Erderwärmung Wie der Klimawandel Klimazonen verschiebt
Der menschengemachte Klimawandel macht uns nicht nur mit Wirbelstürmen, Waldbränden und Dürren Feuer unterm Hintern. Er verschiebt ganze Klimazonen. Und das macht es in manchen Wüstenregionen sogar wieder feuchter.
Im Zuge des Klimawandels breitet sich die tropische Zone allmählich aus. Mit dieser Entwicklung einher geht die Erwärmung der hohen Breiten, insbesondere der Arktis. Die borealen und polaren Klimazonen verlagern sich nach Norden. Ein Trend, der sich vermutlich fortsetzen wird. Dadurch scheint sich die atmosphärische und ozeanische Zirkulation abzuschwächen. Zuletzt war die Atlantische Umwälzströmung so schwach wie noch nie in den vergangenen 1.000 Jahren. Durch sie findet der Austausch warmer und kalter Wassermassen im Atlantik statt.
Die Folgen der Klimazonenverschiebung: Natürliche Ressourcen wie Wasser, Vegetation und die damit verbundenen Ökosysteme werden umverteilt, die Jahreszeiten verändern sich. Und das alles kann weitreichende Auswirkungen auf unsere Gesellschaft haben. Umso wichtiger ist es, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit an unserem Verständnis der Ursachen für diese Entwicklungen forschen. Denn das dient auch dazu, die durch die globale Erwärmung verursachten Klimaveränderungen besser vorhersagen zu können.
Klimawandel verschiebt tropischen Regengürtel
Da die Klimazonen nicht ganz parallel zu den Breitenkreisen verlaufen, gibt es auch unterschiedliche Verlagerungen in Ost-West-Richtung. Forschende aus Kalifornien haben zum Beispiel die Auswirkungen auf die innertropische Konvergenzzone untersucht. Für die sehr regenreiche Zone, die auf Höhe des Äquators liegt, kommen sie zu folgendem Schluss: Der Regengürtel verschiebe sich über dem östlichen Afrika und dem Indischen Ozean nach Norden, über dem östlichen Pazifik, Südamerika und dem Atlantischen Ozean jedoch nach Süden. Das berechneten die Studienautorinnen und -autoren mit Daten aus insgesamt 27 Klimamodellen. Infolge der prognostizierten Veränderungen würden beispielsweise in Südindien vermehrt Überschwemmungen drohen, in Mittelamerika hingegen größerer Trockenstress. Trotz dieser Abweichungen innerhalb der Zonen gilt aber allgemein: Die Klimazonen breiten sich in Richtung der Pole aus.
Bis 2040 könnte die Sahelzone 50 Prozent mehr Regen abbekommen
Geht der globale Trend auch in Richtung zunehmender Verwüstung (jedes Jahr verwandelt sich ein Gebiet von der Größe Bayerns in ein Trockengebiet), könnte gerade der Klimawandel eine sehr trockene Region der Welt schon bald in eine sehr feuchte verwandeln: die Sahelzone, die sich zwischen der Sahara und den Tropen quer über den afrikanischen Kontinent zieht. Das konnten Forschende des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung zeigen. Bis 2040 dürfe dort mit bis zu 50 Prozent mehr Regen gerechnet werden, ergaben Hochrechnungen. Der Grund: Durch den Klimawandel verstärke sich die Monsunzirkulation in der Region.
"Man kann diese Zunahme des mittleren Niederschlags als Teil der Verschiebung der Klimazonen sehen, die wir aufgrund des Klimawandels auch erwarten. Diese Verschiebung geht allerdings nicht überall gleichmäßig vonstatten. Auf die Sahelzone kommt schon eine besonders starke Zunahme des Niederschlags zu, zumindest in den Klimamodellen, die laut unserer Studie diesen Mechanismus in der Vergangenheit am besten wiedergegeben haben."
Dr. Jacob Schewe, Co-Autor der Studie, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
Da diese Entwicklung laut den Forschern für die nächsten zehn bis 20 Jahre bereits durch die bisherigen Treibhausgasemissionen vorprogrammiert sei, könne man hier unter Umständen von einem sogenannten Kipppunkt sprechen.
