Pabst über eine Tour ohne Gewinn "Einfach die Ticketpreise hochziehen, das kann nicht die Lösung sein"
Erfolgreich auf Tour gehen und davon noch nicht einmal die Krankenkassenbeiträge zahlen können. Was zunächst nach verkehrter Welt klingt, ist für die Berliner Band Pabst Realität. Sie erklären, warum auch gut besuchte Live-Auftritte kein Garant mehr für finanzielle Sicherheit sind.
Sie klingen nach verzerrten Gitarren, ein bisschen nach Grunge, spielen trotzdem aber auch immer wieder leichte Indie-Melodien. Das Berliner Trio Pabst gibt es seit 2016. Seitdem haben sie drei Studioalben veröffentlicht, bei Rock am Ring gespielt und waren als Vorband von Billy Talent unterwegs. Ihre letzte eigene Tour „1,2,3, Go!“ führte sie in 19 Städte in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Tschechien. So weit, so gut - wäre da nicht ein Problem: Diese Tour sei eigentlich gut gelaufen, aber finanziell ist trotzdem nichts relevantes hängengeblieben, erklärt Sänger Erik Heise. Das Prinzip, auf das sich laut Heise bisher die meisten Musikschaffenden einigen konnten, nämlich dass sie heutzutage Musiker über Touren noch Geld verdienen können, ist damit hinfällig.
Das falsche Versprechen an die Künstler:innen
Mit Touren Geld verdienen - Lange galt diese Annahme und war auch eine Art Versprechen an die Künstler:innen: Ja, mit verkauften Alben verdient ihr nicht mehr viel und ja, auch die Einnahmen durch Streamingdienste sind bei weitem nicht genug, um davon leben zu können. Gerade mal 0,3 Cent bekommen Künstler:innen beispielsweise auf Spotify pro Stream. Aber, so das Versprechen weiter: Durch Streamingdienste werden die Menschen aufmerksam auf Künstler:innen. Und diese Menschen geben dann Geld für Konzertkarten und Merch aus. Geld, von dem sich die Künstler:innen im besten Fall finanzieren können. Doch so ganz scheint diese Hoffnung nicht erfüllt zu werden.
Studie zur Zahlungsbereitschaft für Konzerttickets
Dabei haben Wirtschaftswissenschaftler der Uni Hamburg eine Studie veröffentlicht, die ein Hoffnungsschimmer sein könnte. Das Ergebnis: Wer für einen Musikstreamingdienst Geld zahlt, besucht mehr Konzerte als Personen mit keinem oder kostenlosen Abo und ist folglich und auch bereit, mehr Geld in Live-Auftritte zu investieren, fasst Mitautor Janis Denk die Ergebnisse zusammen. Bis zu 180 Euro geben Premium-Streamer laut der Studie im Schnitt jährlich für Konzerte aus. Soweit die Theorie.
Für welche Konzerte das Geld ausgegeben wird, haben die Hamburger Wissenschaftler nicht untersucht. Aber klar, an Nachfrage mangelt es bei den Superstars schonmal nicht. Die Konzerte von Beyoncé, Taylor Swift und zuletzt die zehn Adele-Konzerte in München sind schnell ausverkauft. Da zahlen die Menschen auch gerne mehrere hundert Euro pro Karte. Aber für den Rest, der eben nicht ganz oben an der Spitze steht, ist das Musikbusiness ein hartes Pflaster.
Kaum möglich von der Musik zu leben
Obwohl Pabst nicht unerfolgreich sind, ist müssen alle drei Bandmitglieder Vollzeit arbeiten, um sich ihr Leben und die Band finanzieren zu könne. Wie ihnen gehe es vielen anderen Bands auch, erzählt Bassist Tilman Kettner. Ab einer gewissen Größe, könne man schon von der Musik leben, es sei aber schwer, überhaupt zu diesem Punkt zu kommen. Und auch Kulturförderungen helfen nur bedingt, da diese immer fest an konkrete Projekte geknüpft seien. Fixkosten wie Miete könne man damit nicht decken.
Früher war es für kleine Bands leichter
Dass eine Band ihrer Größe nur nebenbei funktioniert, war nicht immer so. Sänger Erik erzählt von Reaktionen, nachdem er auf der Plattform Threads über die ernüchternden Zahlen der Tour gepostet hatte.
"es sind wirklich WILDE zeiten für bands... man hat sich gerade von der letzten, eigentlich echt geilen tour erholt, bekommt die zahlen rübergemailt und realisiert, dass man mit dem gewinn eigentlich noch nichtmal seine krankenkassenbeiträge begleichen kann und die streamingeinnahmen reichen für einen falafel dürüm iloverocknroll"
Quelle: @pabsttheband auf Threads
Der Journalist und Autor Johnny Haeusler habe Erik geschrieben: „ dass er auch früher eine Band hatte und die mit ganz ähnlichen Zahlen wie wir, also was so Besucher:innen auf Konzerten angeht und Verkäufe von Tonträgern – oder sogar viel weniger – davon ganz gut leben konnten. Gigs vor 300 Leuten und 1.000 verkaufte, selbstgemachte Alben, wahrscheinlich auf CD, haben da schon gereicht, um irgendwie über die Runden zu kommen. Also das kann man heute wirklich überhaupt nicht mehr sagen – auch mit angeglichenen Preisen.“
Ticketpreise erhöhen? Nein Danke!
Apropos angeglichene Preise: Was wäre denn, wenn Pabst die Ticketpreise einfach erhöhen würde? Doch diese, auf den ersten Blick banale Lösung, lehnt die Band ab. Denn: Konzerte sollen nicht zum Luxusgut werden, sondern für alle offen sein, so Bassist Tilman. „Einfach nur die Preise hochziehen, das kann nicht die Lösung des Ganzen sein.“ Was kann stattdessen die Lösung für Bands ihrer Größe sein? Den einen konkreten Vorschlag haben Pabst auch nicht. Was sie sich aber wünschen würden, wäre mehr Wertschätzung und Förderung für Kultur in unserer Gesellschaft. Tilman formuliert es so: „Es muss anerkannt werden, dass Menschen da viel Aufwand, Herzblut und Zeit reinstecken und es gesellschaftlich aber nur bedingt honoriert wird. Kultur sollte einfach einen anderen Stellenwert bekommen.“