Hamas-Dreieck etc. Diese Antisemitischen Symbole sind im Moment überall zu finden
Man sieht sie auf Plakaten, an Hauswänden oder als Pins am Rever von Schauspieler*innen: Symbole, die Solidarität mit palästinensischen Menschen ausdrücken sollen. Darunter sind auch antisemitische und islamistische Zeichen, die Antisemitismus normalisieren. Ein Überblick.
In den vergangenen Tagen und Wochen wurde an verschiedene Gebäude Berliner Universitäten rote Dreiecke gesprüht. Auch auf Plakaten und Kleidungsstücken ist das Zeichen zu sehen, so auch in Bayern.
Das rote Dreieck – im Fadenkreuz der Hamas
Das rote Dreieck wirkt erstmal harmlos, erinnert es doch an die palästinensische Flagge, die auch ein rotes Dreieck enthält. Tatsächlich ist es aber „das bedrohlichste Symbol, das gerade verwendet wird“, sagt Nikolas Lelle von der Amadeu-Antonio-Stiftung, „denn genau dieses auf der Spitze stehende rote Dreieck benutzte die Hamas am 7. Oktober um ihre Ziele zu markieren.“ Ähnlich wie in einem Ego-Shooter-Computerspiel markiert ein rotes Dreieck in Hamas-Propaganda-Videos israelische Ziele wie Panzer oder Gebäude, bevor sie attackiert werden.
„Das heißt, wenn wir heute hier in Nachtklubs, bei Kneipen im oder eben auch an den Universitäten rote Dreiecke, die auf der Spitze stehen, vorfinden, dann hat es durchaus auch was zu tun mit einer Feindmarkierung, also mit einer Drohung“ erklärt Lelle. Besonders dann, wenn das Dreieck mit Namen versehen ist, wie auf einem Transparent an der Freien Universität Berlin (FU) Anfang der Woche, auf dem es heißt „Bibi, Blumi, Kai, Ziegler – we are coming for you“, was man mit „wir sind hinter euch her“ übersetzen könnte. Gemeint sind Netanyahu, die Präsidentin der Humbold Universität Julia von Blumenthal, der Berliner Bürgermeister Kai Wegner und der Präsident der FU Günther Ziegler.
„Es gibt eine Erklärung von pro-palästinensischen Gruppierungen, die sagen: so verwenden wir dieses rote Dreieck nicht“, sagt Lelle. Vielmehr zitiere man das rote Dreieck, mit dem in den deutschen KZs politische Gefangene markiert wurden. „Ehrlich gesagt finde ich diese Erklärung oder diese Ausrede bizarr“ entgegnet Lelle, denn dann würden „diese pro-palästinensischen Aktivistinnen glauben, sie seien die neuen politischen Gegner eines neuen Nationalsozialismus, den sie wahrscheinlich in den Israelis sehen. Wir haben es ja also nicht nur mit israelbezogenem Antisemitismus zu tun, sondern auch mit Shoah Relativierung.“
Die Landkarte – From The River To The Sea
Ein weiteres Zeichen, das man immer wieder bei Protesten und auf Plakaten sieht ist eine Landkarte von Palästina auf dem Gebiet, wo heute die Westbank, Israel und der Gazastreifen liegen, wobei dann der gesamte Landstrich als Palästina markiert wird: „Das Signal ist ganz klar: Diese Leute wollen einen palästinensischen Staat an der Stelle Israels und nicht etwa einen an der Seite Israels.“ erklärt Nikolas Lelle „also hier geht es wirklich um Auslöschungsfantasien, hier geht es darum, Israel das Existenzrecht abzusprechen.“
Die rote Hand – getränkt in Blut?
Das dritte und umstrittenste Symbol: Die rote Hand. Zu sehen Anfang des Jahres am Rever einiger Schauspieler*innen und Gästen bei der Oscar-Verleihung. Aber auch bei Protesten an der Universität der Künste Ende letzten Jahres in Berlin.
„Das ist ein wirklich kompliziertes Symbol.“ Meint Nikolas Lelle „und wie alle Symbole muss man immer schauen, in welchem Kontext wird das benutzt? Und welche Botschaft will die rote Hand senden? Jüdinnen und Juden in Deutschland haben gesagt: das ist eine offene Drohung, denn es spielt an - kann so gelesen werden - auf den Lynchmord von Ramallah“
Am 12. Oktober 2000 verirrten sich zwei Israelische Soldaten nach Ramallah und wurden dort von einem Mob auf brutale Art ermordet „und es gibt eine ganz berühmte Fotografie, wo einer der Täter seine roten Hände gegen den Mob hält, der das feiert, sozusagen die blutüberströmten Hände“ erklärt Lelle .„Dann ist diese rote Hand natürlich verstanden worden als eine Bedrohung - wir tränken unsere Hände mit eurem Blut.“
Die protestierenden Student*innen an der Berliner Uni und andere Aktivisten entgegneten, die roten Hände sollen das Blut symbolisieren, das an den Händen deutscher Politiker*innen klebe, weil sie Israel mit Waffen unterstützen. Und Billie Eilish will ihre Hände sicher nicht im Blut anderer tränken. Inzwischen sollten aber alle wissen, wie die roten Hände von jüdischen Mitmenschen verstanden werden, sagt Lelle. Und: die Verwendung von islamistischen Zeichen hält er außerdem für gefährlich.
Radikalisierung und Normalisierung von Islamismus
„Es wird normal, das Studierende, die sich für progressiv halten, hier islamistische Forderungen stellen, zum Beispiel nach einer Intifada“. Denn eine Intifada sei nun mal der Aufruf israelische Zivilisten zu terrorisieren und zu töten. „Es gibt also eine Normalisierung von Islamismus.“ warnt Nikolas Lelle von der Amadeu-Antonio-Stiftung. Das sei ein Zeichen einer Radikalisierung „denn es geht nicht mehr darum, einen Kompromiss zu finden. Es geht nicht mehr um Frieden. Es geht um eine gewaltsame Austragung des Konflikts.
„Es gibt gute Gründe, sich für die palästinensische Zivilbevölkerung einzusetzen“
Das heißt aber nicht, dass es keine legitimen Formen des Protests gibt, meint Antisemitismus-Experte Nicolas Lelle: „Es gibt gute Gründe dafür, sich einzusetzen für die palästinensische Zivilbevölkerung, die seit dem Oktober leidet unter diesem Krieg mit sehr vielen Toten.“ Aber man müsse eben immer die ganze Geschichte erzählen „Wer nur noch über den Gaza-Krieg redet, ohne davon zu reden, was am 7. Oktober passiert ist und dass die Hamas die Hauptschuld daran trägt, dass dieser Krieg losgebrochen ist. Wer vergisst, dass es weiterhin Geiseln im Gazastreifen gibt, der erzählt die Geschichte immer nur halb und deshalb auch verzerrt. Bei dem roten Dreieck zum Beispiel sieht man doch ganz konkret, dass hier Symbole benutzt werden von Leuten, die sich für progressiv halten, Symbole benutzt werden, die von den Tätern des 7. Oktober eingeführt worden sind“ sagt Lelle. „Und der Haupteffekt ist, dass Jüdinnen und Juden sich immer unsicherer fühlen in diesem Land und mit noch größerer Sorge überlegen müssen, ob sie sich als jüdisch zu erkennen geben können.“