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Jansons im Interview - Teil 1 Klassik am Odeonsplatz - Ein besonderes Konzert

Stand: 30.06.2014

Klassik am Odeonsplatz | Bild: Michael Malfer

BR-Magazin: Was ist das Besondere für Sie an "Klassik am Odeonsplatz"?

Mariss Jansons: Das Besondere ist, dass so viele Musikliebhaber kommen, die im Winter keine Konzerte besuchen. Natürlich sind viele da, die Musik wirklich lieben, aber noch dazu kommen Leute, die klassische Musik nur am Odeonsplatz hören. Dann ist es schön, dass es dort frische Luft gibt und die Atmosphäre sehr festlich ist. Wenn das Wetter schön ist, fühlen
sich alle sehr wohl und es ist eine große Freude. Wenn das Wetter schlecht ist, dann ist das Pech.

Die Leute essen während des Konzerts manchmal Snacks und trinken Wein. Das würden sie in der Philharmonie nicht machen. Stört Sie das gar nicht? 

Das tun sie wirklich, ja? Ich kann das nicht beurteilen, ich stehe mit dem Rücken zum Publikum. Und in diesem Moment: Ich schaue nicht. Das Publikum sitzt erfahrungsgemäß ziemlich ruhig, aber es kann sein, dass sie dort essen und trinken. Das ist nicht das Schönste. Es passt nicht zur Musik und stört die anderen Leute im Publikum. Man sollte aber nicht arrogant sein und das verbieten, denn es ist doch ein anderes Konzert. Besser wäre, dass die Aufführung so wunderbar ist, dass die Leute so beschäftigt damit sind, Musik zu hören, dass sie alles andere vergessen. Wenn die Musik nicht attraktiv ist oder nicht gefällt, ja, dann werden sie natürlich etwas trinken, essen oder Karten spielen. Wir müssen ein schönes Programm haben, wir müssen gut spielen, damit die Leute Freude haben.

Was bekommen Sie selbst vom Publikum mit?

Das spüre ich. Die vielen Leute, die Atmosphäre. Sie ist nicht wie im Konzertsaal.

Inwiefern ist das Gefühl anders?

Die Atmosphäre ist offener. Man hat Luft und ein unbegrenztes Territorium. Ich kann nicht klagen und habe solche Open-Air-Konzerte nie negativ erlebt. Ich habe schon sehr viele gegeben, etwa, als ich Chefdirigent in Norwegen und Pittsburgh war. Ich habe mit amerikanischen Orchestern in ihrer Sommersaison diese Tanglewood-Open-Air-Konzerte gegeben, ich habe auf der Berliner Waldbühne dirigiert. Die Atmosphäre ist sehr schön. Das ist gute Tradition, das muss man behalten. Das ist besser als so etwas nicht zu machen.

Fühlen sie sich wie ein Rockstar, wenn Sie sich dann zum Publikum umdrehen und die vielen Leute sehen?

Nein, kein Rockstar! Um Gottes Willen! 

Sie möchten gar kein Star sein, richtig?

Was bedeutet Star? Ich möchte gute Konzerte machen. Ich möchte, dass das Publikum das Konzert genießt und zufrieden ist, und wir als Orchester Erfolg haben.  Dass die Leute auch zu den nächsten Konzerten kommen. Das ist das Wichtigste. Aber Star? Was ist eigentlich ein Star? Das ist sehr schwierig zu analysieren. Wenn eine Ballerina oder eine Sängerin ein großer Star ist: Ist das schlecht oder ist das gut? Ich weiß es nicht. Wenn Sie eine sehr große Künstlerin ist und dem Publikum Vergnügen bereitet, spielt es keine Rolle, ob sie ein Star ist oder nicht.


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