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Der schwierige Weg zum Klimakonsens

Internationale Klimapolitik Der schwierige Weg zum Klimakonsens

Stand: 23.11.2022

Die Erde zwischen unseren Händen | Bild: picture-alliance/dpa

Der Klimawandel wartet nicht, bis die Politik auf Klimakonferenzen entschieden hat. Er schreitet voran und die Dringlichkeit nimmt zu, politische Entscheidungen zu treffen, um mit strikten Klimazielen auf internationaler Ebene einen Wandel herbeizuführen. Zu diesem Zweck treffen sich die Staaten, die der UN-Klimakonferenz angehören. Bei dieser seit 1995 jährlich stattfindenden Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the Parties, COP) sucht die Politik nach besserem Klimaschutz, wenn auch nicht mit dem Tempo und Nachdruck, den sich viele Klimaforscher, Umweltschützer und "Fridays for Future"-Anhänger wünschen. Häufig hinken die Ergebnisse den Erfordernissen hinterher.

Weltklimagipfel COP27 in Scharm El-Scheich

Vom 6. bis 20. November 2022 trafen sich die Vertreter der Vertragsstaaten im ägyptischen Scharm El-Scheich zum Klimagipfel COP27, dreißig Jahre nach der ersten internationalen Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992. Ursprünglich als UN-Klimakonferenz 2021 geplant, wurde COP27 aufgrund der COVID-19-Pandemie vertagt.

Die Beschlüsse auf der Klimakonferenz COP27

Der wohl wichtigste Erfolg in der Abschlusserklärung des Klimagipfels in Scharm El-Scheich war die Weichenstellung für einen Fonds zum Ausgleich klimabedingter Schäden. Außerdem wird dort das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens bekräftigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber 1,5 Grad verglichen mit dem vorindustriellen Niveau, zu begrenzen. Bekräftigt wurde auch das Bekenntnis zur Abkehr von der Energieerzeugung aus Kohle. Ein Ausstieg bei Erdgas und Erdöl wurde hingegen nicht beschlossen. Die Konferenz-Teilnehmer einigten sich zudem auf ein Aktionsprogramm zur Senkung der Treibhausgasemissionen, das allerdings weniger ehrgeizig ausfiel als etwa von der EU gewünscht.

Trotz dieser Erfolge hat die Klimakonferenz COP27 aus Sicht von Wissenschaftlern allerdings nur Minimalanforderungen erfüllt. Die Beschlüsse bleiben - auch diesmal - weit hinter dem zurück, was tatsächlich notwendig wäre, um die Erderhitzung wirksam zu bremsen.

COP26 - was auf der Welt-Klimakonferenz 2021 beschlossen wurde

Nach zweijähriger Corona-Pause tagte im November 2021 der Weltklimagipfel COP26 im schottischen Glasgow. Dieser UN-Klimagipfel hätte eigentlich schon ein Jahr zuvor stattfinden sollen, wurde aber wegen der Corona-Pandemie im April 2020 abgesagt.

Nach einer eintägigen Verlängerung einigten sich die knapp 200 Staaten des Glasgower Klimagipfels auf einen Abschlussbericht. Darin zu finden: Absichtserklärungen, Forderungen und Pläne zum Klimaschutz. Vor allem der dort festgehaltene Kohleausstieg sticht heraus. Ein Überblick über die Ergebnisse von COP26 findet sich hier.

Ist das 1,5-Grad-Ziel schon verloren?

Wie plausibel 1,5-Grad-Ziel? Ohne sozialen Wandel geht nichts

Allerdings waren nach COP26 nicht nur viele Umweltverbände und Klimaaktivisten unzufrieden. Wissenschaftler warnten, dass die Welt gerade dabei sei, das im Paris-Protokoll festgelegte 1,5 Grad-Ziel zu verpassen.

Verschärfung der nationalen Klimaziele Ende 2020 nicht erreicht

Ein wichtiges Ziel des Paris-Protokolls wurde bereits 2020 weit verfehlt: Die Staaten hatten sich verpflichtet, im 5-Jahres-Rhythmus die nationalen Klimaschutzbeiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) jeweils nachzubessern, da schon 2015 bei der ursprünglichen Vereinbarung klar war, dass diese nicht ausreichen würden, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Ende 2020 wären die neuen NDCs fällig gewesen: Alle Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens waren aufgefordert, schärfere Klimaziele vorzulegen.

Erderwärmung schreitet voran

Die Teilnehmer der UN-Klimakonferenzen sind sich immerhin einig, dass die Erderwärmung zumindest gebremst werden muss. Doch statt den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, bläst die Menschheit immer mehr davon in die Erdatmosphäre. Die Konzentration an CO2 in der Erdatmosphäre steigt Jahr für Jahr an, warnt die Weltorganisation für Meteorologie (WMO).

"Wir müssen uns klar darüber werden, dass wir heute noch Entscheidungsoptionen haben. Wir haben ein Zeitfenster von vielleicht zwanzig Jahren, in dem wir darüber befinden, wie nachfolgende Generationen das Klima auf dieser Erde erleben werden."

Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut, anlässlich der Veröffentlichung des zweiten Teils des fünften Weltklimaberichts des Weltklimarats IPCC im April 2014

Nach Einschätzung des Weltklimarats (IPCC) könnte die Temperatur Ende des Jahrhunderts bis zu vier Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau liegen, falls keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Die Weltklimaberichte des IPCC zeigen das deutlich.