Klimawandel: Was ist ein Kipppunkt?
Ein Kipppunkt bezeichnet in der Klimaforschung eine kritische Schwelle, deren Überschreiten zu großen und oft unumkehrbaren Veränderungen im Klimasystem führt. Und das kann schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Ein Dominoeffekt wird angestoßen, der sich dann kaum mehr aufhalten lässt - ähnlich wie bei einer Tasse, die man über den Tischrand schiebt, bis sie fällt.
"Das heißt aber nicht, dass Klimaschutzanstrengungen vergebens sind. Im Gegenteil, weitere Emissionen führen zu noch drastischeren Veränderungen danach. Der Zeitverzug zwischen Treibhausgasausstoß und Klimaveränderung bedeutet, dass man vorausschauend handeln muss. Die Emissionen müssen so früh und so schnell wie möglich auf nahezu Null reduziert werden, um noch bedrohlichere Klimaänderungen zu verhindern."
Dr. Jacob Schewe, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
Kipppunkte
Im Klimasystem gibt es zahlreiche Kipppunkte: zum Beispiel die Abschwächung der Atlantischen Umwälzzirkulation oder das Schmelzen des Arktischen Meereises. Wie viele Jahre es noch dauert, bis ein bestimmter Kipppunkt überschritten ist, lässt sich nicht genau vorhersagen. Und das ist ein Grund für Kritik an dem Konzept. Allgemein weisen Kipppunkte jedoch auf die großen Problembereiche beim Klimawandel hin und liefern somit Argumente für mehr Klimaschutz.
Grüne Sahara: Auch Änderung der Erdumlaufbahn entscheidend
Auch Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Meteorologie weisen in diesem Kontext darauf hin, dass es entscheidende Schwellenwerte gebe, die den Beginn einer "grünen Sahara" beeinflussen. Laut ihren Analysen, die sich auf die letzten gut 190.000 Jahre konzentrieren, seien hier aber nicht nur die Treibhausgas-Konzentration in der Atmosphäre, sondern ganz wesentlich die Änderung der Erdumlaufbahn entscheidend gewesen: "In der Vergangenheit folgte das Ergrünen der Sahara im Wesentlichen der Änderung der Erdbahn. Dabei gibt es tatsächlich einen Schwellwert oder Kipppunkt. Erst bei genügend starker Änderung der Erdbahn dehnt sich die Vegetation in die Sahara aus. In den nächsten Jahrtausenden ist die Änderung der Erdbahn aber zu gering, um die Sahara ergrünen zu lassen. Dann wird der zweite Effekt hierfür wichtig, die kräftige Erhöhung der Treibhausgase", sagt Prof. Martin Claußen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg.
Mehr Regen: Aber was heißt das für die Bevölkerung?
Die starke Zunahme von Niederschlag in bislang sehr trockenen Regionen wie der Sahelzone kann sowohl positive als auch negative Folgen nach sich ziehen: Mehr Wasser für Landwirtschaft und Weidehaltung ist in einer von extremer Trockenheit und Armut geprägten Region von Vorteil für die Lokalbevölkerung. Jedoch weiß man noch zu wenig über die Auswirkungen größerer Regenmengen auf den Boden. Und auch die sozioökonomische Folgen lassen sich in einer krisengebeutelten Region kaum abschätzen.
"Die Sahelzone ist ein sozialer und politischer Brennpunkt. Aber nicht nur dort - auch bei uns in Europa sehen wir, dass Krieg als Lösung politischer Konflikte sämtliche vernünftige Anstrengungen um Umwelt- und Klimaschutz zunichte macht."
Prof. Martin Claußen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg.
Dass das Ergrünen eines Teils der afrikanischen Wüstenregionen zu besseren Lebensbedingungen bei der Lokalbevölkerung führt, das lässt sich also nicht automatisch schließen. Allemal überwiegen weltweit die negativen Folgen des Klimawandels. Eine grüne Sahara oder gar eine regenreiche Sahelzone sollten also keinesfalls als Argument gegen Klimaschutz missbraucht werden.