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Werden Festivals Luxus? Wie steigende Booking-Kosten Konzerte zerstören

Rock im Park bietet Tickets für 2025 aktuell für 280€ an – und dabei ist bisher nur eine Band bekannt gegeben. Festivals werden immer teuer. Einer der Gründe dafür sollen auch steigende Gagen für Musiker*innen sein. Woran liegt das?

Von: Monika Rathmann

Stand: 17.07.2024

Eine Crowd auf einem Festival | Bild: picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth

„Ich bin sauer“ – so beginnt Katrin Fuhrmanns Linked In-Post. Die Geschäftsführerin des DJ Magazines Deutschland und Veranstalterin des Heide Park Festivals hat keine Lust mehr auf dreiste Forderungen von Künstler*innen. Die wollten nämlich immer höhere Gagen für ihre Auftritte. „Also wir beobachten das jetzt schon ein bisschen länger, dass immer mehr Festivals, sowohl kleinere als auch größere, einfach ums Überleben kämpfen. Dass es immer schwieriger wird, ein Festival zu veranstalten. Alles wird teurer, aber zum großen Teil liegt es einfach auch an den Gagen der Künstler, die immer mehr wollen“, sagt Fuhrmann.

Schuld daran sind laut der Veranstalterin auch gar nicht nur die Künstler. Die Booking Agentur zieht auch 15-20% des Preises für sich ab, auch die Produktionskosten steigen und die Crew muss angemessen bezahlt werden in Zeiten der Inflation. Die meisten Festivals gehen bei den steigenden Gagenforderungen mit, weil sie auf dem Markt relevant bleiben wollen, sagt Katrin Fuhrmann. Und, weil bekannte Namen Ticketkäufe versprechen. Fuhrmann befürchtet deshalb einen Teufelskreis: „Die Konsequenz ist halt, dass in den nächsten Jahren immer mehr Festivals einfach nicht mehr stattfinden werden. Jeder nimmt es hin, dass es dann am Ende nur noch die Big Player auf dem Markt gibt und es gar nicht mehr möglich ist, ein mittelgroßes bis großes Festival zu veranstalten für normale Veranstalter, die nicht eine Riesenagentur oder eine Kette sind“. Am Ende können nämlich nur noch wenige große Festivals wie das Lollapalooza oder das Parookaville die hohen Gagen bezahlen.

Die Nachwehen der Pandemie in der Festivalbranche

Clemens Wieser hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Er ist Booker beim Modular Festival in Augsburg. Er kommuniziert also mit den Booking Agenturen der Musiker*innen und verhandelt Preise und Konditionen für den Auftritt. Sein Fokus liegt auf deutschen Indie-Künstler*innen und Newcomer. „Also man hat schon seit vielen, vielen Jahren immer steigende Kosten im Bereich Booking. Was natürlich mit reingespielt hat, wie bei allen anderen Bereichen auch, ist die Pandemie, die da noch so ihre Auswirkungen hat und die natürlich auch wirklich effektiv bei allen für Kostensteigerungen gesorgt hat“.  Clemens Wieser kritisiert vor allem die großen Veranstalter. Und die Fans: Solange noch genug Menschen bereit sind, hohe Summen für Live-Musik auszugeben, werde seiner Meinung nach die Blase nicht platzen: „Tendenziell sehe ich schon eher die Probleme in diesen Riesengroßveranstaltungen, die ja wirklich Preise aufrufen, die nicht rechtfertigbar sind, die aber momentan gut funktionieren. Also die Taylor Swift Shows und Harry Styles Shows, die sind ja auch alle ausverkauft, aber es ist trotzdem schwer zu hinterfragen wie weit wir jetzt Kultur sind und wie weit wir Wirtschaft sind“.  

Das Modular Festival ist eine Non-Profit-Veranstaltung – veranstaltet wird es vom Stadt-Jugendring Augsburg, finanziell gefördert von der Stadt. Für Clemens spielt ein faires Miteinander im Berufsalltag eine große Rolle. Aber das wünscht er sich auch für kommerziellere Festivals: „Keiner kann ohne den jeweils anderen, und das vergisst man gerne mal und dann stehen diese wirtschaftlichen Dinge irgendwie im Vordergrund, und das ist eigentlich schade, weil wir wollen eigentlich nur tolle Konzerte machen und Menschen glücklich machen. Und das sollte manchmal wichtiger sein, als dass der letzte Euro auch noch mit da dran verdient wird“.  

Für Musiker*innen ist das “Live-Business eins der wichtigsten”

Früh ausverkauft war in diesem Jahr das Metal-Festival “Summer Breeze”. Alex Härtel, der dort im Marketing arbeitet, freut das, denn auch er erlebt steigende Kosten in allen Bereichen. Genau deshalb schätzt er die Lage gerade anders ein als Wieser und Fuhrmann: “Grundsätzlich finde ich es vollkommen nachvollziehbar, dass eine Band auch wirtschaftet, das müssen sie machen, weil sie haben einfach weniger Einnahmen durch CD Verkäufe, sie haben immer härtere Deals mit Labels oder Merchandise Companies. Und deswegen ist ja nun mal das Live-Business eins der wichtigsten“.  Aber ist das wirklich gerecht?

Auch Alex Härtel sieht, dass sich die Prioritäten der Fans langsam verschieben. Wer weiß, wie lange sein “Summer Breeze” noch ausverkauft ist: „Es ist definitiv nicht mehr so, dass man mal eben locker einen großen Urlaub macht im Sommer, aber zusätzlich auch noch vier bis sechs Tage auf ein Festival fährt. Wir hören das ganz oft von den Fans: Es ist Festival oder Urlaub. Und umso krasser ist ja auch die Entscheidung, die die da Fällen, auf dieses Festival zu gehen“. 

Festivals sollen für alle zugänglich bleiben

Für Katrin Fuhrmann ist genau diese notwendige Abwägung Ticketkäufer in Bezug auf die Preissteigerung das große Problem: „Man muss irgendwie versuchen, die Ticketpreise wieder niedriger zu bekommen, sodass ein Festival in 5 Jahren nicht nur für Leute gemacht wird, die mehr verdienen. Sondern Festivals sollen ja für alle Leute zugänglich sein und ich glaube das wird langfristig nur über die Gagen gehen, weil Produktionskosten, die kann man glaube ich nicht so einfach nach unten treiben. Allein die Bühne, die kostet einfach super viel Geld. Die Technik, das ganze Drumherum, die ganzen Genehmigungen... Ich habe trotzdem das Gefühl, dass gerade so ein bisschen was passiert, die Veranstalter sprechen miteinander, die Booker sprechen miteinander. Das ist ja manchmal auch der erste Schritt überhaupt zu einer Veränderung“.

Trotzdem: Die großen Acts wie Adele, Harry Styles und Taylor Swift könnten ein bisschen was für die kleineren Bands abgeben und so auch dafür sorgen, dass die Ticketpreise bezahlbar bleiben – das wäre zumindest Katrin Fuhrmanns Wunsch.