Aus BR-alpha wird ARD-alpha Neuer Look, neues Feeling
BR-alpha wird zu ARD-alpha und richtet sich inhaltlich bundesweit aus. Wie es dazu kommt und welche Neuheiten den Zuschauer erwarten, erklärt Programmchef Werner Reuß. Daniela Wartelsteiner hat für das BR-Magazin mit Ihm gesprochen.
Bildung ist anziehend und trägt Früchte wie man an BR-alpha sieht. Am 28. Juni wird der Sender in ARD-alpha umbenannt und zu einem nationalen Bildungskanal ausgebaut. Der offizielle Start von ARD-alpha ist dann am Sonntag, 29. Juni, im Rahmen der Nobelpreisträgertagung in Lindau. Das BR-Magazin hat mit seinem Chef Werner Reuß, über die Neuausrichtung gesprochen.
BR-Magazin: Herr Reuß, Sie sind seit 1997, dem Gründungsjahr von BR-alpha, dabei. Wie kommt es zu ARD-alpha?
Werner Reuß: Es war die Idee unseres Intendanten Ulrich Wilhelm, BR-alpha damit eine Perspektive zu geben. Alle öffentlich- rechtlichen Sender haben einen Bildungsauftrag, aber es gibt halt nur einen Bildungskanal. Und da alle Haushalte über den einheitlichen Rundfunkbeitrag auch für dieses Programm bezahlen, können und wollen wir ihn auch für alle machen. Im Grunde ist das tendenziell ja schon heute so: BR-alpha ist zwar ein Programm des BR, aber kein rein bayerisches Programm. Selbst Lernformate wie „Grips“ oder unsere Sprachkurse basieren auf Bildungsstandards, die bundesweit verbindlich sind. Sprachen lernen in Flensburg geht genauso wie in Garmisch-Partenkirchen. Und wenn wir ein Dokumentarspiel zum Jahrestag zu Beginn des Ersten Weltkriegs ausstrahlen, interessiert das sicher nicht nur bayerische Zuschauer. Es gibt aber nur diesen einen Bildungskanal – künftig also ARD-alpha.
Steht dadurch ARD-alpha mehr Geld zu?
Die Antwort lautet leider: Nein. Wir müssen den Um- und Ausbau kostenneutral machen – eine große Herausforderung. Aber die Geschäftsleitung lässt uns nicht im Stich, unsere Fernsehdirektorin Bettina Reitz hilft mit, nicht nur mit Ideen und physischen Kräften, sondern auch mit finanziellen Mitteln. Kostenneutralität bedeutet insgesamt, wir können wenig zusätzlich, aber vieles anders machen.
Was erhoffen Sie sich von der bundesweiten Ausweitung der Programminhalte?
Mehr Bekanntheit, mehr Akzeptanz, mehr Zuschauer, weitere Kooperationsmöglichkeiten und mehr Unterstützung aus den anderen ARD-Anstalten, z. B. in dem uns die Dritten Programme und Das Erste noch mehr Inhalte liefern. Wir werden knapp 20 neue Formate übernehmen und damit ein erkennbares "ARD-Feeling" bieten und einen sichtbaren "ARD-Look" haben. Unsere Inhalte werden insgesamt aktueller und vielfältiger.
Was erwartet den Zuschauer noch?
Er bekommt eine im Inhalt erkennbar geografische Ausweitung des Programms. Und inhaltlich setzen wir auf drei Schwerpunkte. Erstens auf den gesamten Lern-, Aus- und Fortbildungsbereich, der vor allem online auf einer Plattform stattfinden wird: Grips, Schulfernsehen, Sprachen und ein Telekolleg-Plus. Der zweite Schwerpunkt umfasst den Bereich Forschung, Wissenschaft und Hochschule. Zu den neuen Formaten Campus-Slam, Campus- Auditorien und Campus-Talks gesellt sich ab Herbst ein neues und aktuelles Hochschulmagazin. Außerdem wird es neue, aufwendig produzierte Sendereihen und ein paar eigenproduzierte Filme geben. Die dritte Säule bilden Themen zur Allgemeinbildung. Unser Bildungsverständnis umfasst also nicht nur die Vermittlung von Wissen und Können, sondern auch den Bereich "Herzens- und Charakter-Bildung". Es geht uns immer auch um die Bildung zum Menschen, ein für uns alle lebenslanger Prozess, denn: Ausbildung hat das Ziel, etwas zu können, Bildung aber hat das Ergebnis, jemand zu sein.
Warum ist Bildung heute so wichtig?
Bildung ist ein Evergreen. Aber: Ausbildung ist immer endlich. Bildung dagegen ist immer unendlich, ja ein dahinschwebendes Fluidum: Lernen, Entwicklung, Veränderung – "Bildung" halt – das alles beginnt schon vor unserer Geburt und endet erst mit unserem letzten Schnaufer. Als Mensch entwickelt man sich permanent weiter. Wenn Sie nach dem Lesen eines Buches, nach dem Hören eines Musikstückes ein anderer sind als vorher, dann hat sich etwas "gebildet". Und warum schauen wir denn fern? Weil wir uns überraschen lassen wollen, weil wir Sachen sehen, die wir nicht kannten, weil wir Dinge erfahren, von denen wir gar nicht wussten, dass wir sie nicht wussten. Das inspiriert unglaublich. Auch dafür braucht es ARD-alpha, ein Programm, mit dem wir Menschen inspirieren, motivieren und aktivieren wollen.
Welches Ziel hat ARD-alpha?
Das Ziel ist: "Irgendwann kriegen wir sie alle", ein bekannter Werbeslogan (lacht). Durch das Nadelöhr Grund- und Ausbildung, Fort- und Weiterbildung müssen wir alle irgendwann mal durch. Wir wollen über unsere Verbreitungswege ein seriöses, audio-visuelles Nachschlagewerk für möglichst alle Bildungsbereiche sein. Und wir wollen unterhaltend bilden. Das ist doch ein großartiges Ziel, wirklich jedem in diesem Bereich etwas bieten zu können. Denn wir alle wollen die Welt nicht nur "verarbeiten", wir wollen sie verstehen!
Wie alt ist der Durchschnittszuschauer?
57 Jahre, damit ist unser Zuschauer sieben Jahre jünger als beim Bayerischen Fernsehen. Beim Telekolleg ist der Altersdurchschnitt 32 Jahre, also extrem jung. Das zeigt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk junge Leute durchaus erreichen kann.