Wie in "Dune" Warum Greta Thunberg deutsche Konzerne in der Westsahara bekämpft
Diese Geschichte erinnert an den Film "Dune", ist aber real: Aktivisten aus der ganzen Welt kämpfen gerade in der Westsahara für Klimagerechtigkeit und gegen Ausbeutung. Auch Greta Thunberg ist vor Ort – unter anderem wegen einer Firma aus Bayern.
Eine Wüstenregion mit wertvollen Bodenschätzen. Bewohnt von Menschen, die sich an die Umgebung angepasst haben. Eine Umgebung, die aber schon seit über hundert Jahren von einer fremden Macht besetzt wird. Es hört sich an wie eine Blaupause der fiktiven Sci-Fi-Story von DUNE – ist aber real. Es geht um die Wüstenregion der Westsahara. Erst waren es die Kolonialmächte Frankreich und Spanien, jetzt ist es der Nachbarstaat Marokko, der die Region besetzt. Gegen den Willen der einheimischen Sahrauis, die sich in Strukturen organisieren, in denen vor allem Frauen sehr stark und an vorderster Front aktiv sind. Eine davon ist Najla Mohamed-Lamin. „Wir müssen das gelöst bekommen. Wir können nicht weitere 50 Jahre diesen Konflikt, diese Ignoranz und diese Verletzung unserer Rechte ertragen", sagt sie. Es sei eine dringende Angelegenheit, nicht nur für die Sahrauis, sondern auch für die internationale Gemeinschaft.
Warum Greta Thunberg in die Westsahara gereist ist
Die Menschenrechtsaktivistin und Lehrerin kämpft schon lange für die Rechte ihres Volkes. 2023 wurde sie zu einer der 100 Frauen des Jahres von der BBC gekürt. Und gerade ist sie mit einem buntem Potpourri aus anderen Aktivist*innen aus der ganzen Welt in ihrer Heimat zusammengekommen. Zum Beispiel aus Japan, Chile, Kolumbien, oder Italien. Sogar Greta Thunberg ist in der Westsahara – und schickt dem Zündfunk Sprachnachrichten. Denn, so sagt sie: Hier geht’s um Klimagerechtigkeit. „Es sollte sich von selbst verstehen, dass es keine Klimagerechtigkeit auf besetztem Land geben kann“, sagt Thunberg. Und weiter: „Wir können Klimagerechtigkeit nicht in einem System erreichen, welches kurzfristigen Profit über alles stellt und die geopolitische Macht um jeden Preis aufrechterhalten will.“
Westsahara besonders von Klimawandel betroffen
Klimaaktivist*innen warnen vor stetig steigenden Temperaturen in der Region, die ein Leben fast unmöglich machen. Im Juli 2023 wurde die Rekordmarke von 64 Grad Celsius erreicht. Und es gibt noch eine andere Verbindung der Westsahara zum Klimagerechtigkeitskampf. Ähnlich wie im Film DUNE, in dem der seltene Rohstoff „Spice“ große Begehrlichkeiten im Universum auslöst, ist es auch in der Westsahara. Hier sind es gleich mehrere natürliche Ressourcen. Der Münchner Aktivist Kerem Schamberger, der gerade auch vor Ort ist, sagt: „Viele europäische und vor allem auch deutsche Firmen beteiligen sich aktiv an der Ressourcenplünderung besetzter Gebiete.“
Warum deutsche Konzerne sich für die Westsahara interessieren
Es gehe zum Beispiel um Phosphat, was die Landwirtschaft für Düngemittel braucht. Aber auch um Zement, Sand, Gemüse und die Gewinnung nachhaltiger Energien wie Sonne und Wind. „Greenwashing“, findet Kerem Schamberger. Weil diese nachhaltigen Energien aus einem besetzten Gebiet kämen. Die sahrauische Bevölkerung schaut mit ihrer Organisation „Western Sahara Research Watch“ dabei ganz genau, welche Firmen was tun. Und Aktivisten wie Kerem Schamberger kritisieren das Vorgehen der deutschen Unternehmen, weil die Sahrauische Bevölkerung davon keinen Nutzen zieht, sondern das Geld nur in die Wirtschaft Marokkos fließt.
Auch Gemüse kommt aus der Westsahara
Schamberger verweist auf den europäischen Gerichtshof. Der hat letztes Jahr festgestellt, dass Fischerei- und Handelsabkommen zwischen der EU und Marokko wegen der Besatzung der Westsahara nichtig sind. Geklagt hatte unter anderem auch die französische Landwirt*innen-Gewerkschaft. Die prangert an, dass Gemüse aus der Westsahara fälschlicherweise mit Marokko als Herkunftsland angepriesen wird. „Es wird jetzt darauf hinauslaufen, dass die kompletten Handelsbeziehungen mit Marokko seitens der EU komplett neu aufgestellt werden müssen“, sagt der Aktivist. Hunderte Millionen Euro jährlich seien über die Ausbeutung natürlicher Ressourcen und Landwirtschaft in europäische Konzernkassen geflossen.
Diese deutschen Firmen stehen in der Kritik
Deutsche Firmen, die hier beteiligt sind, sind laut Aktivisten zum Beispiel: Heidelberg Materials, die den Sand und Zement der Westsahara abbauen sollen, Köster Marine Proteins oder die Briese Schifffahrt, die wohl in den Gewässern fischen und die Münchner Firma Siemens Energy, die laut den Sahrauis Solar- und Windanlagen in der Westsahara aufgebaut hat. Siemens Energy sehen die Aktivisten besonders kritisch – man tue so, als würde man grünen Strom verkaufen – der aber billig in einem besetzten Gebiet hergestellt wird. Greta Thunberg: „Eine grüne Transition kann niemals auf dem Leid von Menschen ausgetragen werden. Wir müssen diese Lügen erkennen und diese Plünderung der natürlichen Ressourcen der Westsahara aufdecken.“
So reagieren die Konzerne auf die Kritik
Und was sagen die Konzerne? Zwei der vier genannten reagieren auf Anfrage. Siemens Energy lassen mitteilen, dass sie sich nicht äußern wollen. Und Heidelberg Materials, der Zementriese, widerspricht gänzlich: „Das Unternehmen führt in der Westsahara keinerlei Abbauaktivitäten durch und beachtet entsprechend das Verbot der Ausbeutung von Ressourcen in besetzten Gebieten.“ Bei den Sahrauis klingt das anders. Die „Western Sahara Researc Watch“ konstatiert einen massiven Ausbau des Zementabbaus in den besetzten Gebieten. Für Najla Mohamed-Lamin ist die Sache deshalb klar: Die Sahrauis können sich – anders als die Wüstenmenschen in DUNE – auf niemanden außer sich selbst verlassen. Ihr Fazit: „Wir können uns nicht auf die internationale Gemeinschaft verlassen, sondern nur auf uns. Auf unseren Einsatz für unsere Rechte, auf den gerechten Weg, den wir in unseren Herzen tragen.“