Münchner Konferenz Die Nacht des faulen Friedens
In der Nacht zum 30. September 1938 gaben Frankreich und Großbritannien zum letzten Mal Hitler nach - und begingen "Verrat" an der Tschechoslowakei. Bald danach mussten sie lernen, dass das den Krieg nicht verhinderte - im Gegenteil.
Der Krieg schien unvermeidlich. Aber es kam nicht dazu, noch nicht. Unter Vermittlung des italienischen Diktators Benito Mussolini wurde die Sudetenkrise noch einmal auf den Verhandlungstisch gebracht - bei der Münchner Konferenz vom 29. September 1938. Im sogenannten "Führerbau" in der Arcisstraße trafen sich Hitler, Mussolini, der britische Premier Arthur Neville Chamberlain und der französische Ministerpräsident Édouard Daladier. Obwohl es um die Tschechoslowakei ging, war Staatspräsident Edvard Beneš nicht eingeladen.
Und noch jemand fehlte: Josef Stalin. Die Sowjetunion fühlte sich von den Westmächten übergangen. Stalin änderte daraufhin seine Außenpolitik, eine Folge davon war der Hitler-Stalin-Pakt von 1939.
Englands und Frankreichs Appeasement
In München wollte Hitler keinen Zoll vom Konfrontationskurs abweichen. Kurz vor dem Treffen hatte er Mussolini gesagt: "Entweder hat die Konferenz in kurzer Zeit Erfolg, oder die Lösung wird durch die Waffen herbeigeführt". England und Frankreich blieben bei ihrem eingeschlagenen Kurs der Beschwichtigung (Appeasement) und Kriegsverhinderung. In den frühen Morgenstunden des 30. Septembers war das Münchner Abkommen unterzeichnet.
Deutschland konnte unter Billigung der Westmächte das Sudetenland besetzen. Dem mehrheitlichen Anschluss-Wunsch der Sudeten wurde damit zwar entsprochen, aber die Tschechoslowakei hörte faktisch auf zu existieren.
"Münchner Verrat"
Auf Tschechisch hörte sich denn auch das Abkommen so an: "Mnichovská zrada" ("Münchner Verrat"). Die Slowakei erhielt Autonomie-Status. Angestachelt von Hitler nutzten die neue Situation auch Polen und Ungarn aus. Beide Länder besetzten tschechische Gebiete, allerdings ohne Zustimmung von Frankreich und England. Mit der Münchner Konferenz hörte das System Versailles endgültig auf zu existieren. Englands und Frankreichs Plan, den Frieden in Europa zu sichern, ging nicht auf. In München wurden die Weichen für den Zweiten Weltkrieg gestellt.
Der Zweite Weltkrieg - in München aufgeschoben
Durch das Münchner Abkommen kam es nicht zum Krieg, noch nicht, erst etwa ein Jahr später mit dem deutschen Einmarsch in Polen. Hitler bedauerte offenbar diese Verzögerung sehr, sie brachte sein Eroberungskonzept durcheinander. Sein Biograf Joachim Fest: "Im Herbst hatte er in Prag einrücken wollen, wie er ein halbes Jahr zuvor in Wien eingerückt war, und wie um seinen Zeitplan fühlte er sich zugleich um den Triumph des Eroberers betrogen."
Hitler zeigte sich aber auch erstaunt über die Nachgiebigkeit Englands und Frankreichs. "Er habe es nicht für möglich gehalten, 'daß mir die Tschechoslowakei von ihren Freunden quasi serviert' werden würde", zitiert ihn Fest. Und noch kurz vor Kriegsende ärgerte sich Hitler darüber: "Man mußte den Krieg 1938 machen. Das war für uns die letzte Chance ihn zu lokalisieren. Aber sie haben überall eingelenkt. Wie Feiglinge haben sie allen unseren Forderungen nachgegeben. So war es tatsächlich schwierig, die Initiative zu Feindseligkeiten zu ergreifen. Wir haben in München eine einmalige Gelegenheit verpasst", zitiert Fest Hitlers Bunkermeditation vom Februar 1945.