von einem Ausländer in bayerischen Diensten, einem Amerikaner diesmal: Benjamin Thompson, besser bekannt unter seinem deutschen Titel "Reichsgraf von Rumford" oder Rumford, wie man hierzulande sagt. Rumford trat 1784 in den Dienst von Kurfürst Karl Theodor und wurde später bayerischer Kriegsminister und wenig beliebter Polizeichef. Unsterblich ist er geworden durch seine zahlreichen Erfindungen, die oft mit der Wärme zu tun hatten. Unter anderem verbesserte er die offenen Kamine, entwickelte zahlreiche Sparöfen und aufbauend auf Cuvilliers Erfindung einen komplett an einen Kamin angeschlossenen Sparherd für die Küche. Dieser Rumfordherd brauchte nur halb soviel Holz wie ein herkömmlicher Herd mit offenem Feuer und wurde zunächst in Volksküchen eingesetzt, wo mit seiner Hilfe auch die berühmte nahrhafte Rumfordsuppe gekocht wurde. Er war der Vater aller Küchenherde, dessen technisches Prinzip bis heute gilt.
Mehr Bayern genießen im Fernsehen
Bei unseren Kollegen vom Fernsehen weiter mit Bayern genießen. Das alles in "Zwischen Spessart und Karwendel" sonntags, um 15 Uhr, auf BR alpha.