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Landauer - Der Präsident Vergessene Legende

Kurt Landauer, der jüdische Präsident des FC Bayern, revolutionierte seinen Verein. Der BR nähert sich dem Fußballvisionär mit einem Großprojekt

Stand: 10.10.2014

Kurt Landauer (Josef Bierbichler) auf Trümmern im Grünwalder Stadion. | Bild: BR/Zeitsprung Pictures GmbH/Willi Weber

Der Zug rattert in Richtung München. Kurt Landauer steht mit einem Bekannten im Gang und sieht aus dem Fenster. Es ist das Jahr 1947. Das "tausendjährige Reich" liegt in Trümmern und Beschimpfungen wie "Drecksjude" gehen den Menschen noch leicht über die Lippen. Das wird Kurt Landauer, grandios gespielt von Josef Bierbichler, gleich merken, als sich ein unsympathischer Dickwanst an ihnen vorbei drängt. Landauer kommt gerade aus der Schweiz. Dorthin war er 1939 vor den Nazis geflüchtet. Jetzt will er nach New York, weit weg von seiner Heimat und den Menschen, die seine Familie auf dem Gewissen haben. Aber etwas hält ihn zurück, in München, wo er eigentlich nur noch das Visum holen muss – der Fußball. Der Verein. Sein Verein: der FC Bayern.

Kurt Landauer war von 1919 bis 1933 Präsident des FCB. Unter ihm wurde der Verein zum ersten Mal Deutscher Meister – 1932 gegen Eintracht Frankfurt. Er war einer der ersten, der Startrainer aus dem Ausland engagierte und aus dem FC Bayern einen professionellen Verein machte. Aber Landauer war Jude. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten musste er von seinem Amt zurücktreten, einige Jahre später wurde er im Konzentrationslager Dachau interniert.

Dass Landauer nach dem Zweiten Weltkrieg nach München zurückkehrte und trotz seiner tragischen Geschichte den am Boden liegenden Verein wieder aufbaute, war lange Zeit in Vergessenheit geraten. Jetzt hat der BR dem Fußballvisionär mit der Koproduktion "Landauer – Der Präsident" ein filmisches Denkmal gesetzt. Nach dem Drehbuch von Dirk Kämper und unter der Regie von Hans Steinbichler erzählt der Film von Landauers mal wortkarger, mal polternder Art und seiner Liebe zu seinem Verein und dessen schwierigem Wiederaufbau in der frühen Nachkriegszeit. Der FC Bayern ist finanziell am Ende, das Stadion ein Trümmerhaufen. Eine Lizenz gibt es auch nicht, weil "der Ami" deutschen Vereinen zutiefst misstraut. Aber Landauer ist ein Macher. Er packt an, lässt sich nicht abwimmeln und auch nicht von antijüdischen Ressentiments unterkriegen. Mit denen wird er ständig konfrontiert, auch innerhalb der eigenen Mannschaft.

"Landauer – Der Präsident" ist eine Mischung aus Biopic, Fußballfilm und Nachkriegsgeschichte, sparsam, aber mit viel Gespür kombiniert mit schwarz-weißen Originalaufnahmen aus dem zerstörten München. Er erzählt von einer Zeit, die neben Nationalsozialismus und Wirtschaftswunder in den Medien oft zu kurz kommt. Weil Landauers Geschichte so komplex, ungewöhnlich und berührend ist, ist es nicht bei dem Fernsehfilm geblieben. Der BR nähert sich dem "Mythos Landauer" auf mehreren Wegen und unter Beteiligung verschiedener Redaktionen: Die Dokumentation "Landauer – gefeiert, verbannt, vergessen" beleuchtet seine kaum bekannte Lebensgeschichte und geht dem Verhältnis des FC Bayern zu seinem ehemaligen Präsidenten nach.

Einen Bogen in die Gegenwart schlägt die Sendung "Landauer – der Talk", in der es unter anderem um Diskriminierung im Fußball heute geht. Es wurde die "LandauerWalk"- App entwickelt, mit der man sich zu den Münchner Wirkungsstätten Kurt Landauers führen lassen kann, und die vielseitige Website kurtlandauer.de. Hier gibt es Interviews mit den Filmemachern, Hintergrundberichte zur Fußballgeschichte und viele weitere, vertiefende Informationen rund um Kurt Landauer und seine Zeit, ab dem 15. Oktober auch die Filme und den Talk.

Die Geschichte ins Rollen gebracht haben ursprünglich Bayern-Fans. Sie haben im Münchner Stadtarchiv über Landauer recherchiert und 2009, zu seinem 125. Geburtstag, bei einem Bundesligaspiel ein riesiges Banner ausgerollt. Das machte wiederum den Produzenten Michael Souvignier, der auch im Stadion war, auf die Geschichte aufmerksam. Jetzt läuft sie im Fernsehen.


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