Warum die Einigung im Klimaschutz so schwierig ist

Industriestaaten gegen Schwellenländer

Historisch betrachtet sind die heutigen Industrieländer die Hauptverantwortlichen für die Erderwärmung. Zwar stößt heutzutage das Schwellenland China pro Jahr deutlich mehr Treibhausgase aus als die USA. Aber CO2 wirkt in der Atmosphäre etwa 100 Jahre lang nach. Werden alle Emissionen seit Beginn der systematischen Aufzeichnungen um 1850 zusammengerechnet, führen die USA gefolgt von der EU die Liste an (Daten 1850-2004). Aus dieser Tatsache leiten aufstrebende Wirtschaftsnationen ab, sie hätten in Sachen Treibhausgase noch etwas gut, um in ihrer Entwicklung weiterzukommen.

Pro-Kopf-Ausstoß

Je nach Statistik lässt sich die Bevölkerung des einen oder eines anderen Landes zum Sündenbock in Klimafragen erklären. So kann man auch den Pro-Kopf-Ausstoß, also wie viel jeder einzelne Bürger eines Staates zur Erderwärmung beiträgt, in den Mittelpunkt der Berechnungen stellen. Nimmt man statt der nationalen Gesamtemissionen den Pro-Kopf-Ausstoß als Richtmaß, sind Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Australien und Kanada die Hauptsünder (Stand 2018).

Nicht eingerechnet in die Pro-Kopf-Emissionen ist allerdings der exportierte CO2-Ausstoß - wenn die Produktion von emssionsstarken Produkten in andere Länder ausgelagert wird, aus denen Waren importiert werden.

Entwicklungsländer zahlen drauf

Die klimatischen Veränderungen werden allen Vorhersagen und Statistiken zufolge besonders die Menschen in Entwicklungsländern treffen. Niedrig liegende Küstengebiete in Bangladesch und Inseln wie die Malediven sind von einem steigenden Meeresspiegel bedroht. In der Sahelzone werden durch mehr Dürren und Überschwemmungen die Nahrungsmittel und Trinkwasser noch knapper. Diesen Ländern mangelt es jedoch nicht nur an Geld und Technologie, um sich besser auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten. Sie haben kaum Lobby und nur eine schwache Verhandlungsposition in den internationalen Gesprächen.

Nationale Wirtschaftsinteressen

Häufig kollidieren internationale verbindliche Zusagen mit wirtschaftlichen oder machtpolitischen Interessen im eigenen Land. Für die Schwellenländer hat das Wirtschaftswachstum Priorität. Die Golfstaaten leben vom Export von Erdöl, Deutschland vom Export energie- und kostenintensiver Technologie. Brasilien rodet Amazonas-Regenwälder und belastet damit das Weltklima. Australien, die USA und Kanada setzen noch immer hauptsächlich auf fossile Brennstoffe. In der Vergangenheit haben diese Staaten die Verhandlungen oft ausgebremst.

Innenpolitische Abhängigkeiten

Die Klimapolitik eines Landes kann sich durch veränderte innenpolitische Konstellationen schnell ändern. In Deutschland ließ der Atomausstieg und der schleppende Ausbau regenerativer Energien die CO2-Emissionen zwischenzeitlich wieder ansteigen. Die australischen Konservativen haben sich gegen die Klimaschutz-Steuer ihrer Vorgänger entschieden. Und während dem ehemaligen US-Präsident Obama noch eine notwendige Mehrheit im Kongress fehlte und US-Präsident Trump von Klimapolitik nichts hielt, konnte Präsident Biden inzwischen ein Gesetzespaket zur Bekämpfung des Klimawandels in den USA durchsetzen - wenn auch mit vielen Abstrichen. Langfristige Klimapolitik ist innenpolitisch - egal, wo auf der Welt - eben meist nur schwer durchsetzbar.

Historische Schuld und künftige Sünder

Im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ist die weltweite Durchschnittstemperatur bereits deutlich gestiegen. Der größte Teil der Treibhausgase wird weiterhin von den Industrieländern und Schwellenländern ausgestoßen. Die Pro-Kopf-Emission wird dort noch auf Jahre die der Entwicklungsländer deutlich übersteigen. Die Industrieländer haben daher eine historische wie aktuelle Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel. Doch es ist auch klar, dass die Entwicklungsländer den Industriestaaten auf dem Weg des Fortschritts folgen wollen und somit mehr Treibhausgase ausstoßen werden.

Aufschwung ohne Emissionszuwachs

Besonders in Schwellenländern wie China und Indien nehmen die Emissionen stark zu und werden es weiter tun, wenn es nicht gelingt, das erwünschte wirtschaftliche Wachstum von der Zunahme der Treibhausgase zu entkoppeln. Doch gerade viele ärmere Staaten fürchten: Strenge globale Regeln für den Klimaschutz könnten ihr dringend erhofftes Wirtschaftswachstum bremsen. Das Kyoto-Protokoll hatte die Entwicklungsländer von allen Verpflichtungen ausgenommen. Umso dringender war es, mit dem Abkommen von Paris ein neues globales Klimaabkommen zu finden, dem sich auch Schwellen- und Entwicklungsländer anschließen konnten. Beim Glasgower Klimagipfel wurde zudem beschlossen, das reiche Länder in einen Topf einzahlen, um Klimafolgen in armen Staaten durch technische Hilfe abzufedern. Eine Kompensation der Klimafolgen, auch solcher in der Vergangenheit, soll es nicht geben.