In einem Instagram-Video ist der iranische Rapper Toomaj Salehi zu sehen, wie er mitten auf einer Straße im Iran läuft und die Menschen dazu aufruft, gemeinsam mit ihm und seinen Begleiterinnen und Begleitern zu protestieren. Er ruft: „Wir brauchen keine Zuschauer, schließt euch uns an.“ Kurz zuvor wurde die junge Kurdin Zhina Mahsa Amini durch die Hand der Sittenpolizei in Teheran getötet, ein brutales Ereignis, das die größten Massenproteste in der iranischen Geschichte seit der Entstehung der Islamischen Republik ausgelöst hat. Einer ihrer Wortführer ist der Ingenieur und Protest-Rapper Toomaj Salehi, der nun von einem Gericht zu Tode verurteilt wurde. In einem anderen Video auf seinem Instagram-Kanal sieht man ihn mitten auf einem Straßenprotest zu seinen Followern sprechen. Im Hintergrund hört man die Menschen rufen: „Tod dem Diktator“. 

Was Toomaj zur Revolution sagt

Toomaj hält dort diese Rede: "Die meisten, die seit dem Tod von Mahsa Aminis auf Irans Straßen protestiert haben, sind zwischen 15 und 25 Jahre alt. Ihr Protest richtet sich gegen die Ermordung ihrer Mitbürgerin und gegen 43 Jahre Schikane der iranischen Frauen und Mädchen im Iran. Wie kann man sie allein lassen? Ich lade euch nicht dazu ein, zu demonstrieren, weil ich nicht für eure Gesundheit garantieren kann, aber ich lade euch dazu ein, eure Mitmenschen zu unterstützen, an ihrer Seite zu stehen, soweit ihr könnt. Ich lade euch ein, zu versuchen, egal auf welche Weise, das Töten und Verhaften eurer Mitmenschen zu verhindern."

Die politischen Aktivitäten von Toomaj Salehi haben nicht erst nach dem Tod von Zhina Mahsa Amini begonnen. Bereits vor acht Jahren hat er zu rappen begonnen und ist heute bekannt für seine scharfen und hochpolitischen Texte, in denen er die Islamische Republik, ihre Brutalität und Korruption angreift. In seinem Song „Soorakh Moosh“, auf Deutsch "Rattenloch", rät er den Herrschenden und ihren Anhängern, sich schon einmal ein Rattenloch, also ein Versteck, zu suchen für die Zeit der Revolution. 

Wie Toomaj im Iran verfolgt wird

Das Bild von Mahsa Amini auf einer Demonstration

Seit diesem Song im im Jahr 2021 wurde Toomaj mehrmals verhaftet und verurteilt. Lange Zeit war er gezwungen, im Verborgenen zu leben und seinen Aufenthaltsort ständig zu wechseln. Bereits nach seiner letzten Verhaftung im Jahr 2022 wurde über eine mögliche Todesstrafe gesprochen, der internationale Aufschrei war groß. In Deutschland hat die SPD-Bundestagsabgeordnete Ye-One Rhie Toomajs die politische Patenschaft angenommen. Die Unterstützung half. Trotz eines Urteils zu sechs Jahren Haft wurde Toomaj vergangenes Jahr auf Kaution freigelassen.

Im November 2023 nimmt er ein Video auf, in dem er sich bei seiner Familie und seinen Unterstützern bedankt. Er erzählt von seiner Isolation, dem enormen Druck und den Folterungen im Gefängnis und gibt Details über seine Verletzungen preis. Er betont, dass er gegen alles, was ihm im Gefängnis widerfahren ist, Anklage erhoben hat. Am Ende spricht er über seine Liebe zu den Menschen und äußert seine Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Kurz nach diesem Video stürmen Männer in Zivil das Haus, in dem er sich zu jener Zeit befindet, und nehmen ihn gewaltsam mit. Am 24. April gibt Toomajs Anwalt bekannt: Ein Richter habe ihm mitgeteilt, dass sein Mandant zum Tode verurteilt wurde. Auch dieses Mal ist der Aufschrei laut, nicht nur auf den Digitalplattformen. Im Iran skandieren Menschen auf ihren Dächern Parolen und sprühen "Free Toomaj" auf die Stadtmauer. In Deutschland und anderen Ländern finden bereits in der Nacht Kundgebungen statt.