Unterhaltsame Tischgespräche Geistreich, geistvoll oder Small-Talk
Geist formuliert sich im Gespräch, in der zwischenmenschlichen Beziehung. Genauso definiert sich der Heilige Geist als die Beziehung zwischen dem ewigen Vater und seinem ewigen Wort, dessen Ankunft im menschlichen Fleisch wir im Advent erwarten. Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, bin ich unter ihnen – im guten Gespräch, in der Gemeinsamkeit also, kann man den göttlichen Funken erhaschen.
Die geistige Beschäftigung bei Tisch war früher, wenn alle zusammenkamen, schon bei den Mönchsorden von Anfang an höchst bedeutend. Werktags überließ man nichts dem Zufall. Da gibt es bis heute oft eine Tischlesung, der alle schweigend zuhören und über die man bei der anschließenden Rekreation sprechen kann. Am Sonntag allerdings ist das Gespräch schon bei Tisch freigegeben. Vor diesem Hintergrund versteht es sich von selbst, dass man auch anderswo an ein gutes Gespräch schon immer hohe Maßstäbe angelegt hat.
Dagegen galt lange Zeit am familiären Esstisch: Während den Mahlzeiten hat Ruhe zu herrschen! Zu Zeiten unserer Großeltern hielt man sich noch daran. Gesprochen hat wenn überhaupt der Vater, die Kinder hatten den Mund zu halten. Heute geht es am Familientisch – sofern man sich noch zum Essen trifft – lockerer zu. Und das ist gut so, denn wer am Esstisch mitreden darf, entwickelt seine sprachlichen- und intellektuellen Fähigkeiten. Auch wenn keine hochphilosophischen Gespräche geführt werden.
Alleine am Tisch zu sitzen, ist nicht gut
Das Zusammensein bei Tisch ist ein wichtiger Bestandteil des Familienlebens, es gibt Kindern Halt. Leider fällt es heute oft der Hektik, dem Beruf, dem Sport oder sonstigen Aktivitäten zum Opfer. Aber viele Eltern legen immer noch oder wieder Wert auf eine gemeinsame Mahlzeit am Tag. Denn: Alleine am Tisch zu sitzen, ist nicht gut - das hat schon der Philosoph Immanuel Kant festgestellt. Und wenn es kurz vor Mittag war, er lud sich immer Gäste ein: nie weniger als die“ Grazien“ aber auch nie mehr als die „Musen“ – also mindestens drei und nie mehr als zwölf Gäste. Denn mit mehr Gästen sei kein gutes Gespräch mehr möglich – meinte Kant. Er hatte seinen Gästen auch viel geistige Nahrung zu bieten und er beherrschte die hohe Kunst der Konversation.
"Man soll sich höflich, froh, gut aufgelegt und gesprächig an den Tisch setzen. Schlechte Nachrichten soll man nicht erzählen, um den anderen nicht den Appetit zu verderben."
Benimm-Buch, 12. Jahrhundert
Empfehlenswerte Themen für das Tischgespräch
Aber nicht nur geistvolle Gespräche, auch der Small Talk will gekonnt sein. Experten auf diesem Gebiet sind zum Beispiel Albrecht von Weech und Karl Hermann Künneth. Sie unterrichten Etikette - aber auch, was es beim Small Talk zu beachten gilt: Tabu sind alle verfänglichen und unangenehmen Themen, wie Krankheiten, Geld, Politik, Religion, Ehekrisen oder allzu Intimes. Sex hat man, darüber spricht man nicht. Auch Grundsatzdebatten über Vegetarismus. Militarismus oder ähnliche "Ismen" sind zu vermeiden.
Lieber über das Wetter reden
Das Wetter und seine Kapriolen waren lange Zeit verpönt beim Small-Talk, sind aber als Einstieg oder Überleitung durchaus wieder salonfähig. Wer Komplimente macht, erlebt vielleicht ungeahnt positive Überraschungen, auch wenn man sein Gegenüber gerade nicht allzu attraktiv findet. Nur wenn alle Beteiligten zu Wort kommen, entspinnt sich eine gute Unterhaltung. Bereiten Sie sich vor, erzählen Sie interessante Geschichten, stellen Sie Fragen - empfehlen die Small-Talk-Experten. Geeignete Themen sind Sport, Kultur, Urlaub, Essen und Trinken oder die Stadt und ihre Besonderheiten in der man sich gerade befindet.
Zum Erfolg beim Small-Talk trägt auch das aufmerksame Zuhören bei. Vieles ist möglich und vieles erlaubt, nur eines nicht: Langeweile Wer langweilig ist, wird wohl kaum wieder eingeladen. Doch, ob geistreiches Gespräch oder gepflegter Small Talk - bei Tisch sollten die Worte immer anregend und bekömmlich sein – gut verdaulich, wie das Essen.